Dienstag, 6. Mai 2014

:)Rezension:): Elf Minuten

Grundwissen:


Titel♥: Elf Minuten (original: Onze minutos)
Autor/-in♥: Paulo Coelho
Erschienen♥: 2003 im Diogenes-Verlag
Seitenanzahl♥: 286 Seiten (mit Nachwort)
Preis♥: 9, 90 € (Taschenbuch)
Genre♥: Romanze, Novelle, Philosophisches



Inhalt:


Mein ganzes Leben lang habe ich unter Liebe eine Art selbstgewählte Sklaverei verstanden. Ich habe mich getäuscht: Freiheit gibt es nur dort, wo Liebe ist. Wer sich vollkommen hingibt, wer sich frei fühlt, liebt am meisten. Und wer am meisten liebt, der fühlt sich frei. - Maria

Maria träumt von Abenteuern, fernen Ländern und der großen Liebe. Doch eine Woche Badeferien in Rio de Janiero ist der einzige Traum, den sie sich leisten kann. Am Strand wird sie von einem Europäer angesprochen, der ihr anbietet, als Tänzerin in einem Nachtclub zu arbeiten. 
Für Maria klingt das wie der Anfang eines Märchens; doch in Wirklichkeit ist sie gezwungen, sich als Sexarbeiterin durchzubringen: Sie tut es ohne Scham, denn ihr Herz ist nicht dabei, und sie hat sich geschworen, sich nicht zu verlieben. Da trifft sie jemanden, der sie bezaubert und zu ihr in einer neuen, unverständlichen Sprache spricht: der Sprache der Seele.



*Quelle: amazon.de



Meine Meinung ...




zum Cover:


Deutsches Cover: ♥♥♥
Original-Cover Nr. 1: ♥♥♥







Englisches Cover: ♥♥♥

Insgesamt finde ich alle Cover ungefähr gleich gut: Die Cover selbst sagen meiner Meinung nach nicht besonders viel über das Buch aus und heben sich nicht sonderlich von der Masse ab, allerdings sind sie trotzdem schön anzusehen und haben vor allem in der deutschen und originalen Ausgabe etwas, was beinahe schon sanft wirkt und vielleicht leicht auf das Thema Liebe - das hier ja ganz groß geschrieben wird - hindeutet. Das englische Cover hebt sich zwar sehr von den anderen beiden ab, deutet allerdings leicht auf Marias Beruf hin, wenn man Absätze denn sofort mit Prostituierten in Verbindung bringt.
Der Titel Elf Minuten trifft den Nadel einfach auf den Kopf. Dieses Buch basiert nämlich auf wahren Begebenheiten; es gab oder gibt Maria also tatsächlich, und diese hatte in Planung, ihre Geschichte in einem Buch zu verfassen, dass sie genau so nennen wollte - aus dem Grund, dass sich dieses Buch ja um besagte elf Minuten dreht.
Optisch gesehen keine besondere Bereicherung für das Bücherregal - aber man sollte ein Buch ja nie nach seinem Umschlag beurteilen ...




zum Buch:



