Dienstag, 11. August 2015

:)Rezension:): Gone Girl

Grundwissen:


Titel: Gone Girl - Das perfekte Opfer (original: Gone Girl)
Autor/-in: Gillian Flynn
Erschienen: 21. 07. 2014 im Fischer-Taschenbuch-Verlag; 16. 09. 2014 im Fischer-Taschenbuch-Verlag
Seitenanzahl: 572 Seiten
Preis: 9, 99 € (Taschenbuch); 9, 99 € (Kindle Edition)
Genre: Adult; Mystery; Thriller; Mindfuck





Inhalt:


Ich möchte denken, dass ich selbstbewusst und sicher und erwachsen genug bin, um zu wissen, dass Nick mich liebt, ohne dass er es dauernd beweisen muss. Ich muss meinen Freunden nicht von solch jämmerlichen Tanzäffchen-Szenarien berichten, ich bin zufrieden damit, ihn so zu lassen, wie er ist. [...] Dann kommt der Sex und ein guter Drink und eine Nacht, in der wir süß und erschöpft und zusammengekuschelt in unserem großen, weichen Bett schlafen. Ach, ich Arme. - Amy Elliott Dunne (S. 83)


„Was denkst du gerade, Amy?” Diese Frage habe ich ihr oft während unserer Ehe gestellt. Ich glaube, das fragt man sich immer wieder: Was denkst du? Wer bist du? Wie gut kennt man eigentlich den Menschen, den man liebt?
Genau diese Fragen stellt sich Nick Dunne am Morgen seines fünften Hochzeitstages, dem Morgen, an dem seine Frau Amy spurlos verschwindet. Die Polizei verdächtigt sogleich Nick. Amys Freunde berichten, dass sie Angst vor ihm hatte. Er schwört, dass das nicht wahr ist. Dann erhält er sonderbare Anrufe. Was geschah mit Nicks wunderbarer Frau Amy?



*Quelle: amazon.de




Meine Meinung ...





zum Cover:





Deutsches Cover Nr 1: ♥♥♥♥
Amerikanisches Cover: ♥♥♥
Deutsches Cover Nr. 2: ♥♥♥♥



Wie es bei den meisten Thrillern der Fall ist, sind die Cover sowohl im Deutschen als auch Amerikanischen eher schlicht gehalten, die Filmausgabe bzw. Cover Nummer 1 mal ausgenommen. Das Wichtigste wird vermittelt: Dies hier ist ein Thriller, er ist unheimlich, er ist düster. Punkt. Aus diesem Grund besitzt das Cover alles andere als Außergewöhnlichkeiten, wobei mir auch schleierhaft ist, was am jeweils linken Rand dargestellt werden soll. Haare? Feuerwerk? Strom?
Der Titel ist allerdings sehr gut gewählt, da sich die Thematik des Buches ja um das Verschwinden Amys dreht und ob dies tatsächlich ein Verbrechen gewesen ist. Hierbei finde ich den deutschen Beititel Das perfekte Opfer ganz nett, da es bereits darauf anspielt, dass an dem angeblichen Verbrechen etwas nicht ganz geheuer ist und es zudem auf einen großen Charakterzug beider Hauptcharaktere hindeutet: Sie wollen perfekt sein.
Anders als die Ausgaben vor der Buchverfilmung, passt die Filmausgabe deutlich mehr zum Buch, auch wenn dieser verschwommene Balken, der Nicks Körper in zwei Teile zerschneidet nicht unbedingt notwendig ist. Ansonsten zeigt das Cover Nick auf der Suche nach seiner Frau, deren Augen über ihm im Himmel schweben und die Allgegenwart seiner Ehefrau zeigen. Auch, dass im unteren Bereich des Covers auf Amazing Amy angespielt wird, ist ein guter Kniff.
Alles in allem also ein Cover, das kaum auffällt, von letztgenannter Ausgabe mal abgesehen. Heißt dies, dass der Hype um Gone Girl unberechtigt ist?





zum Buch:




