Donnerstag, 1. November 2018

:)Rezesion:): Harold & Maude

Grundwissen:



Titel♥: Harold und Maude (original: Harold and Maude)
Autor/-in♥: Colin Higgins
Erschienen♥: 2005 im Reclam-Verlag; original 1971
Seitenanzahl♥: 144 Seiten
Preis♥: 5, 40 € (Taschenbuch)
Genre♥: Coming of Age; Dramedy; Klassiker



Quelle: ©  Reclam
Quelle: ©  List Verlag























Inhalt:



''One laughts. One cries. Two uniquely human traits. And the main thing in life, my dear Harold, is not to be afraid to be human.'' - Maude (p.126)



Der neunzehnjährige Harold hat eine ungewöhnliche Faszination für Tod und Zerstörung. Seine gestellten Selbstmordversuche sind für seine unterkühlte Mutter alltäglich und kaum eine Bemerkung wert. Doch auf einer Beerdigung entdeckt Harold auch jemand anderen, der eigentlich nicht zu der Gruppe an Angehörigen gehört: Die neunundsiebzigjährige Maude, die Schwarz für eine Beerdigung total unangemessen hält und in der Kirche fröhlich vor sich hin plaudert und Lakritz isst. Zwischen den beiden entwickelt sich eine ungewöhnliche Verbindung, die alle Tabus bricht und genau damit die Schönheit des Lebens zeigt.




Meine Meinung ...




zum Buch:




Die Verfilmung dieses amerikanischen Klassikers hat Kult-Status, und das kommt nicht nur durch das bizarre Pärchen von Harold und Maude an sich zustande, sondern auch, weil diese Geschichte ein wahres Kind seiner Zeit ist. Ende der Sechziger und Anfang der Siebziger Jahre hat die Gesellschaft begonnen, Tabus zu brechen: Frauen durften auf einmal studieren, Diskriminierte setzten sich für die Gleichberechtigung in der Gesellschaft ein, die Anti-Kriegs-Bewegung spitzte sich zu und auch das Thema Sexualität wurde viel offener diskutiert als zuvor. 
Und mit genau diesem Wissen kann man Harold und Maude als die Geschichte wertschätzen, die sie versucht zu sein. Denn sowohl der Jugendliche als auch die alte Dame haben es faustdick hinter den Ohren und sind definitiv ungewöhnliche Menschen, die durch ihren skurrilen Charakter viel Humor in die Geschichte bringen. Es ist ein Humor, der nicht jedem Leser liegen wird, denn häufig ist er düster, absurd und lässt einem das Lachen im Halse stecken bleiben. Alleine die Anfangsszene, in der Harold so tut, als würde er sich erhängen, und seine Mutter vollkommen gleichgültig darauf reagiert, ist zum Schreien und wird von vielen ähnlich verschrobenen Situationen gefolgt. Denn genauso wie der Geist während der Zeit, in der diese Geschichte entstand, ist es darauf ausgelegt, möglichst viele Tabuthemen zu brechen, und das mit einer ordentlichen Portion Unangebrachtheit. Harold mit seinem Geltungsdrang, den er in seinen gestellten Selbstmordversuchen ausdrückt, sowie seine Vorliebe für Schrottplätze und Beerdigungen sind genauso gesellschaftlich inakzeptabel wie Maudes ungeniertes Geplaudere während einer Bestattung oder ihre Angewohnheit, sich jeden Tag mit einem anderen geklauten Wagen nach Hause zu fahren. Am Anfang wirkt das regelrecht befremdlich und schafft Distanz zwischen dem Leser und den beiden Hauptfiguren, allerdings ist der Grund dazu doch sehr interessant. Denn wir plädieren so viel für Individualität und freie Entfaltung seiner Person, und dennoch neigen wir dazu, Menschen auszugrenzen, die zu viele Tabus brechen. Die psychisch Kranken, die mit ungewöhnlichen Vorlieben, die, die ihren eigenen Regeln folgen, egal wie sehr man für Gleichberechtigung plädiert, wenn man zu sehr von dem Wort ,,normal'' abweicht, wird man ein sozialer Außenseiter bleiben. Daher bringt das Buch einen dazu, sich selbst zu reflektieren und in Frage zu stellen, warum genau man die Figuren als so abgedreht erlebt. Etwa, weil man selbst gar nicht so offen ist wie man denkt?
Daher sind Harold und Maude keine einfachen Protagonisten. Harold als sehr deprimierter und in sich verschlossener Mensch sowie Maude als eine fast schon manische, schrullige alte Dame sind wirklich speziell und verhalten sich oft sehr zufällig, allerdings ist es genau das, was sie und ihre Dynamik so besonders macht. Vor allem in direkter Gegenüberstellung zu anderen Figuren wie Harolds Mutter, die eine sehr konservative Einstellung hat, fällt auf wie viel Lebensfreude aber auch Einsamkeit es einem verschaffen kann, anders zu sein. Besonders Maudes Art alle Erfahrungen im Leben mitnehmen zu wollen und jeden Tag zu einem Erlebnis zu machen, ungeachtet der Konsequenzen, ist wider aller Normen bewundernswert und wird nicht nur Harold davon überzeugen, es einfach mal zu wagen. Sie wird nämlich nicht nur seine Geliebte, sondern auch Lehrerin, die ihm zeigt, das Leben mit all seinen Sinnen wahrzunehmen und das Erblühen von Leben genauso schön zu finden wie die Zerstörung dessen. Insofern ergänzen sich die beiden in ihrer Skurrilität wirklich gut und haben, auch wenn es aufgrund des Tabus einer Beziehung zwischen zwei Menschen mit so einem Altersunterschied anstößig wirkt, eine wirklich schöne Chemie.
Das Buch wurde zur gleichen Zeit geschrieben wie die gleichnamige Verfilmung, und das macht sich besonders am Schreibstil deutlich. Mit knapp 150 Seiten hat man nicht viel Zeit mit den Figuren und das Gefühl, als hätte Colin Higgins keine wirklichen Übergänge zwischen essenziellen Szenen der Geschichte. Deswegen und weil viele Handlungen von Zufall geprägt sind, wirkt das Buch etwas chaotisch und unklar.
Das Schlimmste daran ist aber immer noch das Ende, über das man selbst nach ein paar Wochen nach Beenden des Buches nicht hinwegkommt. Es wird schon früh in der Geschichte angedeutet, dass es zu diesem Ende kommen könnte, es ist auch gemäß Maudes Lebensphilosophie sogar konsequent, aber es ist und bleibt höllisch gemein gegenüber Harold. Auch hier provoziert der Autor wieder die Wertvorstellungen des Lesers, weswegen es vermutlichen anderen je nach Moralvorstellungen anders gehen wird, doch für mich persönlich ist das, was geschieht, unverzeihlich. Da man schwer die Gründe dafür nennen kann ohne zu spoilern, beschränkt sich die Kritik darauf, dass es Maude herzlos erscheinen lässt und als würde sie in Harold nicht dasselbe sehen wie er in ihr.


Insgesamt ist ein Buch, das alle Tabus seiner und auch der heutigen Zeit bricht, natürlich sehr kontrovers. Auch wenn es zum Teil so wirkt, als hätte der Autor auf Teufel komm raus provozieren wollen, es gelingt ihm sehr gut und vor allem auf wahnsinnig lustige Weise. Für alle Liebhaber des schwarzen oder britischen Humors wären die abstrusen Abenteuer von Harold und Maude bestimmt ein gefundenes Fressen. Doch nicht nur die schrägen Charaktere machen das Buch so erfrischend anders, sondern auch, dass es einen über sich selbst, seine Einstellungen zum Anderssein und Abnormalität und seine eigene Toleranzgrenzen nachdenken lässt. Denn das Plädoyer von Harold und Maude steht ganz klar für die Individualität und dass das Leben mit all seinen Gegensätzen wunderschön ist. Für diejenigen, die ein eher an ein Drehbuch erinnernder Schreibstil nicht stört, und die sich gerne von einem Ende vor den Kopf hauen lassen, wäre es bestimmt ein tolles Leseerlebnis!



Ich gebe dem Buch:


♥.♥ Herzchen


Extra:


Die Verfilmung finde ich ausnahmsweise tatsächlich mal besser als das Buch!
Seid ihr neugierig? Dann werft hier mal einen Blick drauf! :)


CU
Sana

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