Samstag, 3. November 2018

:)Rezension:): Bald ruhest du auch

Grundwissen:



Titel♥: Bald ruhest du auch
Autor/-in♥: Wiebke Lorenz
Erschienen♥: 2015 im Diana-Verlag (Taschenbuch)
Seitenanzahl♥: 444 Seiten
Preis♥: 9, 99 € (Taschenbuch); 9, 99 € (Kindle Edition)
Genre♥: Mystery; Thriller




Quelle: © Diana Verlag



Inhalt:



Wie leicht wachsen der Fantasie Hörner, wenn ihr niemand Grenzen setzt! - S. 16



Lena Andersen hat ihren Mann vor Kurzem durch einen Autounfall verloren. Doch als wäre dieser Schicksalsschlag nicht schwer genug, hat er sie im achten Monat der Schwangerschaft zurückgelassen. Wie soll sie Emma großziehen, das Kind, das sie sich so lange gewünscht hatten? Der wahre Horror steht Lena jedoch erst noch bevor, denn nicht nur tauchen seltsame an sie gerichtete Botschaften auf, auch ihre kleine Tochter verschwindet spurlos.



Meine Meinung ...





zum Buch:




Jeder Buchliebhaber kennt es: Wenn man ein Buch eines bestimmten Autors gelesen hat und es grandios fand, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass man sich auch die anderen Bücher des Autors zulegt. Ähnlich verhält es sich nun bei Wiebke Lorenz, deren Buch Alles muss versteckt sein zu einem meiner Favoriten im Psycho-Thriller-Genre zählt. Auch die Prämisse von Bald ruhest du doch behandelt Themen, die im Vorgänger vorkommen, ganz besonders Mutterschaft und der Verlust eines Partners. In Alles muss versteckt sein hat die Autorin es geschafft, einem nahezulegen, wie emotional aufgeschürft die Protagonistin ist, ganz besonders mit ihren düsteren Zwangsgedanken. Hier allerdings findet man nicht das Geringste davon.
Egal ob es nun daran liegen mag, dass die Autorin innerhalb von drei Jahren das Schreiben verlernt hat, oder daran, dass manche Autoren es nicht hinkriegen, ihre Qualität über mehrere Bücher aufrechtzuerhalten, dieser Thriller besitzt nichts von dem Einfühlungsvermögen und der Atmosphäre, die sein Vorgänger hat. Zwar nimmt sie sich die Zeit für die Beschreibung der Beziehung zwischen Lena und ihrem verstorbenen Mann, allerdings kommt nichts davon dem Leser so nahe, dass er sich für das Paar freuen oder mit ihm trauern würde. Vielleicht wäre es dazu gekommen, wenn es weniger generisch und kitschig beschrieben worden wäre. Nicht nur passiert Vieles sehr schnell, auch schmalzige Liebesbekundungen wie ,,Bevor du gekommen bist, hatte nichts mehr einen Sinn. Und jetzt bist du alles für mich.'' (vgl. S. 65) verhindern es, dass man Lena und Daniel überhaupt ernstnehmen kann. Solcher Kitsch gehört vielleicht in einen fluffigen Liebesroman, aber nicht in einen Thriller, der mich mit den Figuren mitfühlen lassen will. Dass solche Aussagen extrem ungesund sind, besonders wenn sie von einem ehemaligen Alkoholiker stammen, der erst wieder ins Leben zurückfinden muss, macht solche Dialoge noch unerträglicher.
Allgemein sind diese sehr hölzern und spielen sich nach dem Schema F ab, besonders in der Liebesgeschichte. Anfangs zeigt Lorenz sogar einige überraschende Aspekte daran auf, denn schon von Anfang an wird klar, dass Daniel etwas vor ihr geheimhält und die Beziehung nicht immer rosig verläuft. Vor allem eine Situation, in der Lena überlegt, ob sie für Daniel in seiner psychischen Lage nicht einfach ein Mittel zum Zweck ist, um sich wieder aufzupäppeln, fühlt sich authentisch an und hat dem Ganzen mehr Substanz verliehen als das oberflächliche Geblubber im vorherigen Abschnitt. Dass sie ihren Partner nicht idealisiert, obwohl dieser verstorben ist, und dennoch um ihn trauert, ist daher noch das Gelungenste im Charakteraufbau. Allerdings sind die Hinweise auf Geheimnisse hilflos dahingeklatscht und geben einem schon in den ersten hundertfünfzig Seiten, in der die Entführung des Babys noch nicht eingetreten ist, Ideen zur Endauflösung. Die Verdächtigen sind von vorneherein im Visier, und die Pro- und Gegenargumente mehr schlecht als recht von der Autorin geschrieben. Denn obwohl sie diesem Schema F folgt, macht sie das sehr fahrig und unsicher, als wüsste sie nicht, wie sie sonst von A nach B kommen soll, und das zeigt sich besonders in den Gesprächen darüber, was in der Situation gemacht werden soll. Denn Lena ändert ihre Meinung gefühlt jedes Kapitel, lässt sich von anderen innerhalb von einem Absatz zu riskanten Handlungen überreden oder unbegründet beruhigen, und ist eine wirklich miese Lügnerin.
Lena allgemein ist eine wahnsinnig anstrengende Protagonistin. Nicht nur hat sie nahezu keine Persönlichkeit, auch ihre Entscheidungen basieren auf Spontanität und Dummheit. Jeder hätte in so einer Situation Angst um sein Kind und wäre von Sinnen, aber sie handelt bei wirklich jeder Situation unüberlegt. Egal ob es darum geht, ein wichtiges Beweisstück nur wegen seines ,,Gestanks'' zurückzulassen, obwohl sich der Täter noch in der Nähe befinden und es beseitigen könnte, oder darum, sich eine halbwegs logische Lüge einfallen zu lassen, nicht eine logische Handlung kann die Frau auf die Beine bringen. Besonders an den Kopf fassen muss man sich, wenn sie neuen Bekanntschaften blind vertraut und nicht mal eine Sekunde zögert, wenn diese ihr auf der Fahrt zum eventuellen Täter raten, kurz am Waldrand anzuhalten, weil dort der Handyempfang sich vielleicht bessert. Von Intelligenz nicht die Spur, und von der Fähigkeit der Autorin, natürliche statt erzwungene Wendungen herbeizuführen, ebenso.
Diese Wendungen spoilert sich der Klappentext dieses Buches leider selbst, was natürlich nicht die Schuld der Autorin ist, die Handlung aber von vorne bis hinten vorhersehbar macht. Nicht nur die eigentliche Kindesentführung passiert erst nach einem Drittel des Buches, auch den größten Wendepunkt nimmt der Verlag in seinem Catchphrase vorweg. Und das, was dazwischen passiert, ist nicht extrem, gruselig oder einfach gut genug, um den Leser wirklich bei der Stange zu halten. Nicht nur gibt es wie bereits erwähnt saudumme Entscheidungen der Charaktere, auch würden einige Dinge schlicht und ergreifend nicht funktionieren. Am schlimmsten ist jedoch die Auflösung des Ganzen, denn scheinbar wollte sich Wiebke Lorenz eine Scheibe von Sebastian Fitzek abschneiden und einen Twist nach dem anderen mit möglichst morbiden Gore-Momenten einfügen. Schließlich macht das das Ganze doch spannender, oder? Wenn man es kann, ja, wenn man es nicht kann, dann wird daraus genauso ein gewaltiger zufälliger Clusterfuck wie hier! Wenn der eigentliche Täter von Anfang an offensichtlich gewesen wäre - was hier der Fall ist, wäre es noch verzeihlich, aber einfach alle Möglichkeiten miteinander zu kombinieren, nur um den Leser entgegen aller Wahrscheinlichkeiten zu überraschen? Das ist etwas auf dem Niveau von Teenie-Mystery-Serien wie Pretty Little Liars.