Jeder kennt es, jeder hat es gelesen oder gesehen, jeder liebt es. Das ist das Allererste, was einem bei dem Bestseller Gone Girl einfällt, der nicht nur ein Kassenschlager im Bereich der Bücher-, sondern auch der Filmindustrie geworden ist. Logischerweise kommt man in diesem Fall nicht drumrum, auch mal einen Blick auf dieses Werk zu werfen, insbesondere wenn man schon im Vorhinein so viel positives Feedback gehört und gelesen hat.
Ist dieses Feedback berechtigt? Meiner Meinung nach auf jeden Fall.
Das Besondere an diesem Thriller ist, dass man sich einfach sehr gut damit identifizieren kann, wenn nicht zum jetzigen Zeitpunkt, dann zu dem, in dem man eine Frau gewesen ist, die sich teils durch ihren Mann definiert und an der romantischen Vorstellung festhält, dass er seine Liebe ständig unter Beweis stellt und so ist wie die Helden aus Kitsch- oder heutigen Jugendromanen. Ich bin mir sicher, dass jedes Mädchen dies schon einmal durchgemacht hat, fest darauf hoffend, dass der Partner es so gut kennen würde, dass er um ihre Unsicherheit und ihr Bedürfnis nach Liebesbezeugung weiß, ohne dass sie es ihm klipp und klar sagen muss. Und dies tun die meisten Frauen auch nicht, sondern lächeln nur müde und behaupten, es sei alles in Ordnung, wodurch sie sich selbst die Probleme schaffen. Teilweise gelingt es der Autorin, weibliche Leser damit entweder zum Schmunzeln zu bringen, sollte man diesen nahezu schon natürlichen Mechanismus überwunden haben, oder zum Nachdenken anzuregen, was zumindest bei mir darin geendet hat, dass ich mich auf gar keinen Fall mehr so verhalten will, weil diese Identifikation einfach unheimlich ist.
Sowohl Mann, als auch Frau dürften sich jedoch mit der Kritik identifizieren, die Gillian Flynn hier an Medien anprangert. Diese bezieht sich nämlich darauf, dass in Filmen, Serien oder Büchern schon viele Szenarien durchgenommen wurden, wir uns alle diese Filme angesehen haben und aus diesem Grund, sollten wir dieses Szenario selbst erleben, genau wissen, was wir sagen müssen, denn die Worte, die Mimik, die Gestik, die haben wir alle schon mal bei Schauspielern gesehen, die ihre Rolle gespielt haben. Und ohne dass wir dies merken, adaptieren wir diese Rolle, weil uns die Worte bereits in den Mund gelegt werden, auch wenn unser Charakter sich vielleicht überhaupt nicht mit der Rolle deckt. Folglich stellt Flynn die Frage, ob wir uns überhaupt noch alle als reale Menschen bezeichnen können oder doch nicht alle bloß das übernehmen, was wir woanders aufgegriffen haben. Noch nirgendwo sonst habe ich diesen Denkansatz gefunden und muss sagen, dass er mich aufrichtig und langwierig auch nach dem Lesen des Buches fasziniert, vor allem da Nick und Amy ein gutes Beispiel für diese Theorie sind, die Theorie, dass wir alle bloß Rollen spielen und adaptieren.
Hierbei schaffen es die Charaktere, dem Leser selbst einen Spiegel vorzuhalten, obwohl sie unsympathische und auch psychopathische, schreckliche Menschen sind. Amy nämlich möchte vor allem aufgrund der Figur der Amazing Amy, die ihre Eltern als Autoren in einer beliebten Buchreihe für Kinder erschaffen haben, perfekt sein und plant aus diesem Grund nahezu jeden Schritt ihrer Existenz, hat förmlich eine Obsession darauf entwickelt, dass sie immer an der Spitze steht und niemand mehr bewundert werden darf als sie. Nick, ihr durchschnittlicher und alles andere als besonderer Ehemann, ist da nicht anders: ebenso wie seine Frau strebt er danach, von Menschen gemocht und geliebt zu werden, was grundlegend an seiner Erziehung liegt. Und um dies zu erreichen, sind die beiden bereit, alles zu überwinden, egal wem sie wehtun, egal was sie tun und