Mittwoch, 18. Juli 2018

:)Rezension:): Indianische Liebesgeschichte

Grundwissen:



Titel♥: Indianische Liebesgeschichte (original: Laughing Boy)
Autor/-in♥: Oliver La Farge
Erschienen♥: 1977 und 1997 im Beltz&Gelberg-Verlag (Taschenbuch); original 1929
Seitenanzahl♥: 240 Seiten
Preis♥: ab 0, 50 € (Taschenbuch) [Quelle: amazon.de]
Genre♥: Historical Fiction; Drama



Quelle: © Beltz&Gelberg Verlag
Quelle: © Mariner Books Verlag






















Inhalt:



Eine Sache war es, einen Entschlu[ss] zu fassen, etwas ganz anderes aber, sich klarzumachen, wo er nun stand - es war der Unterschied zwischen dem Aufbruch auf einen neuen Pfad und dem Festlegen der Wegzeichen in dem neuentdeckten Land. - S. 109


1915: Der Navajo-Indianer Lachender-Knaber trifft bei dem Fest auf Schlankes-Mädchen, die zwar vom gleichen Stamm abstammt wie er, jedoch als junges Mädchen durch Amerikaner von ihrem Stamm getrennt wurde. Sie gehört weder dem einen noch dem anderen Volk an, völlig allein auf der Welt. Voneinander hingerissen beschließen sie durchzubrennen und ein Leben auf eigenen Beinen zu führen. Doch beide erfüllt die Sehnsucht nach den Traditionen ihres Volkes ...




Meine Meinung ...




zum Buch:




Ein eher unbekannter amerikanischer Klassiker, der Indianer zu seinen Protagonisten macht und sich mit dem Zerrissen-Sein zwischen zwei Kulturen beschäftigt. Eine wirklich tolle Prämisse für eine dramatische Liebesgeschichte mit einem gewissen exotischen Touch.
Doch leider sind es genau diese neuartigen Elemente, die einem den Zugang zur Geschichte erheblich erschweren.
Da der Autor Anthropologe ist, merkt man, dass ihn die indianischen Kulturen und Stämme sehr interessieren und er auch eine bestimmte Zeit bei den Indianern verbracht hat. So gesehen wirken die Beschreibungen von Festen, Tänzen und Spielen authentisch und wecken ebenso das Interesse des Lesers, der ähnlich wie Schlankes-Mädchen kaum etwas über die Traditionen der Stämme weiß. Das große Problem ist, dass es dabei bleibt. Manchmal wird in Fußnoten zwar erwähnt, dass es sich bei den genannten Anspielungen oder Nacherzählungen um wichtige Legenden handelt, jedoch werden diese nicht mal im Ansatz erläutert. Weshalb gibt es das Fest des Nachtgesangs? Wofür stehen all die legendären Figuren, als die sich das Volk verkleidet? Vollkommen kontextlos begleitet man die zwei Hauptfiguren durchs Buch und fühlt sich dauerhaft vor den Kopf gestoßen wegen all diesen Festlichkeiten, deren Hintergründe einem komplett schleierhaft bleiben. Die Figuren kennen sie, und es gibt kaum etwas Schlimmeres als erzwungene Exposition, aber wirklich gar nichts darüber zu erfahren, macht es einem fast unmöglich sich in ihre Situation hineinzuversetzen und zu verstehen, warum es beiden so sehr zusetzt, wenn sie sich davon entfremden. Bei einer Geschichte, in der es sich um das Zuhausesein und das Empfangen seiner Kultur gehen soll, hat das fatale Folgen.
Auch der Schreibstil macht es einem schwer, von Anfang an einen Zugang zur Story zu finden. La Farge wählt sehr einfache Worte, um sowohl Handlung als auch Gedankengänge zu beschreiben, weswegen es ganz am Anfang in Verbundenheit mit all den fremden Bezeichnungen (z.B. Stammesnamen) ungelenk und verwirrend wirkt. Manchmal stolpert man regelrecht über seine Sätze und muss sie mehrmals lesen, um dem Beschriebenen wirklich folgen zu können. Auch die Dialoge wirken in dem Zusammenhang recht hölzern und machen es einem schwer, die Figuren voneinander zu unterscheiden. Umso schwerer nachzuvollziehen ist die plötzliche Anziehung zwischen Lachender-Knabe und Schlankes-Mädchen, die sich in den ersten fünfzehn Seiten nicht ausstehen können, und kaum dreißig Seiten später miteinander durchbrennen. Natürlich findet die Handlung am Anfang des 20. Jahrhunderts statt, zu diesem Zeitpunkt war ein Heiratsantrag eher so etwas wie die Frage nach dem ersten Date, aber dennoch erschien das sehr sprunghaft und als hätte der Autor seine Ausgangsposition möglichst schnell erlangen wollen.
Nach diesem wahnsinnig verwirrenden Anfang steigert sich der Autor jedoch ganz langsam in der Erzählung seiner Geschichte. Merkwürdigerweise beginnen die beiden erst nach ihrer Heirat eine echte Chemie zu entwickeln und bieten einem alles andere als eine normale Beziehung. Tatsächlich stellt Lachender-Knabe für Schlankes-Mädchen eher ein Mittel zum Zweck dar, ihre Verbindung zu ihrem Ursprung nicht zu verlieren und eventuell wieder herzustellen. Dieses Kalkül neben der naiven Verliebtheit es männlichen Protagonisten ist ziemlich erschreckend, gleichzeitig aber sehr verständlich. Ganz besonders interessant ist, wie Schlankes-Mädchen für den Großteil des Buches überhaupt nicht den Standards eines indianischen Mädchens entspricht und deswegen zunehmend Angst hat, Lachender-Knabe an die Kultur, der sie eigentlich angehören will, wieder zu verlieren. Ein sehr spannender Konflikt, der sich im Laufe des Buches zuspitzt und den beide bis zu einem gewissen Punkt verdrängen. Auch dass der Navajo-Stamm von Lachender-Knabe selbst sich strikt gegen ihre Beziehung wehrt, und zwar größtenteils deswegen, weil das Mädchen von Amerikanern gegen ihren Willen aufgezogen wurde, verleiht dem Ganzen Tragik und lässt einen verstehen, wie Schlankes-Mädchen so abgestumpft ist.
Sie ist allgemein der interessanteste Charakter in dem Buch, da sie nicht nur eine Geschichte zu bieten hat und sich nirgendwo wirklich zuhause fühlt, sondern durch ihre widerstreitenden Gefühle zu Lachender-Knabe einen inneren Konflikt entwickelt. Dieser wird zwar sehr schnell aufgelöst, geht allerdings mit wirklich schönen Szenen einher, in denen sich die beiden aussprechen und nicht nur gegenüber einander, sondern vor allem sich selbst gegenüber ehrlich sind. 