Wahrscheinlich hätte diese Rezension ein unterhaltsamer Rant werden können, allerdings ist das Ganze so belanglos, dass es selbst schwer fiel, diesen angeblichen Thriller überhaupt zu beenden, geschweige denn diesen Text dazu zu verfassen. Es ist eine Geschichte ohne jegliche Individualität, ohne überraschende spannende Wendepunkte und ohne jedes Gefühl für die Figuren. Es liegt nichts von der psychologischen Feinfühligkeit aus ihrem vorherigen Buch in diesem Werk; vielmehr klammert sie sich an Tropen und routinierte Abläufe solcher Geschichten, als wüsste sie überhaupt nicht mehr, wie man eine Geschichte aufbaut. Zusätzlich mit einer Protagonistin, die, wenn sie nicht gerade charakterlos ist, nur entweder heulend oder kreischend blöde Entscheidungen trifft, ist Bald ruhest du auch einfach eine nichtssagende, uninteressante Ansammlung an Worten, die vor allem bei diesem ,,Twist''-Ende zeigen, dass die Autorin bis zuletzt nicht wusste, für welche Auflösung sie sich entscheiden sollte. Wirklich enttäuschend und definitiv von abzuraten.




Ich gebe dem Buch:


♥.♥ Herzchen


Extra:


Hier findet ihr meine Rezension zu dem anderen, wesentlich besseren Buch von Wiebke Lorenz. Darin geht es um eine Kindergärtnerin, die den Tod ihrer eigenen Tochter mit ansehen muss und infolge dieses Traumas Zwangsgedanken entwickelt. In diesen Zwangsgedanken tötet sie die Kinder, die andere Familien ihr in der Kindertagesstätte zur Obhut geben. Als sie eines Tages neben ihrem toten Partner aufwacht, mit einem Messer in der Hand, wird ihr klar, dass sie ihre blutrünstigen Fantasien nicht mehr in Schach halten kann. Aus ihrer Schuldunfähigkeit hinaus wird sie in die forensische Psychiatrie eingewiesen - und schon bald hat sie das Gefühl, dass sie ihren Freund vielleicht doch nicht umgebracht hat.

Quelle: © Blessing Verlag



CU
Sana

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen