Sonntag, 23. September 2018

:)Rezension:): Fight Club

Grundwissen:



Titel♥: Fight Club (original: Fight Club)
Autor/-in♥: Chuck Palahniuk
Erschienen♥: Dezember 2004 im Goldmann-Verlag (Taschenbuch); original 1996
Seitenanzahl♥: 254 Seiten
Preis♥: 7, 95 € (Taschenbuch)
Genre♥: Mindfuck; Gesellschaftssatire; Bizarrofiction



Quelle: © Goldmann Verlag
Quelle:© WW Norton and Company




















Inhalt:


Zu dieser Zeit schien mein Leben gerade zu sehr vollendet, und vielleicht müssen wir alles zertrümmern, um etwas Besseres aus uns zu machen. - S. 69



Er könnte eigentlich kaum ein besseres Leben führen. Ein guter Job, ein gutes Einkommen, eine gute Wohnung. Trotzdem kann er seit einigen Wochen nicht mehr schlafen und findet nur Trost in Selbsthilfegruppen für tödlich erkrankte Menschen. Doch in einer Bar trifft er irgendwann auf Tyler Durden, der alles verkörpert, was er gerne sein würde. Sie prügeln sich und fühlen sich dabei so lebendig wie lange nicht mehr. So eröffnen sie einen Fight Club, einen Club, in dem die Männer der Arbeiterklasse für einen Augenblick ein Gott sein können. Doch irgendwann verlieren sie die Kontrolle über den Kontrollverlust ...




Meine Meinung ...




zum Buch:




Nicht nur ist dieses Buch das bekannteste und kommerziell erfolgreichste des Bizarro-/Mindfuck-Fiction Autors Chuck Palahniuk, auch ist es die Vorlage für einen der größten Kultfilme der Postmoderne. Selbst der Autor ist sich dessen im Vorwort dieses Werkes bewusst, indem er beschreibt, wie viele Fans seines Buches ihn aufsuchten, um zu fragen, in welcher Stadt der nächste Fight Club zu finden wäre, und um damit zu prahlen, dass sie ähnliche Tätigkeiten beim Kellnern verrichten wie Tyler und der Erzähler.
Das, was Fight Club so faszinierend macht, ist seine destruktive Atmosphäre und gesellschaftskritische Satire, wobei die Verfilmung dabei eine etwas bessere Arbeit leistet als der Autor selbst. Zumindest zu Beginn merkt man stark, wie Palahniuk mit seiner speziellen Sprache experimentiert und noch eine ganze Weile braucht, um sich in seinem Stil zurechtzufinden. Dieser ist eine Mischung aus zynischen Kommentaren, kreativen, wenn nicht sogar absurden Vergleichen, und einem unverwechselbaren, dogmatischen Pessimismus gegenüber der heutigen (westlichen) Gesellschaft. Es bleibt einem oft das Lachen im Halse stecken, wenn man seine Worte liest, denn durch seine zynische Sicht ist die Perspektive auf Menschen durchaus unterhaltsam, bringt einen jedoch dazu, über sich selbst und die Menschen in seinem Umfeld zu reflektieren. Bei manchen Aussagen muss man ihm sogar zustimmen, was angesichts der linksfaschistischen Inhalte dieses Buches durchaus gefährlich sein kann, sollte man sich in den Worten Tylers verlieren. Nicht nur spricht er an, in welchem Überfluss wir leben, sondern auch, dass wir uns irgendwann über jenen Besitz definieren. Dass Menschen niemals mit sich selbst zufrieden sein werden und wie ein Zahnrad von vielen in der großen Maschine aus Arbeit-Schlafen-Arbeit funktionieren müssen, und meistens nicht mal dafür gewürdigt werden. Und ähnlich wie der Erzähler, ähnlich wie all jene junge Männer, die Tyler Durden zuhören, so wird man sich selbst auch dabei erwischen, wie man seine Worte als realistisch denkender Mensch nicht vollkommen von der Hand weisen kann.

,,Wir haben eine Klasse von starken jungen Männern und Frauen, und sie wollten ihr Leben für etwas hingeben. Die Werbung lässt diese Menschen nach Autos und Kleidern jagen, die sie nicht brauchen. Ganze Generationen haben bis heute in Jobs gearbeitet, die sie hassen, nur damit sie kaufen können, was sie nicht brauchen. Wir haben in unserer Generation keinen Krieg oder eine große Depression. Was wir aber haben, ist ein großer Krieg des Geistes. Wir haben eine große Revolution gegen die Kultur. Die große Depression, das  ist unser Leben. Wir haben eine geistige Depression.'' - TYLER DURDEN (S. 188)