... denn dieser Roman hat wirklich sehr viel für seine Leser zu bieten!
Zunächst wäre da Paulo Coelhos außergewöhnlicher Schreibstil, der dem Buch zwar nicht besonders viel Spannung verleiht, allerdings wegen seiner Flüssigkeit und Einfachheit den Leser packt und ihm das Gefühl verleiht, er lese in einem Märchenbuch. So lässt sich auch die Atmosphäre, die der Autor schafft, beschreiben: es entsteht zwar eine etwas größere Distanz zu der Handlung und den Charakteren, allerdings gelingt es Coelho trotzdem, sehr detailliert zu schreiben und vor allem einzelne Züge des Charakters oder dessen seelischen Zustand dem Leser nahe zu bringen. Hinzu kommt, dass der Autor in diesem Buch (und so ziemlich in jedem seiner Bücher) sehr viele philosophische Ansätze einfügt und diese einen umso mehr fesseln, vor allem, da es hier um das Mysterium geht, worüber sich jeder bewusst oder unbewusst Gedanken macht: Die Liebe und den Akt der Liebe, in verschiedensten Facetten und unterschiedlichsten Verständnissen dieser beiden Dinge. Paulo Coelho lässt in dieser Geschichte seine Charaktere darüber nachdenken, wie man damit die Seele berührt, was von beiden mehr Einfluss auf die Seele nimmt, ob man tatsächlich frei sein kann, wenn man sich der Liebe und dem Verlieben entsagt, wie Maria es hier aus Selbstschutz tut, ob es nicht besser ist, sich von der Liebe abzukapseln, anstatt sich von der Liebe wehtun zu lassen. Vor allem in Marias Tagebuch lässt der Autor viele Weisheiten über die Liebe, die Lust und das Leben in die Geschichte mit einfließen, und packt seine Leser auf diese Weise mehr, als er es durch eine rasant voranschreitende Geschichte mit einer Menge Wendepunkt vermocht hätte. Dies, finde ich, ist eine sehr seltene Gabe unter Autoren: allein durch den Schreibstil und das, was diese Geschichte aussagt, mehr zu fesseln als durch die eigentliche Handlung des Buches. Und auch, wenn ich einigen seiner Thesen zu dem Phänomen der Liebe nicht zustimmen - beispielsweise, dass es Liebe auf den ersten Blick bzw. vor dem ersten Blick gibt -, so ist es definitiv sehr interessant zu lesen, was er unter Liebe versteht und wie auch andere 'Sorten' von Menschen diese verstehen. Außerdem muss man hier auch sein Talent zur Recherche loben, denn er informiert seine Leser auch über andere Dinge als von ihm aufgestellte Thesen. Beispielsweise erfährt man in diesem Buch etwas über die Geschichte der Prostitution und dass diese früher sogar als heilig angesehen wurde, zumindest in bestimmten Bereichen. Auch gefällt es mir, dass der Autor so offen und natürlich über solche Dinge wie Selbstbefriedigung, sexuelle Vorlieben und auch das Geschehen in einem Bordell schreibt, die ja eigentlich Tabuthemen sind, von denen keiner etwas hören möchte. So gelingt es ihm, durch seine Ungewöhnlichkeit heraus zu stechen und das Buch dadurch spannend zu gestalten.
Ein anderer, sehr wichtiger Faktor der Geschichte sind die hervorragend ausgearbeiteten Charaktere, vor allem die Hauptperson Maria. Genauso wie jeder Mensch von der Liebe und Sex in irgendeiner Weise gezeichnet wird, sind es auch die Figuren dieses Buches. 
Maria stellt hier das Mädchen dar, dass oft geliebt hat, ihren Märchenprinzen allerdings nie in einem ihrer Partner gefunden hat. Deswegen lernt sie, ihre Schönheit zu ihren Gunsten einzusetzen, ist auf Erfolg aus, hat sogar eine gewisse Art Konkurrenzdenken, wenn es darum geht, besser zu sein als ihre Freundinnen. Und wegen ihrer Suche nach Abenteuern, Geld und sogar Liebe gerät sie in die Schweiz und muss lernen, was es heißt, als Ware betrachtet zu werden. Es ist wirklich traurig zu sehen, wie sie ihr Herz unter den Teppich kehrt und je nachdem, was von den Freiern verlangt wird, in verschiedene Rollen schlüpft, doch keine davon ist die echte Maria, denn diese lässt sie nur in ihrem Tagebuch sprechen. Sie schwört sich, sich nie wieder zu verlieben, doch dann passiert genau das und sie weiß nicht, wie sie damit umgehen soll. Vor allem dieser innere Konflikt von Maria - dass ein Teil in ihr hervorkriecht, den sie lange Zeit verdrängt - ist zwar sehr komplex, wird allerdings in sehr verständlicher Weise beschrieben. Sie ist also eine zutiefst interessante Hauptperson, mit der man sich bestimmt identifizieren kann, sollte man denn je ein gebrochenes Herz gehabt haben und diesen Schutzmechanismus von sich selbst kennen. Um einstufen zu können, ob Maria sympathisch ist oder nicht, hätte man noch mehr über sie lesen sollen, finde ich, denn hauptsächlich wirkt sie einfach viel älter als sie wirklich ist. Man fühlt zwar mit ihr mit, aber zumindest von meiner Seite her kann ich nicht wirklich von 'Mitfiebern' sprechen.
Auch Ralf, der Künstler, der alles hat, was er möchte, jedoch keine Freude daran hat und auch keinerlei Interesse mehr an körperlicher Liebe zeigt, ist ein durchaus interessanter Charakter. Natürlich liegt der Fokus eher auf Maria, allerdings hätte ich doch gerne mehr über Ralf erfahren, beispielsweise über die Beziehung zu seinem Vater oder seine Kindheit. 
Die Art und Weise, wie diese beiden sich gegenseitig wieder ins Leben zurück verhelfen, sich dabei immer mehr ineinander verlieben, obwohl sie es nicht wollen, und die Chemie, die man zwischen den beiden spürt, ist wirklich zauberhaft. Normalerweise bin ich nicht der Typ Mädchen, der es gut findet, wenn sich zwei Charaktere nur innerhalb weniger Tage unsterblich ineinander verlieben, allerdings muss man sich darüber im Klaren sein, dass diese Geschichte (wie ein Märchen) dazu dient, dem Leser etwas zu vermitteln. Zeit und Raum sind da unwichtig, nur die Message und die Gefühle zählen in diesem Fall, und aus diesem Grund konnte ich dies verschmerzen. Die Tiefe der Gefühle zwischen den beiden und ihre tiefsinnigen Gespräche, die Art, wie sie sich einander annähern, machen die Tatsache, dass es sich nur um einige Tage handelt, wirklich zunichte. Ich habe jeden einzelnen Moment zwischen den beiden sehr genossen, und habe mich wirklich aufrichtig für sie gefreut, denn an ihnen wurde sehr gut gezeigt, wie schön und erfüllend die Liebe sein kann, allerdings auch, welche Angst man vor diesem Glück haben kann.
Was mir außerdem auch gefällt, ist, dass dies ein Buch über Sex ist und es auch viele Sexszenen bzw. Erotikszenen gibt, Paulo Coelho daraus allerdings keinen Porno gemacht hat und es nach dem Motto Sex sells auf den Markt gelassen hat wie manch anderer Schriftsteller (*hust* Shades of Grey *hust*). Hier werden diese Szenen zwar etwas detaillierter beschrieben, allerdings behält er dennoch eine Distanz dazu bei und beschreibt eher die Gefühle, die währenddessen in Maria vorgehen (ich weiß, dass das widersprüchlich klingt, aber es ist so!). Denn so ist es wirklich ein Buch über Sex, ohne nur aus Sex zu bestehen, was schon irgendwie eindrucksvoll ist.
Nach all meiner positiven Kritik kommt allerdings auch eine Sache, die mir nicht ganz so gut gefallen hat wie das restliche Buch; Coelho hat nämlich die Angewohnheit, dem Leben oder den Gefühlszuständen der Nebencharaktere, selbst denen, die beinahe nie aus ihrer Statisten-Rolle hinaustreten, viel Aufmerksamkeit zu schenken, obwohl dies nicht unbedingt für die Handlung nötig ist. Eventuell tut er das, um die Thematik seines Romans noch mehr zu verdeutlichen und noch mehr Facetten dieses Themas zu veranschaulichen, allerdings war mir das doch etwas zu viel des Guten, da man als Leser nicht notwendigerweise etwas über Terence oder die Bibliothekarin erfahren muss, denn sie alle beide tragen keine allzu große Rolle in dieser Geschichte.


