Mittwoch, 5. Dezember 2018

:)Rezension:): Sie

Grundwissen:



Titel♥: Sie (original: Misery)
Autor/-in♥: Stephen King
Erschienen♥: Februar 2011 im Heyne-Verlag; 1999 im Heyne-Verlag; original 1987
Seitenanzahl♥: 528 Seiten
Preis♥: 10, 99 € (Taschenbuch); 9, 99 € (Kindle Edition)
Genre♥: Psychothriller; Horror




Quelle: © Hodder & Staughton
Quelle: © Heyne Verlag






















Inhalt:




,,Ziehe einen Schriftsteller bis auf die Haut, zeige ihm seine Narben und er wird dir die Geschichte jeder einzelnen erzählen. Die großen werden zu Romanen, nicht zu Amnesie.'' - Paul Sheldon (S. 297)





Paul Sheldon, der Autor der berühmten Bestseller-Reihe ,,Misery'', erleidet einen fast tödlichen Unfall. Gerade rechtzeitig wird er von Annie Wilkes gerettet, seinem selbsternannten Fan Nummer 1. Mit zwei gebrochenen Beinen nimmt die ehemalige Krankenschwester ihn zu sich nach Hause und pflegt ihn gesund - zumindest, bis sie erfährt, dass ihr Lieblingsautor die Titelheldin im letzten Teil der Reihe getötet hat. Dann liegt Annie nicht mehr viel daran, ihren umjubelten Autor heilen zu lassen. Es sei denn, er erweckt Misery zurück zum Leben ...



Meine Meinung ...



zum Buch:




Wenn Stephen King nicht mehr weiterweiß, schreibt er über einen Autor. Eine denkbar einfache Prämisse, bei der doch eigentlich rein spontan nichts Gruseliges zustande kommen kann. Dennoch ist Sie eines seiner beliebtesten Bücher, und es gibt wirklich reichhaltige Gründe, weshalb dieser Erfolg gerechtfertigt ist!
Zum einen liegt das daran, dass Stephen King in einem eng begrenzten Raum mit wenigen Charakteren am besten funktioniert. Dort kommt ihm seine ausschweifende Erzählweise, die bei einem großen Ensemble an Charakteren den Plot stillstehen lässt und einen mit für die Geschichte nicht notwendigen Informationen vollpumpt, gerade sehr gelegen, denn es sind die Charaktere, die einen so ans Buch fesseln. Handlung kann in einem kleinen Haus keine derart große Rolle spielen, weswegen King sich sehr auf die Dynamik zwischen Paul Sheldon und seinem selbsternannten Fan Nummer 1 konzentriert. Beide Figuren sind alles andere als sympathisch, aber wirklich großartig geschrieben und interessant zu verfolgen, besonders wenn sie miteinander interagieren. Paul Sheldon ist ein wenig selbstverliebt, arrogant und ist von seiner Bestseller-Roman-Reihe eigentlich nur noch genervt. Alleine deswegen ist er ein recht ulkiger Charakter, der bestimmt in einigen Aspekten sogar für King stehen kann. Eben durch seinen Hochmut nimmt er die übergewichtige, zerstreute Annie anfangs überhaupt nicht als Bedrohung wahr. Doch das ändert sich schlagartig, als Stück für Stück mehr Facetten von ihr aufgedeckt werden und er erkennt, dass sie eine unvorhersehbare und brutale Seite an sich hat, der er vielleicht nicht als erster zum Opfer fällt. Tatsächlich ist man mindestens genauso überrascht wie Paul, als das Fangirl sich zu einem psychotischen Monster entwickelt, das ihren vergötterten Autor für den Tod ihres Lieblingscharakters foltert und quält. So sehr sich Leser selbst als Fans bezeichnen und es hassen, wenn geliebte Charaktere sterben, das ist nochmal ein komplett neues Level, und zwar eins, das einen an die Seiten fesselt und einen mit Paul mitfiebern lässt.
Denn ja, trotz der Dicke des Buches lassen sich kaum Längen feststellen, dafür aber umso mehr Spannung. Besonders aufregend sind die Situationen, in denen Annie nicht im Haus ist und Paul versucht, andere Räume als dem, in dem er gefangen ist, zu erkunden und einen Weg ins Freie zu finden. Man spürt sein Ringen mit dem Rollstuhl wegen seiner gebrochenen Beine, fühlt die Zeit davonrennen, da Annie jederzeit zurückkommen könnte, bangt mit ihm, ob er es rechtzeitig wieder in sein Zimmer schafft und keine Spuren hinterlassen hat. Doch neben diesen simplen Situationen des Überlebens schreibt Stephen King auch oft gewalttätige Szenen, die einen stocken und für einen Moment das Buch zuklappen lassen, weil sie einen am eigenen Leib schmerzen. Und genau diese Verbindung des unscheinbaren, fast alltäglichen Horrors und großer Brutalität, die Pauls Persönlichkeit zeichnen, macht den Sog dieses Buches aus.
Doch nicht nur schafft es King, ein ruhiges Setting verdammt spannend zu machen, auch das Idenfikationspotential mit den Figuren macht es einem möglich, sich sehr gut in die Story hineinzufinden. Jeder Leser dieses Buches ist ein Fan von irgendwas, und wahrscheinlich werden auch einige Hobbyschriftsteller diesem Buch ihre Beachtung schenken. Ist man beides, so kann man besonders die Dynamik zwischen einem Fan und einem Autor wirklich gespannt verfolgen, denn in genau diesen Momenten verbinden sich Annie und Paul miteinander, so krank sich das anhört und so unwahrscheinlich es bei dem Verhältnis zwischen den beiden wäre. So entwirft King nicht nur eine glaubwürdige Ko-Abhängigkeit zwischen den beiden, auch wie ein Fan das Werk des Autors erweitern kann und was der Schreibprozess mit einem macht sind wunderbar beschrieben. So gibt es also nicht nur schmerzhafte oder gefährliche Situationen in dem Buch, sondern auch fast schon friedliche Momente, in denen Annies Verhalten Paul gegenüber fast schon liebevoll wirkt. Kein Wunder also, dass sich dieses Buch mindestens genauso pervers und faszinierend anfühlt wie Annie Wilkes selbst, deren Psychopathie wirklich gut und überzeugend gezeichnet ist.
Das Finale kann einen auch wirklich packen und lässt einen an vielen Stellen wirklich nach Luft schnappen, besonders da man sich kaum ein gutes Ende für den Bestseller-Autor vorstellen kann. Annies Neigung zur Gewalt tritt immer öfter in Erscheinung und die Wahrscheinlichkeit auf ein Happy End werden immer geringer. Genau deswegen ist Pauls Plan einfach nur genial und führt zu einem Kampf, der einen Seite nach Seite umschlagen lässt und mit mehreren Wendungen eine Achterbahnfahrt der Gefühle im Leser verursacht. Was fast noch besser ist, ist das Ende, das in einer herrlich melancholischen Stimmung beschrieben ist und einen erkennen lässt, dass einem der unsympathische Paul doch ein wenig ans Herz gewachsen ist.