Dennoch tappt der Autor nicht in die Falle, diesen Faschismus positiv darzustellen. Zu Beginn könnte man dies vielleicht noch denken, da die Erfahrungen im Fight Club den namenlosen Protagonisten erfüllen und ihm eine Daseinsberechtigung geben. Vielfach werden die Kämpfe dort mit den Aktivitäten in einem Fitnessstudio verglichen, mit dem Unterschied, dass das Adrenalin noch mehr reinhaut und man durch die Verletzung ein göttliches Gefühl spürt. Man projiziert seine eigene Machtlosigkeit auf einen anderen, und labt sich an der Macht seiner eigenen Zerstörungskraft. Wenn man schon mal an einem Tiefpunkt in seinem Leben war, kann man diese widersprüchlichen, toxischen Gedanken sogar nachvollziehen, insbesondere als Jugendlicher, der noch keine wirkliche Richtung für sein Leben findet. Daher sind diese Beschreibungen und die Veränderung des Erzählers wirklich hervorragend beschrieben, und spätestens ab dieser Spirale der Zerstörung hat der Autor seinen Stil auch eindeutig gefunden.
Er belässt es nämlich nicht bei einer Gruppe von sich verprügelnden Schlägern, nein, Tyler Durden hat noch viel größere Pläne und eine viel größere Lust, der Gesellschaft das Gesicht blauzuschlagen. Das Buch wird an vielen Stellen unfassbar brutal und ordinär, derart absurd, dass man als Leser nur den Kopf schütteln und darüber lachen kann, jedoch auf eine gute Weise. Man kauft dem Autor diese Ausschreitungen des Fight Clubs vollkommen ab und stellt mit wachsendem Schrecken ebenso fest wie der Erzähler, was Ideologien in Menschen anrichten können. Daher wird die Handlung zunehmend spannender und trotz der fragmentarischen Erzählweise wird klar, dass Tylers Überzeugungen und Ideale immer gefährlicher werden und dem Erzähler kaum Möglichkeiten lassen, ihn aufzuhalten.

,,Die Katastrophe ist ein natürlicher Teil meiner Entwicklung [...] hin zur Tragödie und Auflösung. [...] Ich löse meine Verbindung zur physischen Macht und Besitztümern [...], denn nur, indem ich mich selbst zerstöre, kann ich die größere Macht meines Geistes entdecken.'' - TYLDER DURDEN (S. 138f.)

So gesehen schafft es der Autor trotz seiner lückenhaften und knappen Art einen wirklich überzeugenden Befürworter der Anarchie zu erschaffen, der an manchen Stellen nahezu eine Jesus-Stellung einnimmt. Denn anders als viele andere Anführerfiguren wird er nicht gezeichnet wie ein Wahnsinniger; im Gegenteil, er kalkuliert sein Vorgehen kühl und schert sich nicht um all jene, die für seinen Plan draufgehen, obwohl es seinem großen Pathos von der Befreiung der Menschen widerspricht. Deswegen ist er ein in sich widersprüchlicher Charakter mit sehr guten Führungsqualitäten und einem unverwechselbaren Charisma, der wirklich einer der besten seiner Art ist.
Ansonsten legt der Autor nicht so viel Wert auf seine Figuren, jedoch haben sie alle sehr besondere Eigenarten und sind alles andere als normal. Alleine der Protagonist und seine Faszination für Selbsthilfegruppen für Sterbenskranke ist schon absurd genug, die Nebenfigur Marla, die ebenfalls bei diesen Gruppen auftaucht, setzt jedoch ordentlich einen drauf. Sie ist wie die überspitzte Parodie eines Manic Pixie Dream Girls, das eindeutig psychische Störungen aufweist, in ihrer Art jedoch so charmant und irrwitzig wahnsinnig ist, dass man sie und ihre Szenen mit der Hauptfigur wirklich gerne verfolgt.
Über die Hauptfigur kann man nicht viel verraten, ohne auch den großen Twist des Buches vorwegzunehmen, der von unzähligen anderen Werken kopiert wurde. Dieser sorgt auch dafür, dass man die Geschichte immer und immer wieder durchleben möchte, um alle Hinweise darauf mitzunehmen. Es ist wahnsinnig clever und balanciert perfekt zwischen Surrealismus und psychologischen Problemen. Und nicht nur diese große Wendung bringt einen dazu, nochmal alles Gelesene zu hinterfragen, auch das eigentliche Ende an sich ist dermaßen abstrus, dass es wieder genial ist.



Dieses Buch hat, gemeinsam mit dem Film, seinen Hype zweifellos verdient. Das Werk greift nicht nur wunderbar die große Bedeutungslosigkeit und Konsumbereitschaft unserer Gesellschaft auf, auch die anarchistische und destruktive Einstellung des Protagonisten und Tylers sind furchteinflößend, dunkel und ehrlich zugleich. Dadurch kann der Autor einen wunderbar an die Handlung fesseln und lockert diese schwere Thematik immer wieder mit vulgären, absurden oder brutalen Szenen auf, die durch seine fragmentarische und zynische Erzählstruktur einfach nur der Hammer sind. Kleinere Abzüge gibt es für seine Selbstfindungsphase in der ersten Hälfte des Buches, da man dort mehrmals über seine Sätze stolpert und merkt, dass der Autor seinen Weg erstmal finden muss. Doch abseits davon ist das Buch wirklich zu empfehlen, insbesondere für diejenigen, die ihren Kopf während des Lesens anstrengen wollen!



Ich gebe dem Buch:


♥♥♥ Herzchen


Extra:


Solltet ihr den Film aus unnachvollziehbaren Gründen nicht kennen, hier könnt ihr euch den Trailer dazu ansehen. Und direkt danach bitte den Film. Er ist einfach nur genial!


CU
Sana

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