Alles in allem ein wortwörtlich märchenhafter Roman über die Liebe, das Leben, Lust und all ihre Zusammenhänge, die sowohl der Leser, als auch die Protagonistin dieses Buches erlernen. Dadurch, dass die Charaktere dieses Buches sehr echt und originell wirken, und in dem Buch viele Thematiken im Vordergrund stehen, die man normalerweise gar nicht oder nicht in solcher Form in Romanen vorfindet, kann man nicht umhin, Marias Geschichte mitzuverfolgen und sich von diesem flüssigen und leichten Strom des Schreibstils mitreißen zu lassen. Definitiv ein sehr gutes Buch dafür, dass es Coelhos Anfänge in der Literatur waren. Hut ab!



Ich gebe dem Buch:



♥ Herzchen



Extra:

Andere Bücher von Paulo Coelho:


Der Alchimist (*klick zur Rezension*)

Am Ufer des Rio Piedra saß ich und weinte

Der Fünfte Berg

Auf dem Jakobsweg

Veronika beschließt zu sterben (*klick zum Filmtrailer*)

Der Dämon und Fräulein Prym

Unterwegs - Der Wanderer

Der Zahir

Sei wie ein Fluss, der still die Nacht durchströmt

Die Hexe von Portobello

Brida

Der Sieger bleibt allein (*klick zur Rezension*)

Schutzengel

Aleph

CU
Sana

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