Donnerstag, 6. Dezember 2018

►Serien-Review◄: Spuk in Hill House (S. 1)

Grundwissen:



Titel◄: Spuk in Hill House (original: The Haunting of Hill House)
Idee◄: Mike Flanagan; basierend auf einem Buch von Shirley Jackson
Produzent/-en◄: Meredith Averill; Justin Falvey; Mike Flanagan; Darryl Frank; Trevor Macy
Produktionsfirma◄: Amblin Television; FlanaganFilm; Paramount Television
Regisseur/-e◄: Mike Flanagan
Drehbuchautor/-en◄:
Erschienen◄: Oktober 2018 auf Netflix
Dauer◄: 51-72 Minuten (10 Episoden)
Altersfreigabe◄: FSK 16
Genre◄: Horror; Psychothriller; (Familien-)Drama
Preis◄: momentan nur auf Netflix erhältlich



Quelle: © Netflix



Inhalt:



''You know, a house is like a person's body. The walls are like bones, the pipes are veins, it needs to breathe, it needs light and flow, and it works all together to keep us safe and healthy inside.'' - Olivia Crain [01.02]




Im Sommer 1992 zieht die Familie Crain übergangsweise ins Hill House, ein seit Jahren verlassenes Haus. Familienvater Hugh, der Gebäude verkauft, und seine Frau Olivia, die Bauplanerin ist, sollen das Haus so schnell wie möglich renovieren, um es für Käufer attraktiv zu machen. Anfangs freuen sie und ihre Kinder Steve, Shirley, Theodora, Luke und Nelly sich über die aufregende neue Umgebung, doch nach und nach suchen sie schreckliche Gestalten heim und Olivia durchläuft eine furchtbare Veränderung. Über zwanzig Jahre später ist Olivia tot, die Kinder haben kaum mehr Kontakt zu ihrem Vater und alle mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen. Sie treffen wieder zusammen, als sich die jüngste Schwester, Nelly, das Leben nimmt. Und das ausgerechnet im Hill House. Liegt dort der Grund für die Schwierigkeiten der Familie begraben?





Meine Meinung ...




zur Staffel:




Auf Netflix erscheinen gefühlt dreißig neue Originale im Monat, und von vielen hört man entweder reine Lobeshymnen (Stranger Things, Mindhunter, Riverdale) oder vernichtende Kritik (Sierra Burgess is a Loser, Insatiable). Fakt ist: Wenn man derartig viel rausbringt, dann kann die Qualität nicht immer gleich bleiben. So gehört auch Spuk in Hill House wieder zu den Serien, die einen maßlosen Hype erleben und als eine der gruseligsten im Genre Horror überhaupt bezeichnet werden. 
Der Hype ist jedoch ziemlich gerechtfertigt, denn nicht nur hat sie überzeugenden, atmosphärischen Horror, die einem die Nackenhaare zu Berge stehen lässt, sondern im Kern ein berührendes und glaubwürdiges Familiendrama, das sich wunderbar mit den Gruselelementen verknüpft.
Besonders die Familienmitglieder sind als Herzstück der Serie besonders im Vordergrund und sorgen dafür, dass man sich wirklich für den Werdegang der Handlung interessiert. In zwei verschiedenen Handlungssträngen lernt man in den ersten fünf Folgen die Kinder von Olivia und Hugh kennen, die ihre momentane Situation und ihre Kindheit im Hill House zeigen und durch sehr intelligente Schnitte miteinander verknüpfen. So werden die Zusammenhänge zwischen Vergangenheit und Gegenwart sehr klar dargestellt und auch die Beweggründe vieler Figuren wesentlich leichter zu greifen. Besonders die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Charaktere machen die Dynamik zwischen ihnen hochinteressant und die Konflikte mal zu etwas Anderem als man in ,,normalen'' Familien vorfindet. Vor allem die dominante Position von Shirley, die ihrem großen Bruder Steve nicht verzeihen kann, dass er ihre Kindheit im Hill House zu einem Bestseller vermarktet hat, und das fast schon bewusste Beiseitedrängen des drogenabhängigen Lukes und der psychisch labilen Nellie fesseln einen regelrecht an den Bildschirm. Dadurch, dass sich jede Folge auf ein anderes der Geschwister fokussiert, lernt man jeden von ihnen im gleichen Maße kennen und schöpft das Potential von ihnen aus, sodass keine der vielschichtigen Figuren in eine unglückliche Position des Nebencharakters geschoben wird. Da die Folgen meistens fast eine Stunde lang sind, kann einem die Vorstellung der Figuren definitiv sehr langwierig vorkommen, besonders da die Handlung in der Gegenwart nicht sonderlich schnell voranschreitet, aber aus der Retrospektive lohnt sich wirklich nahezu jedes Detail.
Denn nicht nur legen es die Macher darauf an, ihre Figuren plastisch zu gestalten, auch die Handlung an sich ist intelligenter verstrickt, als man ursprünglich annehmen würde. Während man die Folgen sieht, fragt man sich durchaus, warum bestimmte Momente notwendig sind, allerdings werden alle Fragen des Zuschauers am Ende mehr als nur befriedigend beantwortet. Diese Fragen stellen sich besonders in dem Strang der Vergangenheit, die weit über die Gründe für das Zurücklassen Olivias hinausgehen. Warum zeigen alle Blaupausen des Hill House eine andere Form der Konstruktion? Warum fließt Wasser von oben in den Keller, obwohl sich keinerlei Leitungen dort befinden? Was verbirgt sich hinter dem Roten Raum, zu dem nicht mal die Vorbesitzer den Schlüssel haben? Selbst Lukes Fantasiefreundin Abigail und einige fast unmerkliche Nachfragen von Charakteren haben rückblickend eine sehr große Bedeutung und bieten Wendungen, mit denen man nie gerechnet hätte. Besonders die inszenatorischen Parallelen zwischen Gegenwart und Vergangenheit bieten einem viele Anhaltspunkte, die einen auf die Grundessenz des Hill House zurückführen und weshalb dieses Haus so beklemmend ist. 
Doch auch abgesehen von dieser Endauflösung ist das Haus eine grandiose Kulisse, die einem viele Schauer über den Rücken jagt. Es gibt bereits zahlreiche Videos auf YouTube über Geister, die im Hintergrund einer jeden Folge versteckt sind, doch auch die Geister, die man näher kennenlernt, sind wirklich unheimlich. Insbesondere die Frau mit dem gebogenen Hals kann einem wirklich Albträume bereiten, und das obwohl sie und die anderen Gespenster weder Jump-Scares noch Blut benötigen, um dem Zuschauer und den Bewohnern des Hauses wirklich Angst zu machen. Es gibt zwar den ein oder anderen Jump-Scare, allerdings ist es erfrischend zu sehen, dass das mal nicht so inflationär benutzt wird im Normalfall solcher Filme. Zusätzlich mit der psychischen Labilität einiger Charaktere und der immer größeren Schwankungen zwischen Realität und Illusion kann der Horror sich hervorragend entfalten, besonders wenn die Macher die sogenannte Plansequenz anwenden. Mit diesem Zusammenspiel aus altmodischem Spuk und der emotionalen Aufgeschürftheit der Charaktere in einem altmodischen, riesigen und unheimlichen Haus kann Spuk in Hill House einen nur packen!
Der einzige Makel wäre wohl, dass sich wie gesagt die Folgen ziemlich langwierig anfühlen und die eigentliche Handlung recht langsam voranschreitet, besonders wenn ein paar Szenen in der individuellen Folge eines Charakters nochmal aus einer anderen Sicht gezeigt werden. Wesentlich mehr als die Umstände um die Beerdigung von Nellie geschieht bis zur finalen zehnten Folge nämlich nicht, allerdings wird durch genau diese Vorbereitung das schöne Ende geschaffen, dass man sich davon erwarten würde. Das Haus hat, wie ein hungriges Lebewesen, dessen Beute weggelaufen ist, noch eine Rechnung mit seinen Bewohnern zu begleichen, und schleicht sich langsam in ihr Leben zurück. Und genauso wie Nellie zu diesem Ursprung ihrer Probleme und Ängste zurückkehren muss, so sind auch die Geschwister und Vater Hugh nun an der Reihe, sich dem zu stellen, wovor sie sich am meisten fürchten. Daher ist das Ende eine perfekte Mischung aus Charakterentwicklung und Beantwortung aller Fragen, und das ohne einen mit einem kitschigen Happy End zurückzulassen. 

Übersicht der Bewertung der einzelnen Folgen

Beste Folge: Böse Träume

,,Schlechteste'' Folge: Zwei Gewitter


Alles in allem eine wirklich geniale Horrorserie, die mit etwas störender, aber notwendiger Langwierigkeit den Zuschauer durch die Tiefgründigkeit ihrer ausgearbeiteten Familie an den Bildschirm fesselt statt durch billige Jump-Scare- und Slasher-Elemente. Im Kern eine dramatische und tragische Geschichte einer gebrochenen Familie, ist man mehr als neugierig zu erfahren, was für diese Brüche verantwortlich ist. Dabei schafft es die Serie sehr geschickt zwischen Gegenwart und Vergangenheit zu wechseln und klar sichtbare, manchmal auch retrospektiv sinnvolle Zusammenhänge zu erschaffen. Spuk in Hill House ist somit mehr als eine bloße Gruselstory, sondern eine Geschichte mit einer Botschaft, die Ängste und schleichenden Horror nutzt, um diese dem Zuschauer näherzubringen. Wirklich klasse, besonders wenn man nichts gegen Folgen in Überlänge hat!



Ich gebe der Staffel:



♥.♥


Extra:



Falls ihr die Serie bereits beendet habt: Wusstet ihr, dass Mike Flanagan ursprünglich ein etwas anderes Ende für seine Figuren angedacht hat? Eins, das wesentlich gemeiner ist als das, was letztlich ausgesucht wurde?
Hier könnt ihr einen Artikel dazu lesen. Aber bitte nur, wenn ihr die Serie bereits gesehen habt, denn natürlich gelten massive Spoiler!


CU
Sana

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