Alles in allem ein King, der durch seinen klaustrophobischen Raum und den Fokus auf die Charaktere sehr überzeugen kann. Es gibt selbstverständlich die ein oder andere merkwürdige Formulierung von King, die allerdings sehr vom Geschmack des Lesers abhängt und ansonsten in seiner Langatmigkeit wirklich hilfreich ist, um die Beziehung der beiden Figuren zu verstehen. Man spürt nicht nur den psychologischen Horror hinter dieser Situation, sondern auch den Horror der Gefangenschaft, aus der man entkommen will. Abgerundet mit Annie Wilkes, einer 1A Psychopathin mit depressiven und manischen Episoden einfach ein Buch, das ungewöhnlich spannend und längenlos für diesen Autor ist und das Interesse des Lesers fast nonstop halten kann. Definitiv eine Empfehlung für alle Leser, die Charaktere mit psychischen Krankheiten, Potential zur Identifizierung und neben ein wenig Gore auch philosophische Gedanken übers Schreiben suchen, und das in all seiner perversen Kombination!




Ich gebe dem Buch:


♥♥♥ Herzchen


Extra:


Andere Rezensionen zu von mir gelesenen King-Büchern findet ihr hier:


(Ansammlung von vier Kurzromanen mit ziemlich schwankender Qualität) 


Shining ☆☆☆☆
(Ein Familiendrama mit Horrorelementen, in denen ein Hotel mit böser Seele versucht, die Seele eines Jungen mit telekinetischen Fähigkeiten anzuzapfen und seinen Vater in den Wahnsinn treibt.)

Doctor Sleep ☆☆
(Ein Sequel zu Shining, in dem es um besagten kleinen Jungen geht, der nun mit Alkoholproblemen zu kämpfen hat und ein kleines Mädchen mit Fähigkeiten vor einer Bande Rentnervampire retten muss. Vielleicht merkt man es, ich mochte das Buch nicht ;))

Joyland ☆☆☆
(Ein junger Erwachsener nimmt einen Job im Freizeitpark an, in dem angeblich ein echter Geist im Spukhaus sein Unwesen treibt. Hauptsächlich geht es aber um die Coming-of-Age-Elemente, also ist das weniger als Horrorroman zu sehen.)


CU
Sana

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