egal, wie sehr sie dafür mit sich selbst brechen müssen. Wahnsinnig ungesunde und kranke Menschen, die sich zudem in einer toxischen Beziehung zueinander befinden und nur von ihrer Fassade leben, jedoch kann man doch nicht anders als der Autorin dabei zuzustimmen, dass wohl viele Personen eine ähnliche Einstellung haben. Vor allem aus diesem Grund sind die beiden, auch wenn sie höllisch unsympathisch sind und man sich für keinen von ihnen was Gutes wünscht, sehr interessant und vor allem tiefgründig, insbesondere in der Beziehung zueinander, die für den Leser im Buch aufgerollt wird.
Hierbei liest man sowohl aus der Perspektive von Amy, die sich in alten Tagebucheinträgen ausdrückt und von ihrer Ehe erzählt, als auch von Nick, der als Hauptverdächtiger von Amys Fall mit dem Hass der Menschen zu kämpfen hat und dabei langsam dem Wahnsinn verfällt; dies wird natürlich auch von der Autorin kritisiert, denn das der Ehemann der Schuldige beim Verschwinden seiner Frau ist, kommt ja durchaus oft vor, und anstatt Nicks Theorien zu lauschen, beschränkt sich die Polizei auf die offensichtlichste Lösung - ein Beweis dafür, dass auch unsere Freunde und Helfer sich von Medien leiten lassen. Gillian Flynn scheut sich hierbei nicht, die verschiedenen Charaktereigenschaften, egal ob gut oder schlecht, deutlich an dem Verhalten der beiden Protagonisten darzulegen und dies auch in einer unterschiedlichen Schreibweise auszudrücken. Insgesamt gefallen einem die Tagebucheinträge jedoch etwas mehr, da es einfach interessanter ist, Amy kennenzulernen, denn die bleibt den größten Teil des Buches über ein Geheimnis; von daher ist es wesentlich schöner, über sie und ihre Gedanken zu lesen, vor allem da man sich so schon Theorien zusammenstricken kann, was denn nun passiert ist. Spannender als Nicks Alltag, der sich aus diversen Interviews, Schauspielerei und Suchtrupps zusammensetzt, ist dies auf jeden Fall, denn auch wenn dieser Alltag nach dem Verschwinden Amys durchaus realistisch ist, er hat definitiv seine Längen, was auch einer der Punkte wäre, die man am Buch zu bemängeln hätte. Dünn ist dieser Thriller auf jeden Fall nicht, und aus diesem Grund kommt es durchaus vor, dass man einige Passagen als eher unnötig empfindet und sich dementsprechend manchmal langweilt oder aber gegen Wutanfälle gegen Nick oder Amy ankämpft.
Die Nebencharaktere jedoch können diese jedoch abebben lassen, denn vor allem Margo, Nicks Schwester, ist eine Figur, mit der man gerne mitfiebert und die auch die Einzige zu sein scheint, die nicht nach Perfektion oder Anerkennung strebt. Vielmehr ist sie die vernünftige Stimme all derer, die Nicks Unschuld beweisen wollen, was nach derart vielen Fehlern seitens Nick sehr wohltuend ist. Zudem haben auch andere Nebencharaktere, sei es Andie, Boney oder Greta, immer etwas Spezielles an sich, das sie besonders macht und sie aus diesem Grund wie echte Persönlichkeiten erscheinen, und nicht wie auf Klischees basierende Figuren, die Autoren meistens als Sidekicks oder Statisten in ihren Büchern verwenden.
Doch nicht nur die Fragen, die die Autorin stellt, oder die Charaktere, die sie erschaffen hat, sind außergewöhnlich, sondern auch die generelle Prämisse und die Rätsel im Buch. Wie schon zuvor erwähnt, gibt es vielfache Theorien, die der Leser parallel zu Nick mitentwickelt, jedoch scheint keine dieser Theorien vollständig zu passen. Immer gibt es einen Haken, der einem zeigt, dass man auf dem Holzweg ist, weswegen es auch aufregend ist zu lesen, wie die Ermittlungen weitergespinnt werden. Doch nicht nur all das, was erschlossen und herausgefunden wird, nein, auch die Atmosphäre des Buches trägt dazu bei, dass man sich unwohl in seiner Haut und seinen Beobachtungen fühlt. Beispielsweise wird einem schon auf der ersten Seite ein gewisser Grusel vermittelt, etwas Unangenehmes, als hätte man gerade ein leeres Haus betreten und würde zaghaft rufen, ob jemand da ist. Denn auf dieser ersten Seite beobachtet Nick den Hinterkopf seiner Frau und erklärt den Lesern, warum dieser so faszinierend ist. Und dies ist nicht die einzige Passage, bei der man die Stirn runzelt und sich fragt, wo diese Figuren falsch abgebogen sind. Von daher schafft es die Autorin, den Leser an der Nase herumzuführen, ebenso wie der wahre Bösewicht der Geschichte Nick und alle anderen an der Nase herumführt. Selbst, dass man Nick verdächtigt, obwohl man mitliest, in welcher Überraschung er ist, als er sein verlassenes Haus entdeckt, weil er dennoch Motive habt hätte. Und dies zu schaffen - dass man jemanden verdächtigt, obwohl man mit eigenen Augen gesehen hat, dass er sich keiner Schuld bewusst ist - ist ein Meisterstück, ebenso wie während des Lesens teilweise Gänsehaut zu bekommen, weil sich das alles einfach nur falsch anfühlt. Man kann zwar schon schnell Theorien entwickeln, jedoch ist man sich bis zum Anbruch des zweiten Teils nicht so sicher, ob sie stimmen.
Dies kann auch als ein Problem verstanden werden und auch als Grund, warum einige Leser dieses Buch als langweilig betrachten könnten. Denn in den meisten Fällen sind Thriller so aufgebaut, dass es die Lösung erst zum Schluss gibt, sich alles auf einen großen Höhepunkt zuarbeitet, in dem der Plan des Bösewichts erklärt wird, und dann der Held meistens mit den Traumata des Höhepunkts zu leben hat bzw. sie in einem Epilog verarbeitet. Gillian Flynn entscheidet sich jedoch, mit Anbruch des zweiten Teils, also nach etwa der Hälfte des Buches, den Fall aufzulösen, indem sie dem Bösewicht selbst eine Stimme verleiht. All die Erklärungen sind auch auf wunderbare Weise eingewoben worden, man hat nicht das Gefühl, als wolle sie einen mit Informationen überschütten, aber wenn man nach der Hälfte bereits die gesamte Hintergrundgeschichte kennt, ist das einzig verbliebene, was spannend ist, wenn - oder ob - die anderen Charaktere hinter das Geheimnis kommen. Für viele jedoch könnte ab der Auflösung die Klimax so weit hinabgesunken sein, dass sich die letzten fünfzig bis hundert Seiten nur wie ein sehr langgestreckter Epilog anfühlen und man sich aus diesem Grund fragen könnte, warum die Autorin den Leser so früh wissen lässt, was geschehen ist. Insofern scheiden sich an dieser Stelle bestimmt die Geister, aber zu sehen, ob der Bösewicht nun doch mit seinem Verbrechen und seinen Plänen durchkommt, erschien mir noch als spannend genug, um weiterzulesen und am Ende mit offenem Mund zurückgelassen zu werden.




Schließlich kann man sagen, dass der Hype um diesen Roman sehr verständlich ist, denn nicht nur bietet die Autorin abwechslungsreiche Beschreibungen und eine große Palette an emotionaler Tiefe und vielen aufschürfenden Fragen, sondern auch zwei Protagonisten, die man auf den Tod nicht leiden kann, sich aber dennoch widerwillig mit ihnen identifiziert. Zudem eröffnet sie ein großes Ratespiel, das den Leser mitreißt, und schafft es zwar nicht immer, den Spannungsbogen aufrechtzuerhalten, jedoch bleibt der Leser trotzdem am Ball. Alles in allem ein wirklich gutes Buch und ein Thriller, der sich vom Durchschnitt unterscheidet! Sehr empfehlenswert!





Ich gebe dem Buch:


♥♥♥♥.♥  Herzchen (4.41)





Extra:



Sollte jemand die beliebte Buchverfilmung des letzten Jahres nicht kennen, so ist hier der Trailer dazu.

CU
Sana

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