Donnerstag, 7. Februar 2013

♥I wish ya a polish christmas ...♥

Hallo, meine Leserchens und Bloggerchens!

Wie versprochen gibt es heute mal den Bericht darüber, wie ich meine drei Wochen Weihnachtsferien denn genau verbracht habe, und dazu auch noch eventuell in einem anderen Post einige Fotos und eventuell Videos, falls mein PC und/oder Smartphone denn nicht anfängt, wieder mal ein zickiges Eigenleben zu entwickeln.
Also, erst einmal zur Hinfahrt:
Noch nie war unser kleines Auto, das wir immer Käfer nennen, so voll beladen mit Gepäck, Proviant und Geschenken. Woran das liegen könnte? Weil wir, wie diejenigen, die meinen Blog regelmäßig lesen, wissen, drei kleine Kinder mit Spielzeugen zu versorgen haben, wenn wir ankommen. Zusätzlich hatten eine meiner Tanten und meine Oma noch Geburtstag, was bedeutet, dass wir zusätzlich zu den Weihnachtsgeschenken auch noch Geburtstagsgeschenke mitbringen wollten. Und was die Weihnachtsgeschenke betrifft: In Polen ist Weihnachten, wie auch in Deutschland, ein sehr inniges Familienfest, allerdings ist zumindest bei uns nie die ganze Familie im Haus, die kommen dann in den folgenden Weihnachtstagen bis Silvester.
Und wenn man sich alle Personen zusammenaddiert, dann mussten wir etwas für meine Tante Dorota, meine Tante Gertrud (ich schreibe lieber die deutsche Übersetzung des Namens hin, wenn fremde Buchstaben vorkommen ^.^), meine angeheiratete Tante Ania, meinen angeheirateten Onkel Darius, meinen Onkel Jan, meinen angeheirateten Onkel Zbychu bzw. Zbygniew (keinen Plan, wie die deutsche Übersetzung dazu lautet O.o), meine Oma Stasia, meine andere Oma Irene, meine Kusine Martina, meine Kusine Ola, meine Kusine Edith, meinen Cousin Jakob, meinen Cousin Ralf und meinen Cousin Bartek (ich glaube, die deutsche Übersetzung wäre Bartimäus, aber das klingt ein wenig bescheuert) Geschenke mitbringen - plus die Geschenke, die meine Mama, mein Papa und ich füreinander gekauft haben.
Plus Wurst und Ariel, weil es irgendwie Tradition ist, das bei einem Besuch mitzubringen, und mindestens 3 Taschen Gepäck.
Ihr seht also: Das in ein so kleines Auto wie unseres zu quetschen war gar nicht so einfach. Die ganze Garage war voll, und dazu musste ich auf Gepäck-Taschen schlafen, falls ich denn je müde wurde - und meine Füße auf den Boden des Autos legen konnte ich auch nicht, weil alles voll war mit den Geschenken des Weihnachtsmannes.
Aber obwohl das Ding so beladen war, haben wir es in nur 10 oder 11 Stunden, verbracht auf der Autobahn und auf Tankstellen, geschafft, die ungefähr 1050 Kilometer durch zu fahren.
Ebenfalls ein Rekord.

1. Tag, 22.12.12

Als wir ungefähr um sechs Uhr morgens (wir sind um ca. 19 Uhr losgefahren) angekommen sind, haben wir allerdings keine neue Möglichkeit bekommen, uns vielleicht mal auf ein Bett zu legen, dass nicht total buckelig von Reisetaschen ist, denn die Kleinen haben unsere Aufmerksamkeit sofort in Anspruch genommen - oder eher gesagt meine, denn meine Mama war damit beschäftigt, Zeit mit ihrer Schwester zu verbringen, und mein Vater war bei meiner Kusine Ola, weil er dort eben immer schläft, denn im Haus meiner Oma Stasia gibt es einfach nicht genug Platz für 9 Köpfe.
Ich habe also die ersten paar Stunden durchgehend mit den Kleinen Schwarzer Peter gespielt oder Disney-Fernsehen gesehen, bevor sie mich wieder gebeten haben, ihnen eine Gruselgeschichte zu erzählen, denn meine Kleinen fahren wirklich total drauf ab.
Also habe ich ihnen von der wahrscheinlich einzigen gruseligen Szene in Paranormal Activity erzählt: nämlich die letzte. Und dann hat Jakob, mein 6-jähriger Cousin, sich überlegt, ob wir denn nicht unsere Eltern erschrecken könnten.
Also auf, auf ins Bad! Ich habe ihn - Martina wollte nicht - mit Nivea-Creme weiße Haut verpasst und ihm noch mit Lippenstift Blut gemalt, dass ihm aus dem Mund läuft, und Gott, war das lustig, ihn meinen Verwandten vorzuführen.
Danach waren wir - wieder menschlich - auf einen Hügel Schlitten fahren gegangen, wobei wir Probleme hatten, die Schlitten aus dem sehr harten Eis zu befreien, weil sie dran-gefroren waren. Nach ein paar Schlägen mit dem Hammer und kräftigen Zügen haben wir es allerdings geschafft und uns auf den kurzen Weg gemacht - wobei ich hier mal hinzufügen muss, dass Jakob in einer Minute auf dem Schlitten öfter hinfällt, als ich atmen muss.
Außerdem haben ich und Martina ihm seine Handschuhe ihm Schnee vergraben, weswegen er dann ein paar Minuten geschmollt hat und weswegen es ein großes Donnerwetter von meiner Mama gegeben hat - allerdings waren sie leicht wiederzufinden, ein dunkles Blau das sich vom strahlenden Schneeweiß abhob.
Als wir nach einer Stunde wieder nach Hause gingen, wartete dort schon eine meiner weniger nahe stehenden Kusinen auf mich: Ala, im ganzen Namen Alicia.
Die meiste Zeit verbrachten wir beide damit, uns lustige Situationen zu erzählen, die wir in der Zeit erlebt hatten, die wir uns nicht gesehen hatten. Sie zeigte mir ein paar Videos, wo sie und ihre Freunde im Schnee Fahrrad fuhren und einer nach dem anderen hinknallten. Ala ist eine bemüht lustige Person, eine 1ser- bis 2er-Schülerin und manchmal ein wenig rechthabe- und besserwisserisch, aber ich habe sie trotzdem ganz gern. Selbst wenn sie, wenn ich und Ola zusammen abhängen, immer wie das fünfte Rad am Wagen erscheint und Ola im Allgemeinen gegen alle was hat, die sich mit mir angefreundet haben: ich finde sie cool und nett.
Und eigentlich wollte sie, dass ich sie nochmal zu Hause besuchte, bevor ich wieder nach Deutschland fuhr, aber daraus ist irgendwie nichts geworden.
Und eine Minute später, als Ala und ihre Mutter nach Hause fuhren, kamen Ola mit meinem Vater und ihre Familie vorbei. Mittlerweile war es 18 Uhr.
Was ich mit ihr gemacht habe, weiß ich nicht mehr so genau. Wahrscheinlich haben wir wie immer Blödsinn gemacht, Fern gesehen, mit den Kleinen gespielt, und wahrscheinlich Witze gerissen. Das tun wir im Allgemeinen immer, wenn wir nicht wissen, was wir machen sollen. Und um uns noch im Nachbardorf was zu essen zu holen oder auch einfach herumzuspazieren, war es bereits viel zu dunkel und kalt außerdem auch.
Ach ja, habe ich den Grund erwähnt, warum so viele Leute uns besucht haben? Meine Tante ist 33 Jahre alt geworden, meine Oma hatte am 18. Dezember Geburtstag. 76 Jahre alt. Und wir haben es alle gefeiert mit Kaffee und Kuchen (für mich war es dann eher Tee und Cookies).

2. Tag, 23.12.12

Glücklicherweise haben die Polen in diesen Feiertagen auch Ferien, denn so konnte ich an diesem Tag bereits zu meiner Kusine, als ich um 10 Uhr aufgestanden war.
Die Tage bei meiner Kusine Ola laufen eigentlich immer gleich ab: quatschen, lachen, irgendwelche schlechten Disney-Sendungen gucken und darüber Witze reißen, wie dämlich sich dort ein Charakter verhält, zwei mal zu dem Laden in ihrem Dorf rüber laufen, um uns Pepsi und Chips (letztgenanntes nur für sie) zu besorgen. Und wenn uns langweilig wird oder wir zu faul sind, um Stadt, Land, Fluss zu spielen, weil unsere Gehirne unterzuckert sind, dann setzen wir uns an den Computer und schauen uns irgendwelche Spiele und Profilseiten von Leuten an, die wir kennen. Die meisten schreiben nie was in die Beschreibung oder kopieren einen Spruch von irgendeiner Seite dort hinein. Da Ola sich seit Neuestem für Jungs interessiert, haben wir uns unter anderem auch die Bilder von ein paar Muskelpaketen oder Jungs aus den Nachbarhäusern angesehen. Die meisten tun einfach auf Gangster oder fotografieren sich mit einer Flasche Bier in der Hand ab. Nur selten haben wir wirklich schöne Fotos gesehen, beispielsweise das von einem Typen namens Paul, der am Strand lag und dabei total natürlich aussah.
Da es mir aber irgendwann zu langweilig wurde, mir Bilder von Typen anzugucken, sind wir um ungefähr 19 Uhr aus dem Haus gegangen, in den eiskalten, harten Schnee, einfach um zu gucken, ob vielleicht jemand im Club war, so wie letztes Jahr. Allerdings waren alle Straßen gähnend leer und nur spärlich beleuchtet. Wir blieben ungefähr eine Stunde draußen, verbrachten unsere Zeit auf dem Fußball- und Spielplatz, und bewarfen uns gegenseitig mit Schneebällen. Immer sind wir hin und her gerannt zwischen Olas Garten, wo der Schnee in größeren Mengen lag, und dem Spielplatz, wo man besser ausweichen konnte.
Ein etwas bizarres Szenario. Es ist dunkel, niemand ist auf den Straßen, und wir beide beschmeißen uns kreischend vor Lachen mit harten Schneebällen, während uns jeder hören kann.
Es war irgendwie ein kleiner Kick, obwohl ich nicht weiß, ob ich mit jeder Person einen solchen haben könnte.
Ach ja, außerdem habe ich Ola mein selbstgemachtes Geschenk rüber gebracht: ein kleines Notizheftchen, zusammengeklebt aus Pappe, kleinen Seiten und hin und wieder auch glitzernden Sternchen. Und ganz vorne wir beide, als wir noch Babys waren. Oder jedenfalls etwas jünger. Unser absolutes Lieblingsbild, von dem ich sogar drei Kopien habe.
Allerdings habe ich sie schwören lassen, dass sie es erst an Heiligabend aufmacht, zur Bescherung, damit ,der Zauber erhalten bleibt'. Das ging ihr etwas gegen den Strich, vor allem, weil sie nur Geld für mich hatte, denn ihre Eltern haben ihr nicht erlaubt, dass sie mir ein Buch kauft, aber sie hat sich trotzdem gefreut.
Erst um ungefähr zehn Uhr abends bin ich nach Hause gekommen und dann auch schon direkt ins Bett gefallen.

3. Tag, 24.12.12

Heiligabend war aufregend und vor allem chaotisch, meiner Meinung nach; genau so, wie eine Weihnachtsstimmung sein sollte. 
Wir verbrachten den Tag damit, den imposanten Weihnachtsbaum zu schmücken, den Onkel Darius besorgt hatte, wobei man Edith ständig von dem Lametta fernhalten musste, weil sie es sich ständig in Mund und Nase steckte. Irgendwie hat sie eine kleine Obsession bei dem Zeug. Meine Oma Stasia, Tante Dorota und meine Mama waren den größten Teil des Tages über mit dem Zubereiten der weihnachtlichen Mahlzeiten beschäftigt, die sich aus Fisch, Nudeln, Bigos und Pirogen zusammensetzte. Für mich ist das Weihnachtsessen meistens übrigens ein Graus, weil ich ein Mensch bin, der so gut wie nie solche Gerichte wie Fisch oder Bigos ist, bei den Pirogen kam es darauf an, was genau drin war - weil allerdings kein Fleisch an Heiligabend erlaubt ist, konnte ich wiederum nur die Nudeln anrühren - und wenn man in Polen nicht so viel isst, dann regen sich die Verwandten mehr als nur auf. Allerdings haben sie im Laufe der Jahre akzeptiert, dass mein Gerichtgeschmack sehr wählerisch ist und haben sich weniger drüber aufgeregt als sonst.
Der Familiensinn, hach ja ♥
Als der Weihnachtsbaum geschmückt war, haben mir die Erwachsenen aufgetragen, auf die Kleinen aufzupassen - was bei drei Stück, die hyperaktiv sind, gar nicht mal so einfach ist. Erst habe ich es mit Musik probiert, allerdings wurde ihnen das schnell zu langweilig, und auch ich hatte langsam die Schnauze voll, ständig Gusttavo Lima abzuspielen. Dann habe ich angefangen, eine Kissenschlacht zu veranstalten, die allerdings wegen zu hoher Gewalt und Geheule abgebrochen werden musste, sodass wir schließlich dazu gekommen sind, den Film über diesen Chihuahua namens Cloe zu gucken, der von Beverly Hills auf einmal nach Lateinamerika oder Mexiko verschleppt wird. Das war eine gute Beschäftigung, weil auch die kleinste von ihnen (Edith) fasziniert war von dem sprechenden Hund - und bis sie duschen mussten, hatte ich es immerhin hinbekommen, sie ruhig zu halten, aber danach gab's kein Entrinnen mehr. Sie sind um den Esstisch im Wohnzimmer herumgetanzt und haben alle paar Minuten gefragt, wann sie denn endlich die Geschenke aufmachen dürfen, was in diesem Alter ja am wichtigsten ist.
Nach ungefähr einer halben Stunde, in der auch mein Vater aus Olas Dorf zu uns gefahren ist, haben wir mit dem Gebet angefangen (das mein sehr monoton lesender Onkel Darius vorgelesen hat), was um die zehn Minuten gedauert hat, und danach haben wir die Hostien miteinander geteilt, eine Tradition bei uns, bei der man von Geliebtem zu Geliebtem geht und ihm alles Gute wünscht, beispielsweise gute Freunde, dass der Geliebte eine Gehaltserhöhung bekommt, dass nicht mehr so viel gestritten wird, und als Zeichen unserer Einheit teilen wir Hostien miteinander, brechen also ein Stück ab und geben es unserem Gesprächspartner. Ich habe allen Glück, Gesundheit und ein wenig Ruhe vor den Kids gewünscht, und mir haben alle 6er gewünscht - was immer lustig ist, weil meine Verwandten nie wissen, ob sie mir eine deutsche 1 (die ich als polnische 6 verstehe) oder eine polnische 6 (die ich als eine deutsche 1 verstehe) wünschen sollen und ich sie danach immer verbessern muss.
Danach haben wir gegessen und uns währenddessen etwas unterhalten, und danach ging es natürlich an die Geschenke! Was ich bekommen habe, habe ich ja bereits vorgestellt, also will ich euch mitteilen, was meine Familienmitglieder bekommen haben (jedenfalls das, an was ich mich speziell erinnere):

Meine Mama: ein paar Ohrringe, Parfüm, ein Portmonaie
Mein Vater: ein sehr elegantes Hemd, ein langärmliges T-Shirt
Jakob: ein ferngesteuertes Rennauto und einen Tischfußball-Platz
Martina: eine ganze Tasche an Schminkutensilien, ein Mikrofon, das aufnehmen kann
Tante Dorota: ein sehr schönes, lavendelfarbenes, langärmliges T-Shirt
Oma Stasia: ein paar Socken und ein neues Nachthemd
Edith: einen Frosch, der ein lustiges Liedchen singt und dabei läuft und sich manchmal auch dreht + ein Mikrofon, das drei verschiedene Lieder abspielt
Onkel Darius: ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung xD ich glaube aber, ein T-Shirt

Danach haben wir noch versucht, ein paar Weihnachtslieder zu singen, aber die Mehrheit wollte den Tischfußball-Platz aufbauen und spielen, also bauten Onkel Darius und mein Vater ihn in ca. 20 Minuten auf, sodass wir an diesem Abend noch ein paar Partieen spielen konnten, bevor wir zum Mitternachtsgottesdienst gehen würden. Ich spielte zwei mal mit Jakob gegen unsere Väter, und danach einmal mit meinem Vater gegen Jakob und meinen Onkel. 2: 1 gewonnen, wobei man mit einrechnen muss, dass Edith die meisten unserer Spieler gefoult hat, indem sie den kleinen Ball gepackt hat und mit diesem weggelaufen ist - ca. 15 mal.
Nach den Partieen sind wir in die Kirche gegangen, wo noch mehr Leute waren, als es normalerweise schon sind; es gab sogar keine Stehplätze mehr und um die zehn Leute mussten von draußen zuhören. (Es ist allerdings nur eine sehr kleine Kirche.)
Ola, ich und die Kleinen saßen in einer Bank nebeneinander, unsere Eltern und der Rest der Familie direkt hinter uns. Ich erinnere mich daran, dass diese gesamte Atmosphäre in der Kirche so gemütlich und heimisch war; die Lichter, die von der Krippe ausgingen, die kräftige, aber gleichzeitig auch sanfte Stimme des Pfarrers, die ganze Gemeinde, wie sie zusammen sangen und sich die Hand reichten. Alles so geordnet und ruhig, während mir schon halbwegs die Augen zufielen. Und obwohl die Kirche an diesem Tag nicht beheizt wurde, war mir warm und einfach schön zumute, wie nach einem harten Tag in der Schule und man froh darüber war, endlich ins warme, gemütliche Bett gehen zu können und die Matheformeln für ein paar Stunden zu vergessen.

4.Tag, 25.12.12

Den ersten Weihnachtstag verbrachte ich hauptsächlich damit, alle Besucher von vorne bis hinten zu bedienen, Geschenke entgegen zu nehmen und mit meinen Cousins und Kusinen auf einem kleinen Sofa zusammengedrängt zu sitzen.
Warum?
Nun, ich habe ja bereits erwähnt, dass die Familie an Heiligabend zwar nicht vollständig ist, sondern immer in den jeweiligen Häusern bleibt, sie aber in den nachfolgenden Weihnachtstagen zu einem gemeinsamen Essen zusammenkommt - und dieses Essen findet am ersten Weihnachtstag immer im Haus meiner Oma Stasia statt.
Ola und ihre Familie sind schon um 13 Uhr gekommen, weil sie noch beim Zubereiten helfen wollten, während ich und Ola unseren typischen Beschäftigungen nachgingen, z.B. Stadt, Land, Fluss ohne Stadt und Fluss oder Partnervermittlung spielen. Tante Gertrud hat übrigens immer einen gewaltigen Appetit, weswegen wir bis 14 Uhr nochmal zwei Teller von Essen zubereiten mussten - das, was meine Tante Dorota und Mama nämlich vorbereitet hatten, landete in Tante Gertruds Magen. Onkel Darius holte währenddessen seine Mutter und seinen jüngeren Bruder Christian aus der Stadt zu uns.
Dann, pünktlich um 14 Uhr, kamen die Gäste durch die Tür.
Christian war wie immer desinteressiert und spielte die ganze Zeit an seinem neuen Handy herum (das hatten er und Onkel Darius gemeinsam), und Onkel Darius' Mutter war so gezwungen fröhlich wie immer; wenn nicht sogar noch gezwungener. Ihr Mann ist nämlich vergangenen Jahres gestorben, einfach so auf dem Weg zu der Arbeit, an einem Herzinfarkt, und ich glaube, weder sie noch Onkel Darius haben das richtig verdaut. Ich habe dem Mann nicht sonderlich nahe gestanden, er war ganz lustig und offen und konnte eine Menge essen, aber sonst wusste ich nichts über ihn oder sein Leben. Trotzdem habe ich geweint, und wenn man einen Menschen gut kennt, weint man gleich zehn Mal mehr.
Christian ist das meiner Meinung nach egal. Ihm ist eigentlich alles egal, was nicht mit ihm und seinem Spaß zu tun hat.
Und dann kam noch der Bruder meiner Mama, Onkel Jan, mit seiner Familie. Er war wie immer gut drauf und redete viel und laut, und egal, wie oft ich ihn sehe, ich werde mich immer darüber ärgern, dass ich ganze 30 Zentimeter kleiner bin als er. (Sogar Ola ist mittlerweile größer als ich! Herrgott nochmal, wie mich das nervt! :D) Seine Frau Ania hat die Nase während dem gesamten Tag ein wenig zu hoch getragen, aber wenigstens hatte sie ein Lächeln aufgesetzt, das nicht zu arrogant war.
Und glücklicherweise hatten die beiden ihre beiden Söhne dabei, die noch bei ihnen zuhause lebten: Ralf (22) und Bartek (14). Als ich die beiden gesehen habe, bin ich sofort auf sie losgestürmt und habe mich von ihnen in der Luft umherwirbeln lassen; bei ihnen ist es nicht ganz so schlimm, dass sie solche Riesen sind und mich immer Ihr Kleines nennen. Wenn ich schon die Favoriten meiner Cousins wählen müsste, dann wären es definitiv diese beiden, weil man mit Ralf eine Menge Spaß haben kann und er dich in ein Gespräch mit einbezieht, wenn er sieht, dass du dir unwohl vorkommst in diesem Kreis der Erwachsenen, der nur redet und redet, und du nur daneben sitzt und auf den leeren Teller starrst. Außerdem kann er richtig witzig sein und ,prügelt' sich immer mit Bartek, wie es für Geschwister eben üblich ist, wobei ich ihm immer gerne helfe.
Bartek war bei unserem Treffen aber irgendwie sehr zurückgezogen und hat kaum mit uns gesprochen, als wären wir gar nicht da. Eigentlich wundert mich das nicht, weil er total unter dem Pantoffel seiner Mum steht und wahrscheinlich Angst hat, dass sie was dagegen hat, dass er mit mir oder Ola spricht. Wären wir in einem anderen Raum gewesen, hätte er vielleicht gesprochen, aber so hat er einfach nicht die Eier dazu.
Wenigstens konnte ich ihm bei einer Partie Tischfußball zeigen, dass ich mich nicht mit Schweigen zufriedengebe.
Außerdem kamen noch ein paar Stunden später Kamil und seine Frau Violetta, womit wirklich die wenigstens gerechnet haben. Violetta wusste am Anfang gar nicht mehr, wer ich überhaupt war, und ich glaube, sie erinnert sich immer noch nicht daran, dass ich auf ihrer Hochzeit war. Ich habe erfahren, dass sie Grundschullehrerin ist und gut damit zurechtkommt. Was Kamil, der älteste aus der Familie von Onkel Jan, angeht, so habe ich keine Ahnung, was er gerade treibt. Aber er ist immer noch so cool wie vor seiner Heirat, immer noch hat er eine große Klappe, immer noch ist er ein Witzbold.
Einige Dinge bleiben eben immer gleich.
Es hätte nur noch Natalie mit ihrem neuen Freund gefehlt und ihrer Tochter Magda. Aber dann hätte es nur Spannungen gegeben, weil ihre Eltern, Jan und Ania, sich für die Ehebrecherin und dafür, dass sie ihr zweites Kind bei ihrem Exmann gelassen hatte, schämten.
Streit wäre an Weihnachten nicht so toll gewesen.

5.Tag, 26.12.12

Am zweiten Weihnachtstag waren wir alle bei Ola, wo ein prunkvolles, sehr lecker aussehendes Mahl auf mich und meine Familie wartete. Nudeln mit einer himmlisch lecker aussehenden Soße, Kartoffeln, Bigos, Gulasch, Cola, Fanta, Orangen- und Apfelsaft - es sah einfach köstlich aus! Diesmal konnte ich auch etwas mehr essen als nur ein paar Nudeln, weil ich ein Riesen-Kartoffel-Fan bin. Ich habe an einem Ende der Tischreihe gesessen, zu meiner Rechten mein Vater und zu meiner Linken Tante Dorota mit Edith auf dem Schoss, die sich die ganze Zeit mit Pilzsoße bekleckerte und das sehr lustig fand.
Als ich mit Essen fertig war, bin ich mit den Jüngsten in Olas Zimmer gegangen und dort haben wir Fernsehen geguckt, wobei sie sich wie verrückt an mich geklammert haben, als wir The House Of Anubis schauten und dort eine Leiche die Augen aufgemacht hat und auf die Kamera zugelaufen ist. Sie haben einen Mordsschrecken bekommen, vor allem Martina, die mit großen Augen herum erzählte, dass sie eine ,nicht-tote' Leiche im Fernsehen gesehen hat.
Und sofort fielen alle Blicke auf den bekannten Horrorfilm-Fan: Mich!
Und dies war auch der erste Tag, an dem Edith mich mal nicht gehasst hat, denn die Kleine hat eindeutig etwas gegen mich. Immer, wenn ich sie in die Arme nehmen will, sagt sie laut ,,Nee'' (ihr erstes und bis jetzt am häufigsten benutztes Wort) und rennt mit ihren süßen, tapsigen Schritten davon. Wenn ich auch nur auf sie zugehe, rennt sie sofort weg zu meiner Mum, die alle Kids gern haben, und umarme ich mal meine Mum, dann schlägt die Kleine mich und versucht, mich wegzuschupsen.
Nein, an diesem Tag hatte sie eine so gute Laune, dass sie sich von mir durchs Haus jagen ließ und dabei so strahlend lachte, wie nur kleine Kinder es tun können. Einmal versteckte ich mich sogar im Badezimmer, und als die Kleine da rein gelaufen kam um zu gucken, wo denn der Hunter bleibt und sich verwirrt umgesehen hat, bin ich aus dem Versteck herausgesprungen und sie ist schreiend und kichernd weg gerannt.
Dann gab es dieser Tage einen großen Zungenbrecher-Wettbewerb, der sehr lustig war, vor allem deswegen, weil die Männer immer alles falsch gesagt haben, und danach noch sind Ola und ich raus gegangen, um uns Pepsi zu besorgen.
Alles in allem ein lustiger Tag, der spät zu Ende gegangen ist.

6.Tag, 27.12.12

Von diesem Tag weiß ich ehrlich gesagt nur noch, dass Ola bei uns war, wir unsere typischen Sachen getan haben und uns Pepsi aus dem Nachbardorf links von dem Dorf, in dem ich wohne (Ola wohnt rechts von diesem Dorf), wobei wir auf dem Weg immer wieder das Gefühl hatten, dass uns irgendjemand verfolgt. Vielleicht haben wir einfach Paranoia oder vielleicht liegt es auch daran, dass oft Geschichten über eine gewisse Familie verbreitet werden, und die uns auch schon jahrelang eingetrichtert wurden und wir immer an ihrem großen, kahlen Haus vorbeigehen müssen, wenn wir nach Wysokie (ausgesprochen: Wysokje) rüber latschen. Ich achte normalerweise nicht sonderlich auf Gerüchte, aber das Haus sieht irgendwie so gruselig aus, wie es dort mitten in der Pampa steht, der Garten eigentlich gar kein Garten, sondern mehr eine Ruine für Pflanzen ist, und gesehen habe ich dort auch nie jemanden. Ich kenne zwar den Jüngsten der Familie, weil er Messdiener in der Kirche ist, aber wie gesagt, das Haus scheint irgendwie tot zu sein.
Vielleicht lag es aber auch einfach an der Atmosphäre. Es war sehr schwül, und überall lag dieser graue Matsch herum, der vom Schnee immer übrig bleibt, und dazu sieht man gar niemanden auf der Straße und Straßenlaternen gibt es auch nicht, obwohl es bereits etwas dunkler geworden ist.
Nach einem netten Plausch mit der Kassiererin über Schule und das Wohlergehen unserer Eltern, die sie noch aus ihrer Schulzeit kennt, sind wir dann wieder nach Hause gelaufen, allerdings waren wir viel weniger nervös und haben sehr viel herumgealbert. Wie ich bereits sagte, Pepsi hat eine sehr merkwürdige Wirkung auf uns.
Und als wir dann nach ungefähr einer Stunde außerhalb des Hauses wieder da waren, fragte uns Jakob, wie wir denn gewesen waren, und da ich sehr lustig drauf war, erzählte ich ihm, dass wir mit zwei anderen Freunden auf den Weihnachtsmann mit seinen Rentieren getroffen sind und dieser uns auf eine Spritztour quer durchs All mitgenommen hat - ja, Jakob, sogar auf der Sonne sind wir gewesen - und es war urkomisch zu sehen, wie er ständig schrie Es gibt doch keine Rentiere hier! Was redet ihr für Unsinn?! und wir immer wieder bei dieser offiziellen Version geblieben sind. Martina hat sich kugelig gelacht deswegen.
Rentiermilch hat eben eine sehr alkoholische Wirkung. ;)

2. Woche, 29.12.12 - 05.01.13

In dieser Woche habe ich ehrlich gesagt nicht viele Anhaltspunkte gesammelt, außer eben Silvester und den Geburtstag von Ola, da ich mir so gut merken konnte, was wir taten, weil ich Fotos gemacht oder ein kurzes Video aufgenommen habe, allerdings hat mein Smartphone eine überstrapazierte SD-Karte, weswegen ich ein wenig knobeln musste, bis ich den Dreh raushatte, wie man die Bytes sparen kann.
Jedenfalls sind wir einen oder zwei Tage vor Silvester in eine Kirche in einem weit entfernten Vortort eingeladen worden, weil mein Onkel Jan einen Gedenkgottesdienst für meinen vor meiner Geburt verstorbenen Großvater veranstalten wollte. Dazu hatte er mich, Mama und Papa, Tante Dorota und ihre Familie, und auch Olas Familie eingeladen, sodass wir alle zusammen in zwei Autos losfuhren. Einige Navigationsschwierigkeiten und Chartsongs später waren wir also schließlich angekommen.
Zuerst war ich sehr überrascht, weil sich die Kirche mitten in einem Wald befand, und dazu noch neben einem alten Friedhof lag. Mein Großvater lag dort allerdings nicht begraben, deswegen verstand ich nicht, warum er den Gottesdienst hier feiern ließ. Die Kirche war von innen zwar sehr groß und schön, und die Band, die dort Weihnachtslieder gesungen hat, war wirklich wahnsinnig toll, allerdings grübelte ich die ganze Zeit darüber nach, warum mein ,glamouröser' Onkel einen Gottesdienst für seinen Vater mitten in der Pampa abhielt.
Während der Predigt - das gebe ich zu - stiegen mir sogar ein paar mal die Tränen in die Augen. Der Pfarrer redete davon, dass Kinder nur dazu da sind, um sie später zu verlieren, und dass sie, je älter sie sind, immer unabhängiger von den Eltern werden.
Während ich die Tränen unterdrückte, hatte ich Martina fest an mich gedrückt. Nein, ich habe nie gewollt, unabhängig von meiner Mama oder meiner Familie zu werden. Wenn ich da auch noch ,rauswachsen' würde, hätte ich nämlich zu wenig.
Als der Gottesdienst schließlich vorbei war, kam ich dahinter, warum der Gottesdienst hier stattfand, an einem gruseligen und auch etwas trübseligem Ort.
Jakobs, Martinas und Ediths Großvater - den, den ich vor ein paar Tagen erwähnt habe - liegt hier begraben, und mein Onkel wollte den Kleinen die Möglichkeit bieten, ihn zu besuchen.
Ich fand das so wahnsinnig rührend und hatte eigentlich vor, ebenfalls noch auf den Friedhof zu gehen, aber dann hätte ich wahrscheinlich einen Zusammenbruch erlitten, und heute wollte ich nicht weinen.
Also fuhr ich im Wagen meines Vaters mit meiner Mama, Ola und ihrer Mutter zu Onkel Jans kleiner Villa, während Martina und ihre Geschwister zusammen mit ihrem Vater Abschied nahmen.
Onkel Jan war schon immer derjenige aus der Familie, der am wenigsten finanzielle Probleme hatte - zumindest beklagte er sich nie. Und ihr Haus sah für mich manchcmal wie ein Palast in Mini-Format aus, weil die Wohnung, die sie in diesem Villa-ähnlichen Haus hatten, zwar klein, aber sehr fein eingerichtet war. Piekfein, aber trotzdem noch irgendwie gemütlich. 
Eine Weile saßen wir nur am Esstisch und sahen meinem Onkel und seiner Familie dabei zu, wie sie uns Essen auf den Tisch stellten und wir uns fühlten wie edler Adel. Nebenbei redeten wir noch miteinander, bis schließlich jemand an die Tür klopfte.
Allerdings waren da nicht meine kleinsten Familienmitglieder und mein bemüht sarkastischer Onkel, sondern ein Paar (mittelalt, schätzte ich) mit einem sehr pummeligen, kleinen Kind. Ich hatte nicht den geringsten Schimmer, wer diese Leute waren, bis meine Mum mich schließlich von meiner Unwissenheit erlöste: Diese beiden waren ein Onkel und eine Tante von mir, die mich allerdings seit der Hochzeit von Natalie vor sechs Jahren nicht mehr gesehen hatten. Ihr Sohn, Matthew (polnisch: Maciej), litt unter einer Krankheit, dessen Namen ich nicht mehr weiß, aber das ist auch nicht das Wichtigste. Das Wichtigste und Schlimmste ist, dass der kleine Junge, nur neun Jahre alt und fünfundfünfzig Kilo schwer, eine schwere Behinderung hat. Er kann nicht reden, sondern nur Laute ausstoßen, und die Tabletten, die der Kleine schlucken muss, haben ihn übergewichtig gemacht.
Mir tut Mattie Leid. Ich kenne ihn zwar so gut wie gar nicht, trotzdem habe ich mich an diesem Abend um ihn gekümmert. Wenn er ein Stück Kuchen wollte, ging ich es ihm holen, und wenn er satt war, obwohl nicht mal das halbe Stück Kuchen verschwunden war, ging ich geduldig damit um. Ich half ihm hoch, als er hingefallen ist, und ich lächelte und redete mit ihm, wenn ich diesen frustrierten Blick in seinen Augen gesehen hatte, als ich, Ralf, Bartek und Ola im Wohnzimmer zusammen saßen, aßen und redeten, und er sich nicht zugehörig fühlte.
Schließlich wurde der Kleine so zutraulich, dass er die ganze Zeit neben mir saß und sich manchmal auch an mich kuschelte.
Ola sah mich an, als hätte sie Angst um mich, als wäre Mattie etwas Gefährliches. Ola war schon immer eher ein rationaler Mensch gewesen und fürchtet sich deswegen vor solchen Phänomenen oder überhaupt Zuneigung. Ich verstehe das meistens eigentlich gut, aber trotzdem kam ich mir total verrückt vor, weil ich die einzige war, die sich mit dem Kleinen wenigstens etwas beschäftigte und nicht nur sagte Nein, du darfst das nicht. Versteht mich nicht falsch, meine Cousins sind keine Arschlöcher, aber ... vielleicht kann ich einfach am besten mit solchen Menschen umgehen und sie haben mir deswegen das Ruder über Mattie überlassen.

Ich sah ihn nur an diesem einzigen Tag, aber er hatte mich eventuell auf eine mögliche Zukunftsidee für mich gebracht. Lebenshilfe. Psychologin. Sozialarbeiterin. Das klingt irgendwie nach mir, und Mattie hat mir das gezeigt.


Aber reden wir über Silvester, den Abend, auf den die ganze Menschheit ein gesamtes Jahr wartet!
Wir alle hatten uns unsere Vorsätze für diesen Abend zurechtgelegt: Nicht zu viel trinken, Spaß haben, und natürlich lange genug wach bleiben, weswegen uns die Recycler bestimmt dankbar sind, denn ich, Ola und vor allem Jakob haben an diesem Tag drei 1,5-Liter-Flaschen Hoop-Cola ausgetrunken und waren deswegen total aufgedreht.
Jakob ist in diesem Jahr (also 2012) sechs geworden, und deswegen war er wild entschlossen bis Mitternacht durchzuhalten, um zum ersten mal das Neujahr-Feuerwerk mitzuerleben.
Die ersten Stunden des Tages verbrachte ich bei Ola, um mit ihr darüber zu spekulieren, ob wir bei ihr oder bei mir feiern sollten, denn wir haben noch kein einziges Silvester zusammen verbracht, und das sollte sich unserer Meinung nach ganz dringend ändern!
Nun ja, die dritte Möglichkeit, war doch auf die Fete von Olas Kumpel David zu gehen, obwohl wir im Voraus wussten, dass es die reinste Sauferei werden würde - und da ich und Ola keinen Alkohol tranken, wären wir bestimmt negativ aufgefallen. Der Grund, warum sie dort unbedingt hingehen wollte, war natürlich der für sie überaus anziehende David, ich allerdings wollte da nicht wegen Jungs hingehen (jedenfalls nicht nur!), sondern, weil es meine allererste Party gewesen wäre. Klar, ich war schon oft auf Hochzeiten und Geburtstagen und habe einmal sogar gefeiert, bis die Sonne wieder aufgegangen ist (6 Uhr früh, fucking shit! :D), aber es waren Partys, die von Erwachsenen veranstaltet wurden.
Das hätte eine Jugendlichen-Party werden können.
Aber schließlich entschieden wir uns für mein polnisches Zuhause, weil es dort nicht zu krass abgehen und mit den Kleinen viel spaßiger werden würde.
Und es war tatsächlich ein gewaltiger Spaß!
Einige polnische Sender senden nämlich live das große Silvester-Konzert, wo von den frühen 30er Jahren bis zu unserer modernen Zeit (oder war es doch anders rum?) alle Hits der Welt entweder in Musicvideos gezeigt oder live vorgesungen werden. Somit hatten wir sozusagen den ganzen Tag nur VIVA und 4.fun auf nahezu allen Kanälen!
Es gab natürlich mal wieder Essen, allerdings waren ich und Ola und die Kleinen eher damit beschäftigt, zu den poppigen Songs zu tanzen - oder in meinem Fall: zu hüpfen und den Hampelmann zu spielen -, wobei ein Außenstehender wahrscheinlich wirklich gedacht hätte, das seien absolut volle Kinder. Die Erwachsenen sangen eine Weile nur die Lieder mit, die sie kannten und die sie an ihre Jugend erinnerten, aber schon bald tanzten wir alle - außer meiner Oma, aber das ist ja verständlich - durchs ganze Haus, ließen meinen Vater Fotos machen (die könnte ich reinstellen, werde ich aber nicht, weil diese Fotos einfach schlecht gemacht sind, noch schlechter als wenn ich fotografiert hätte!) und tanzten sogar irgendwann den Conga.
Irgendwann hatten die erwachsenden Leute keine Lust mehr, allerdings tanzten ich und Ola in der Küche weiter, wobei wir allerdings Songs auflegten, die nicht aus dem 20.Jahrhundert waren. Und irgendwann kam Ola auf die flippige Idee, dass wir die Musik mit nach draußen nehmen und bereits um 23 Uhr anstatt um Mitternacht raus zu gehen, weil sie zufällig gesehen hatte, dass Adam und Patrick - zwei der größten Idioten weltweit - hier herumspazierten und kleine Feuerwerke in Flaschen steckten und diese danach in den Mülleimer oder in die Bäume um sich herum warfen und dabei zuschauten, wie das Glas zerbarst. Und anscheinend wollte Ola zeigen, dass wir ebenfalls so ,taff' waren.
Allerdings wirkten wir am Ende unserer Reise durch die Nacht eher wie hysterische Feiglinge als taffe Mädchen. Nachdem wir uns die Erlaubnis unserer Familie geholt hatten, raus zu gehen, gingen wir ein paar Minuten einfach nur spazieren. Ich fand es schön, dass mir die Dunkelheit wenigstens ein mal nicht so viel Angst machte wie sonst. Vielleicht lag es an der etwas spärlichen Straßenbeleuchtung, vielleicht an den nahe liegenden Häusern unserer Nachbarn, vielleicht lag es auch einfach nur an Ola. 
Allerdings haben wir ungefähr das halbe Dorf durchgelatscht, bis wir auf einmal ein Knallen hörten. Ich drehte mich ein wenig im Kreis, um zu sehen, wer hier diesen Lärm machte, Ola allerdings war bereits wie der Blitz nach Hause gezischt, kaum dass sie das Geräusch gehört hatte.
Als ich sie schließlich einholte, saß sie schwer atmend auf der Treppe, die Arme um sich geschlungen, die Augen weit aufgerissen. Ich fragte sie, warum sie so reagiert hatte, und sie meinte daraufhin nur, dass sie Angst gehabt hätte, und das so kleinlaut, dass ich nicht anders konnte, als eine Weile zu lachen.
Und weil Ola so einen Schiss hatte, saßen wir bis zehn vor zwölf einfach auf der Treppe meines kleinen Hauses und hörten Musik von meinem Handy und lachten auch sehr viel und sehr laut, wenn wir wieder ein Geräusch hörten und etwas hysterisch reagierten. Wir haben zwar nicht geschrieen oder so, aber na ja ... was soll man schon erwarten, wenn man seine größte Angst vergisst und sich dann mittendrin in ihr befindet?
Um fünf Minuten vor Mitternacht gingen wir schließlich zusammen mit der Familie (und Jakob, der es doch tatsächlich geschafft hatte, wach zu bleiben, während seine beiden Schwestern schon schliefen) in die Nähe der Bushaltestelle inmitten unseres Dorfes, weil wir dort immer unsere Feuerwerke abschossen. Es war verdammt dunkel und die Straßenbeleuchtung merkwürdigerweise vollkommen aus (vielleicht haben Adam und Patrick ihr Feuerwerk da rein geworfen?), sodass es noch viel schöner war, die goldenen, neongrünen, pinken und blauen Feuerwerke zu sehen, die steil in die Luft stiegen und dann mit einem Knall explodierten. Die Nachbarn waren nicht so weit von ihrem Zuhause weggegangen wie wir, um die Raketen abzuschießen, deswegen sahen wir niemanden und konnten keinem außer uns selbst ein schönes und frohes Neues Jahr wünschen - was ich etwas traurig fand, weil es zeigte, dass das Dorf nicht mehr so stark zusammenhielt wie früher, aber so sehr stören tat es mich auch wieder nicht. Ich und Ola waren total fasziniert und schrieen mit jedem Feuerwerk ,Whoo!' oder ,Das war gut!', als ob die Leute im Nachbardorf uns hören konnten. Vor allem für den kleinen Jakob war es eine total neue Erfahrung, die bunten Lichter am Himmel zu sehen, weswegen er ein gigantisches Grinsen im Gesicht hatte und sich manchmal auch (wie meine hysterische beste Freundin) erschreckte und zusammenzuckte.
Das Spektakel dauerte nicht lange, eventuell um die 20 Minuten, aber es fühlte sich an wie zwei Stunden. Dann, als es langsam kalt wurde und die Lichter in allen Farben des Regenbogens erloschen, sind wir nach Hause gegangen. Mein Vater und Ola blieben noch ungefähr zehn Minuten, dann wollte erstgenannter unbedingt zu Ola nach Hause, weil Der, der mit dem Wolf tanzt im Fernsehen laufen sollte und er Olas Vater Zbygniew versprochen hatte, dass sie dies zusammen gucken würden. Also hieß es hasta lavista.

Und schließlich kommen wir zum letzten großen Ereignis, an das ich mich erinnere, nämlich der zwölfte Geburtstag meiner besten Freundin Ola am 4.01.2013, dem letzten Tag, den wir in Polen verbracht haben, und wegen diesen beiden Komponenten, also LETZTER TAG und GEBURTSTAG, haben wir beschlossen, heute so richtig einen drauf zu machen - jedenfalls das, was wir darunter verstehen.
Wir haben den ganzen Tag damit verbracht, uns auf die kleine Schlacht, die wir veranstalten wollten, vorzubereiten, manchmal spielten wir zur Pause Stadt, Land, Fluss ohne Stadt und ohne Fluss oder Bowling auf wyspagier.pl. Dann, um ungefähr 17 Uhr, kamen meine Eltern und meine Tante Dorota und Jakob (meine Oma blieb mit Martina und Edith zu hause), um den Erdbeer-Sahne-Kuchen zu essen, den Olas Mutter gemacht hatte und ihr ein wenig Geld und ein paar neue Klamotten als Geschenke zu geben. Ich hatte ihr eine Duschcreme geschenkt, die nach Aprikose roch, dazu Aprikosen-Shampoo und ein mildes Deo. Sie hatte sich wahnsinnig gefreut.
Nach ein, zwei Stunden stieß ich Ola mit dem Fuß an und deutete nach draußen. Ich wollte unbedingt unsere Aktion durchführen. Wir sagten unseren Verwandten, dass wir nur Pepsi holen gehen wollten, und wir hatten Glück, dass sie die zwei Rucksäcke, die wir im Bad versteckt haben, nicht entdeckt haben.
So gingen wir also raus und starteten unsere Aktion, die folgende war: In diesen zwei Rucksäcken befanden sich um die drei Dutzend Ballons, die alle mit kaltem Wasser gefüllt waren.
Zuerst sind wir raus gegangen und haben jeweils drei der Ballons (diese drei waren voller Mayo) auf die Schlafzimmer-Fensterscheiben von ein drei Leuten geworfen, denen wir noch eine Rache-Aktion schuldig waren. Da wäre zum Beispiel, Daniel, der mir einen Fußball an den Kopf geschossen hat, und seine Fensterscheibe war es, die alle am 5.Januar wahrscheinlich gesehen hatten, und auf der Fensterscheibe voller Mayo hatten wir mit unseren Fingern die Worte Gern geschehen (polnisch: Nie ma za co) geschrieben. Das Gleiche geschah mit den anderen zwei Fenstern, deren Besitzer ich jetzt allerdings nicht nennen werde.

Und danach gingen wir zum spärlich beleuchteten Spielplatz; ich hatte die Schaukel, die hintere Sitzbank und natürlich das Klettergerüst als Versteck zu nutzen, Ola die Wippe, die andere Bank und ebenfalls das Klettergerüst, was sozusagen neutrales Land war.
Jede von uns hatte um die 18 mittelgroßen Ballons, und Ziel war es, den Gegenspieler zu treffen, während dieser durchs Feld läuft, denn man konnte an den Verstecken nur zehn Sekunden bleiben.
Das Spektakel dauerte nicht besonders lange, vielleicht fünfzehn, zwanzig Minuten, aber es war ein nasser, kalter Riesenspaß, vor allem weil hin und wieder eine von uns auf dem schlammigen Grund ausrutschte. Ich hatte sie 8 mal getroffen, Ola mich 10 mal, und somit hatte sie gewonnen. Sollte sie ja auch, als Geburtstagskind. Wahrscheinlich hat das ganze Dorf unsere Schreie und unser Gekicher gehört, aber uns war es im Moment total egal. Immerhin feierten wir hier einen Geburtstag!
Völlig durchnässt und voller Adrenalin hatten wir uns danach wirklich noch zwei 0,5-Liter-Flaschen Pepsi geholt und sie ebenfalls auf dem Spielplatz ausgetrunken - jedenfalls das, was wir trinken konnten, den letzten Teil mussten wir ausschütten, weil wir uns sonst in die Hose gemacht hätten.
Es gab ein Riesen-Tohuwabohu, als wir mit nassen Haaren und triefender Kleidung wieder nach Hause kamen, allerdings konnten wir alle davon überzeugen, dass wir von irgendeinem irren Nachbarn so attackiert wurden; die Rucksäcke hatten wir in der Waschmaschine versteckt, wo sie auch vorher gewesen waren.
Und somit endete der Tag wirklich sehr gut. Wir machten selten so etwas Verrücktes, aber Geburtstage verdienten ein verrücktes Verhalten.


3.Woche 6.01.2012-13.01.2013


Die Fahrt nach Hause, also nach Deutschland, dauerte wieder ungewöhnlich kurz, aber dafür hat sich unsere gesamte Familie eine fiese Grippe eingefangen. Diese gesamte Woche - ich sogar noch eine Woche mehr, obwohl die Schule wieder angefangen hatte - lagen wir alle zusammen im Wohnzimmer im Bett, schauten Fernsehen oder spielten Karten, aber sinken wollte dieses bescheuerte Fieber trotzdem nicht. Vor allem bei Mama war es so schlimm, dass ich sie angefleht habe, wach zu bleiben, weil ich sonst dachte, dass sie sterben würde. Ganz ehrlich, ich will so ein Gefühl nie wieder erleben.
Wir gingen alle zu unserem Hausarzt, aber der war so blöd und erklärte uns, dass er uns erst irgendwelche Medikamente geben würde, wenn wir diese eine Woche Inhalation und des weiteren machen würden. Total angekotzt taten wir dies auch, aber trotzdem kehrte das Fieber immer wieder zurück, also gab er uns 1 1/2 Wochen später drei Tabletten, die wir nehmen mussten, und nur dann ging es uns auch allmählich besser.


Als Fazit kann man sagen, dass diese Ferien zwar sehr viel ruhiger waren als meine Sommerferien, ich aber natürlich trotzdem eine tolle Zeit hatte (von der dritten Ferienwoche mal abgesehen). Es war lustig und aufgeweckt und genau die richtige Stimmung für das Fest der Liebe, das Fest des Jahresknallers 2012 und die Geburtstage meiner Familienmitglieder.
Sooo, das ist jetzt sehr viel länger geworden, als ich dachte, deswegen werde ich wie gesagt versuchen, die Fotos und Videos in einem anderen Post mit einzubringen, weil ich mir Blogger aufs Handy geladen habe, dieses allerdings keinerlei Fotos hochladen will und ich das Handy irgendwie auch nicht mit dem PC verbinden kann aufgrund irgendeiner merkwürdigen Störung.


Ich hoffe, ihr hattet auch eine so schöne Weihnachtszeit und wünsche euch eine schöne Restwoche!

CU
Sana


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen