Samstag, 22. Dezember 2018

:)Rezension:): Clean

Grundwissen:



Titel: Clean (original: Clean)
Autor/-in: Juno Dawson
Erschienen: Juni 2018 im Carlsen-Verlag; original Mai 2018
Seitenanzahl: 400 Seiten
Preis: 17, 99 € (Hardcover)
Genre: Contemporary Drama; Young Adult




Quelle: ©  Carlsen Verlag
Quelle: © Quercus Children's Books
























Inhalt:


''It's not about pretending our triggers don't exist - it's about accepting our relationships with them and making adjustments to protect ourselves.'' - Dr. Goldstein (p. 87)

Lexi Volkov wird irgendwann die Hotelkette ihres Vaters erben, doch selbst bis dahin hat sie für den Rest ihres Lebens mit dem Geld ihrer Eltern ausgesorgt. Klar, sie ist von der Schule geflogen und hat nicht wirklich einen Plan, was sie im Leben machen möchte, aber so lange verbringt sie ihre Freizeit eben mit Parties und Shoppen. Nur leider übertreibt sie es in einer Nacht mit dem Heroin und wird mit einer Überdosis ins ,,Clarity'' eingeliefert, eine Einrichtung für psychisch Kranke aus reichem Elternhaus. Anfangs wehrt sie sich - jeder nimmt doch ab und an Drogen. Doch an je mehr Therapiesitzungen sie teilnimmt und je mehr sie die anderen Patienten kennenlernt, desto mehr muss sie sich eingestehen, dass sie ein Problem hat. Aber wie soll sie lernen, gegen ihre Sucht anzukämpfen, wenn sie gar nicht mehr weiß, wer sie ohne ihre Drogen ist?





Meine Meinung ...




zum Buch:





Eine wahnsinnig positive Entwicklung auf dem Jugendbuchmarkt sind die vielen, vielen Bücher, die sich mit körperlichen und psychiatrischen Krankheiten auseinandersetzen und das Stigma, das gesellschaftlich häufig damit verbunden wird, langsam aber sicher auflösen. Das Tabu, unter einer Essstörung, Depression oder Persönlichkeitsstörung zu leiden, gerät immer weiter in die Gesellschaft und anhand der wachsenden Zahlen derjenigen, die sich in Behandlung begeben, kann man erkennen, dass immer mehr Menschen zu diesem Teil ihrer Persönlichkeit stehen. Umso wichtiger ist es, richtige Informationen zu vermitteln und Klischees in der Darstellung zu vermeiden, was Juno Dawson mit Clean definitiv schafft. Denn die Autorin, ehemals ein Autor, schafft es nicht nur, das Thema jugendgerecht und unbeschönigt zugleich darzustellen, sondern auch verschiedene psychische Erkrankungen mit der Thematik der Sucht zusammenzubringen.
Dabei behandelt sie das Thema sehr lobenswert und zeigt auf, wie man dagegen angehen kann. Genauso wie Lexi, folgt man verschiedenen Stadien der Entwicklung im Umgang mit seiner Abhängigkeit und lernt, dass es mit bloßem Willen nicht getan sein wird. Dass es immer wieder Stolpersteine geben wird, die es einem außerhalb der Wände einer Psychiatrie schwer machen werden, sich an seine guten Vorsätze zu halten, besonders wenn man ein Umfeld hat, dass besagtes Suchtmittel bedenkenlos konsumiert. Dass das Suchtmittel für sich gesehen nicht gefährlich sein muss, sondern dass unsere Einstellung dazu es zu dem macht, was für uns persönlich gefährlich werden könnte, während alle anderen nur einen flüchtigen Spaß darin sehen. Dabei zeigt die Autorin nicht nur herkömmliche Süchte wie Heroin- oder Alkoholsucht, sondern deckt auch Esssucht und Sexsucht in diesem Spektrum ab, also Dinge, die uns täglich überall umgeben und dem Durchschnittsmenschen bei dem Gedanken an das Wort ,,Abhängigkeit'' nicht einfallen. Da man aus Lexis Perspektive liest und diese besonders zu Beginn alles andere als neugierig gegenüber den anderen Jugendlichen ist, bekommt man von den anderen Süchtigen nicht so viel mit, allerdings ist das, was man mitbekommt, sehr akkurat und auch intensiv dargestellt. Besonders die Darstellung der Sexsucht und die damit verbundenen Emotionen des Betroffenen sind wirklich überraschend gewesen und können da dem ein oder anderen Leser bestimmt die Schuppen von den Augen nehmen. Auch die essgestörte Kendall, die früher ein Junge war, ist definitiv eine Besonderheit unter den Figuren und dank der Transsexualität der Autorin selbst sehr überzeugend dargestellt. Dabei klärt die Autorin sehr natürlich auf und erschafft Situationen, die sich nicht anfühlen wie aus dem Lehrbuch, sondern eben wie aus dem Leben.
Allgemein wirkt die ganze Geschichte durch den sehr schonungslosen und jugendlichen Schreibstil sehr lebensnahe und lässt einen mit Lexi mitfühlen, auch wenn sie anfangs alles andere als ein sympathischer Charakter ist. Sie passt perfekt ins Klischee der reichen, sorgenlosen Erbin, die Menschen nach ihrem Besitz und Klamotten beurteilt, jedoch wird ihr nach und nach bewusst, dass das zu einer Rolle gehört, die sie irgendwann begonnen hat zu spielen und das Mädchen dahinter vergessen hat. Deswegen wäre es nachvollziehbar, wenn einige Leser sie langweilig finden, da bis auf ihre Sucht und die Rolle der Zicke nichts von ihrer Persönlichkeit übrig ist, jedoch ist genau das das Traurige daran. Wie vielen Abhängigen geht es so, dass sie sich ein Leben ohne ihre Droge nicht mehr vorstellen können und abseits davon ein leeres Leben führen? Daher ist Lexi, wenn auch anfangs gewöhnungsbedürftig, eine glaubwürdige Protagonistin, die sich irgendwann nicht mehr verleugnen kann. Man ist regelrecht schockiert davon, wie aggressiv und bereit für alles sie ist, um an ihre Drogen zu kommen, und wie die ersten Tage ihres Entzugs ablaufen. Nicht nur die Beschreibung des psychischen Verfalls ist authentisch und nahegehend, auch die körperlichen Auswirkungen davon sind wirklich hart. Wer also auf der Suche nach Poesie und schönen Formulierungen ist, der wird bei Lexi eher an der falschen Adresse sein.
Genau dadurch kommen ihre Emotionen jedoch gut rüber, weswegen man ihren Prozess der Selbstheilung sehr gerne verfolgt. Abseits von Therapiestunden und der Reflexion ihrer Abhängigkeit genießt man auch die leichten Freundschaften, die sie in der Psychiatrie knüpft, die einem die Erkrankungen der anderen Figuren auch näherbringt. Die Liebesgeschichte zwischen ihr und Brady hätte ich nicht unbedingt gebraucht, allerdings wird wenigstens beleuchtet, dass es ungesund sein könnte, in so einem Abschnitt seines Lebens Beziehungen zu knüpfen, weswegen es nicht allzu sehr im Vordergrund ist. Ansonsten gibt es viele dramatische Momente, allerdings auch berührende, in denen die Abhängigkeit der anderen mal beiseite gelegt wird und sie einfach als Jugendliche Spaß haben und sich ohne ihr Laster entdecken. Diese Mischung aus vielen hässlichen, aber auch einigen schönen Seiten macht den Alltag in der Psychiatrie sehr interessant und lesenswert. Besonders löblich ist, dass die Autorin auch Rückfälle als Teil des lebenslangen Prozesses der Genesung darstellt und zeigt, dass die Geschichte hiermit nicht vorbei ist.
Das einzige Manko an diesem Roman wäre die Psychiatrie selbst, die zugunsten der Dramaturgie der Geschichte an vielen Stellen unrealistisch ist. Natürlich ist ,,Clarity'' eine private Einrichtung, diese sind allgemein besser ausgestellt, allerdings sind diese Delikatessen zu den Essenszeiten sowie sind Reitställe, eigene Fitnessstudios etc. als Beschäftigungsmöglichkeiten für die Betroffenen oft idealisiert. Ebenso dass die Krankenpfleger der Einrichtung so inkompetent sind, nicht zu bemerken, dass ein Betroffener bei den Besuchen seiner Schwester Drogen reingeschmuggelt bekommt oder eine Magersüchtige nachts durch die Flure joggt, sind auch zugunsten der Geschichte dahingebogen worden. Das ist angesichts der glaubwürdigen Darstellung von Sucht an sich ziemlich überraschend, da die Autorin ja beweist, dass sie ziemlich gut recherchieren kann.




Alles in allem ein wirklich gutes Jugendbuch, dass viele Leser über das Thema Abhängigkeit aufklären könnte sowie Betroffenen selbst das Gefühl geben kann, sich verstanden und nicht alleine zu fühlen. Es dauert zwar, bis man mit der Erzählerin warm wird, allerdings lernt man im Laufe der Geschichte und je mehr man über die einzelnen Süchte lernt: Gemeinsam haben sie doch alle, dass sie dafür kämpfen, trotz ihrer Abhängigkeit ein normales Leben zu führen und die Heilung als eine lebenslange Aufgabe anzusehen. Selbst wenn man anfangs denkt, es handelt sich um oberflächliche Oberschichtkids, man lernt, dass niemand, auch in einem Leben ohne Mängel, davor geschützt ist, an einer Sucht zu erkranken. Schonungslos ehrlich erzählt, verfolgt man die Geschichte mit ihren Höhen, Tiefen, Dramen und aufkeimenden Freundschaften sehr gerne und kann so einige Lektionen mitnehmen. Einzig die Psychiatrie selbst ist alles andere als realitätsnahe, sondern vielmehr so verbogen, dass einige Wendungen überhaupt geschehen können.





Ich gebe dem Buch:




Extra:


Hier ein Interview mit der Autorin :)



CU
Sana

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