Leider ist Indianische Liebesgeschichte der reinste Flickenteppich aus wunderschönen Sätzen und so eindringlich beschriebenen Szenen, dass sie einen mitreißen und während des Lesens nicht loslassen, und vollkommen pathetischen und unbeholfen geschriebenen Passagen, die man mehrmals lesen muss, um sie zu verstehen. Der Alltag der beiden ist wirklich schön beschrieben, ebenso wie die ständige Zerrissenheit, die ihre Beziehung und ihre Persönlichkeit auszeichnet. Doch emotional mitreißen kann einen die Geschichte leider kaum, was nicht daran liegt, dass sie in einer dem Durchschnittsleser unbekannten Kultur spielt, sondern dass man diesem nichts über die Kultur näherbringen möchte. Und warum sollte man mit den ihr entrissenen Figuren mitfühlen, wenn man nicht versteht oder erklärt bekommt, weshalb genau sie ihnen so viel Halt bietet? Kein schlechtes Buch, aber mit viel verschenktem Potential.





Ich gebe dem Buch:


♥♥ Herzchen


Extra:


Wer einen Überblick über die anderen Bücher des Autors bekommen möchte, der kann hier einen Blick auf seine Goodreads-Seite werfen.


CU
Sana

2 Kommentare:

  1. Huhu,
    ich liebe die indianische Kultur und auch Romane, in denen es um indianer geht. Das Buch kannte ich noch gar nicht, aber leider spricht es mich jetzt auch nicht wirklich an. Daher wird es nicht auf meiner WTR Liste landen. Dennoch vielen Dank für die Rezension, hast du sehr gut geschrieben!

    Liebe Grüße,
    Jule von Magic Foxy

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    1. @Magic Foxy: Ja, ich glaube, es würde auch Bücher dazu geben, die viel mehr die Inhalte der Kultur erklären als dieses hier ^.^ War auch etwas enttäuschend, leider. Aber vielen Dank :)

      Liebe Grüße zurück,

      Sana

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