Sonntag, 25. Februar 2018

:)Rezension:): Selkie

Grundwissen:




Titel: Selkie
Autor/-in: Antonia Neumayer
Erschienen: April 2017 im Heyne-Verlag (broschiert)
Seitenanzahl: 510 Seiten ohne Danksagung
Preis: 12, 99 € (broschiert); 9, 99 € (Kindle Edition) [Quelle: amazon.de]
Genre: Young Adult; Fantasy; Mythologie




 
Quelle: © Heyne Verlag




Inhalt: 


Hatte er ihr das abgekauft? Wirklich? Das war gut, so kam sie nicht in Verlegenheit, sich eine noch grössere Luege einfallen lassen zu muessen.  - S. 332



Seit sie denken kann, hat Kates Bruder Gabriel stets an ihrer Seite gestanden. Auf ihrer kleinen Insel Sharpinsay, ein Teil der Orkney-Inseln, leben sie mit ihrem alkoholabhängigen Vater und sind zufrieden mit dem bescheidenen Leben, das sie fuehren. Doch eines Tages taucht ein seltsames Schiff mit Männern auf, die Gabriel mitnehmen wollen. Doch seine liebende Schwester Kate kann dies nicht zulassen und schleicht sich deswegen auf das Schiff der sogenannten ,,Saighdear'', um ihn zu retten und zu erfahren, wer diese geheimnisvollen Männer eigentlich sind. Doch durch einen Zufall wird sie von einem zweiten blinden Passagier entdeckt, der sie zwingt, mit ihm vom Boot zu verschwinden. Sie erfährt, dass die Familie dieses Jungen namens Ian gegen die Saighdear kämpft, die sich in den Kopf gesetzt haben, sämtliche magische Wesen im Umkreis zu vernichten. Kate soll sich in die Gruppe einschleusen, um Insiderinformationen zu beschaffen, und im Gegenzug möchte ihr Ian dabei helfen, ihren Bruder zu retten. Doch schon bald weiss Kate nicht mehr, auf welcher Seite sie eigentlich steht ...





Meine Meinung ... 




zum Buch:




Die Unterwasserwelt kann wahnsinnig faszinierend sein, nicht nur, weil ihre Lebewesen vollkommen anders angelegt sind als diejenigen, die an Land leben, sondern auch, weil ein Grossteil des Ozeans noch unerforscht ist. Folglich sind auch die magischen Legenden, die sich um Meerjungfrauen und die titelgebenden Selkies ranken, sehr interessant und können einen unglaublichen Sog auf einen haben. Dementsprechend hoch schlägt das Herz, wenn man sieht, dass sich endlich jemand mit diesem sehr unentdeckten Teil der Mythologie geschichtlich auseinandersetzen möchte und eine interessante Ausgangssituation schafft. Männer, die Selkies und andere magische Lebewesen vernichten wollen, und eine angebliche Rebellengruppe, die diese Wesen retten möchte. Alleine bei dieser Prämisse eröffnen sich viele Fragen: Mit welcher Absicht verfolgen die Saighdear diese Lebewesen? Gibt es bekannte Vorfälle, die die Gefährlichkeit dieser beweisen? Wie werden die Männer der Saighdear ausgebildet, wie wird die Propaganda betrieben, wie sieht das Trainingsprogramm und der Unterricht aus? Wie viel Wissen haben sie ueber diese Wesen gesammelt und wie viel davon basiert auf reiner Angst und Spekulation? Und wie passen Kate und ihr Bruder in das ganze Gewebe rein?
So viele Fragen, doch leider nahezu gar keine Antworten.
Antonia Neumayer beginnt die Geschichte mit einem sehr rasanten und spannenden Prolog, der den Grossteil des Buches ueber keine Verbindung zu der aktuellen Handlung zu haben scheint. Er ist atmosphärisch und mitreissend geschrieben, lässt einen neugierig die Geschichte anfangen und lässt einen auf eine actionreiche und zugleich stimmungsvolle Story hoffen. Doch leider zeigt sich schon ganz am Anfang, dass die Autorin zwar einige nette Ideen hatte, sie aber gar nicht oder nur in ihren Ansätzen in ihre Geschichte einweben konnte. So dauert es alleine bis zur im inhaltlichen Teil beschriebenen Ausgangssituation nahezu 100 Seiten, in denen man weder die Figuren näher kennenlernt noch sonst etwas, das einen bei der Stange gehalten hätte. Allgemein passiert in Selkie nicht besonders viel; eher fokussiert sich die Autorin auf die Dialoge zwischen den Charakteren, die jedoch einfach nur unnötig in die Länge gezogen sind und fast immer erzwungen wirken. Vor allem die Beziehung zwischen Kate und ihrem Bruder wirkt sehr eigenartig, da sie nichts von Geschwistern ausstrahlen, sondern eher einem kleinen Mädchen, das einen Kerl anhimmelt und ständig ueberallhin verfolgt. Ebenso erzwungen wirkt die Handlung, die an Konstruiertheit nicht zu uebertreffen ist. Man merkt deutlich, dass die Autorin zwar die Richtung im Kopf hatte, mit der sie in diesem Buch hinwill, wie sie jedoch dort hinkommt, ist nicht aufgebaut und wirkt einfach nur spontan, was den Figuren alles andere als schmeichelt. Es beginnt schon damit, dass Kate Ian in seinem Plan einfach ohne Wenn und Aber zustimmt, sich in diese Organisation von Monsterjägern einzuschleusen, ohne auch nur zu hinterfragen, wer Ian und seine Gruppe eigentlich sind. Sie lassen sie vollkommen hirnlos ins Messer laufen und geben ihr keinerlei Informationen ueber die Saighdear, und das obwohl sie diese doch davon ueberzeugen muss, dass sie in ihrer Gruppe mitmachen möchte. Wäre es da nicht förderlich, wenn man ihr wenigstens einige wichtige Daten, Personen oder allgemein Wissen vermitteln wuerde, damit sie so etwas wie Argumente parat hat? Und ueberhaupt weiss, worauf sie sich dort eigentlich einlässt? Nicht in diesem Buch.
Allerdings scheint sich Neumayer auch kaum Gedanken ueber ihr World-Building gemacht zu haben, denn bis auf einige schwammige Andeutungen, wie böse doch die jeweils andere Gruppe ist, wird nichts auch nur im Geringsten konkretisiert, weder durch Erzählung noch durch Handlung. Man sieht die Saighdear, obwohl man fuer eine Woche bei ihnen ist, nichts Relevantes tun, keinen Aufträgen nachgehen oder lernt sonst etwas ueber ihre Gruppendynamik. Mythologie, Trainingseinheiten, Waffenlehre etc. wird von der Autorin höchstens in einem Nebensatz erwähnt, ebenso wie beispielsweise die Gefangennahme einer Selkie. Statt die aktiven Dinge dieses Romans zu beschreiben, scheint die Autorin immer nur dann zu erzählen, wenn gerade eine Atempause eingetreten ist und die Leute in Ruhe in viel zu langen Gesprächen, die einem nichts näherbringen, miteinander reden können. Spannung, Action oder auch einfach nur Wissen erlangt man also keines, was vor allem fuer diejenigen, die noch nie etwas ueber Selkies gehört haben, sehr enttäuschend sein wird. Zumindest erlebt man es doch relativ selten, dass erst im Epilog mal ansatzweise etwas von der Lebensweise oder ihren Kräften erzählt wird und sie davor einfach nur als Monster mit scharfen Zähnen beschrieben werden.
Struktur oder Informationen kann man sich von diesem Buch also nicht erwarten, ebenso wie so etwas Cooles wie Schwertkämpfe oder allgemein die Ausbildung der Saighdear nur rueckblickend angesprochen werden. Aus diesem Grund kann man weder zu Ians Rebellengruppe noch zu den Saighdear eine Bindung aufbauen oder sich eine Meinung zu ihnen bilden, da zwar Dinge behauptet, aber nie untermauert werden. Es ist fast so, als wolle die Autorin, dass man diese Ausgangssituation einfach akzeptiert ohne sie zu hinterfragen. Dies zeigt sich auch an dem sogenannten ,,Plottwist'', den man von Ians erstem Auftauchen an nicht nur erahnt, sondern weiss. Selbst jemand, der nur diese Rezension liest, wird sich denken können, was hinter Ians Truppe steckt, wenn man erfährt, dass sie alle sehr gute Schwimmer sind, Selkies und andere magische Wesen retten wollen und der Titel des Buches auch noch ,,Selkie'' lautet. Kate allerdings kann erst nach etwa 70 Prozent des Buches eins und eins zusammenzählen, was wohl stellvertretend fuer den hoffentlich ausgeschalteten Kopf des Lesers steht.
Allgemein ist Kate ein sehr passiver Hauptcharakter, der einem eher vorkommt wie ein kleines Mädchen statt wie eine fast achtzehnjährige junge Frau. Sie akzeptiert Tatsachen einfach so und gibt sich damit zufrieden, sich einfach nur wie eine Schachfigur hin und her bewegen zu lassen, ohne sich zu fragen, mit welchen Leuten sie ueberhaupt zusammenarbeitet. Ebenso ihr ständiges Gejammer um Gabriel lässt eher das Bild einer sechsjährigen kleinen Schwester im Kopf des Lesers erscheinen, die einfach ihren coolen grossen Bruder nicht in Ruhe lassen kann. Und um ihre Dummheit abzurunden, gibt es nicht einen einzigen Moment, in dem die Dame nicht von einem Mann gerettet werden muss. Wer also eine intelligente Protagonistin sucht, die fuer sich selbst einstehen kann und sich nicht einfach nur benutzen lässt, der wird hier absolut nicht fuending. Im Gegenteil, manchmal möchte man ins Buch springen und Kate anschreien, dass sie so simple Hinweise nicht verstehen kann, während man selbst als Leser mit Zaunpfählen verpruegelt wird.
Auch allen anderen Figuren werden zwar ab und an Charaktereigenschaften zugeschrieben, jedoch bleibt es auch da nur bei Behauptungen. Sie bestehen höchstens aus Abstrichen von Stereotypen, ansonsten sind sie jedoch x-beliebig austauschbar und machen keinerlei Entwicklung durch. Selbst der taubstumme Fynn wirkt trotz seiner Behinderung wie ein Pappaufsteller, ebenso wie es der Autorin bei allen anderen Charakteren misslingt Leben einzuhauchen. Insbesondere Ian und Alaric als Gegenspieler beim Liebesdreieck sind einfach nur langweilig, obwohl die Autorin interessante Ausgangssituationen fuer sie schafft. Daher ist einem das doch recht spannend gestaltete Finale in gewisser Weise egal und auch die zarten Andeutungen auf einen zweiten Teil lassen einen das Buch unzufrieden zuklappen und sich enttäuscht fragen, wie man eine so schöne Idee so vermurksen kann.




Insgesamt leider ein belangloser und stereotypischer Fantasy-Roman, der maximal aus 20 Prozent Fantasy besteht. Der Rest sind ins Nichts fuehrende Dialoge, die nur dank ihrer Langgezogenheit dem Buch seine Länge verleihen. Obwohl die Autorin Platz gehabt hätte, die Saighdear und Ians Gruppe zu beschreiben, tut sie dies höchstens retrospektiv und erwartet vom Leser, dass er oder sie sich genauso dumm anstellt wie ihre Protagonistin, die von ihrer Blauäugigkeit auf dem Niveau der Schafe sein duerfte, die sie zuhause huetet.  Ohne Substanz oder Spannung leitet einen die Autorin muede durch die Geschichte, obwohl sich sehr viele vielversprechende Situationen angeboten hätten, fängt jedoch nur halbherzig etwas mit ihnen an, wenn sie mal auftauchen, ebenso wie mit den Wesen, um die es eigentlich gehen sollte, ueber die man allerdings erst in den letzten Seiten der Story wirklich etwas erfährt. Inhaltsleer, ohne jede Innovation und ungemein verschwendetes Potential. Nicht mal wirklich wert, sich darueber aufzuregen.




Ich gebe dem Buch:


 ♥ Herzchen


Extra: 



Hier könnt ihr einige andere Meinungen zu dem Buch hören, die weitaus positiver sind als meine. Auch wenn ich nichts von der Argumentation nachvollziehen kann - vielleicht bestätigt es euch ja, das Buch zu kaufen ^-^


CU
Sana

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen