Wenn ich nicht schlafen kann, wandern alle Gedanken und Gefühle durch meinen Kopf, die eigentlich längst Vergangenheit sind.
Sie sind grau, schwarz, weiß, wenn sie traurig oder verletzend sind, die meisten Gedanken haben allerdings strahlende Farben. Jadegrün, sonnengelb, rosenrot, himmelblau, und manchmal auch orange. Die letzten beiden Farben in Kombination ergeben Dich.
Du, der mich zu allem gebracht hat, was ich je tat. Aber zu Dir komm' ich noch später.
Warum fängt der Strom der Gedanken erst dann an zu fließen, wenn ich die Augen schließe, unter einer warmen Decke begraben?
Vielleicht, weil sie die Schwärze mit bunten Tönen füllen wollen. Das Nachtschwarz, Mitternachtsblau, sieht nicht besonders vertrauenserweckend aus, man denkt nicht gerne im Dunkeln nach, vor allem dann nicht, wenn man eine gewaltige Angst davor hat.
Man weiß ja nie, ob einem im Dunkeln nicht etwas packt und irgendwohin schleift, um dich zu verschlingen.
Keine Monster. Keine Vampire, Wendigos, Werwölfe, Rachegeister, Tote, Zombies, sonst was.
Die schlimmsten Monster sind diejenigen, die wir im Kopf haben, und vor denen fürchte ich mich auch.
Vielleicht suchen uns unsere Gedanken auch deswegen nachts heim, weil wir meistens Musik hören, um einzuschlafen. Musik ist die Sprache, die Menschen sprechen, wenn sie keine Worte für ihre Gefühle haben; dann benutzen sie Töne, Melodien, andere Instrumente als ihre Stimme. Und solche Lieder wie I knew you were trouble, If I lose myself, Skinny Love, Skyscraper, Give Your Heart A Break, Heart Attack, Diary, My life would suck without you, Shut up and give me whatever you got, Sky is the limit erwecken sehr gut Erinnerungen, an die wir uns eigentlich nicht erinnern wollen. Die wir irgendwo in unserem Kopf verbannen, und uns vorstellen, wie sie dort lichterloh verbrennen, die Flammen die damaligen Gefühle vernichten, und nur noch Asche übrigbleibt. Asche, die man so leicht mit einem Atemzug in alle Richtungen verwehen kann, sodass die Erinnerung auseinanderfällt und alleine, als winzig kleines Asche-Staubkorn, kaum sichtbar ist. Die Melodie soll sie wegschweben lassen, der Text sie niederreden, die kräftige Stimme des Vokalisten soll sie verjagen.
Vielleicht machen wir uns aber genau dann Gedanken, weil wir gar nicht anders können. Vielleicht ist man in einer ähnlichen Situation und versucht sich einzureden, dass man es diesmal besser macht; dass man sich nicht zu fürchten braucht; dass es nicht exakt so ablaufen wird wie damals.
Wir lassen Gefühle Revue passieren, um zu vergleichen: Was ist genauso? Wo habe ich die Chance, etwas zu ändern? Wie kann ich mich verbessern? Wer hat den Fehler gemacht? Wenn ich es war, WARUM habe ich ihn begangen?
Es gibt so viele Fragen, die unbeantwortet bleiben, egal, wie oft man versucht, sie zu beantworten. Es kann einem Menschen nicht gelingen, sich selbst immer voll und ganz zu verstehen, weil wir selbst uns immer das größte Rätsel sind.
Die Taten, die wir tun, sind impulsiv, undurchdacht, wir wissen nicht, was in diesem Moment in uns vorging - vor allem, wenn ein Gefühlschaos in unserem Kopf herrscht und man sich ruckartig für etwas entscheiden muss.
Das, was mir nachts hauptsächlich im Kopf herumspukt, falls ich nicht einschlafen kann - das sind die Erinnerungen an Dich.
Ich liebe dich nicht mehr, nein. Da bin ich mir sogar hundertprozentig sicher - nach all dem wäre das eine Sache der Unmöglichkeit -, aber Gefühle sind nicht vergänglich. Eine Person, der man früher alles gegeben hätte, alles getan hätte, nur damit diese Person einem nur einen Hauch der Aufmerksamkeit schenkt, dich wenigstens ein Mal berührt, kann man nicht hassen. Man kann sich dies einreden, aber man tut es nie. Schon klar, wenn jemand mich nach Dir fragt, tue ich so, als würde ich Dich nicht kennen, ich sage Von wem sprichst du?, aber die Wahrheit ist: Du bist mir nicht egal. Ich mag Dich nicht mehr, ich würde, wenn ich zwischen dem Babysitten einer Klapperschlange und bei Dir abhängen zu wählen hätte, die Klapperschlange wählen, weil selbst ihr Gift mich nicht so zerstören könnte wie Deins es getan hat. Ich hege keinerlei Sympathie mehr für Dich - aber egal bist Du mir nicht. Ich weiß nach wie vor, wer und wie Du bist, ich weiß auch, wer Du warst, bevor es so kompliziert wurde, ich weiß, was du am liebsten hast, ich weiß, was du überhaupt nicht magst. Ich weiß, dass ich Dir früher was bedeutet hab', denn Du warst immer da.
Deine Arme um mich herum waren die ersten, Deine Lippen waren die ersten. Deine Liebe war die erste.
Aber trotzdem wende ich immer angeekelt den Blick ab, wenn Du meinen Weg kreuzt und mich so merkwürdig ansiehst. Ich spotte über Dich, ich mache mich über Dich lustig, es tut mir nicht weh, über Dich vor anderen zu reden, aber trotzdem bist du nachts hin und wieder in meinen Gedanken, Deine karottenroten Haare, Deine kalten blauen Augen, Dein eigentlich potthässliches Gesicht, was mir aber egal war, weil ich nur sah, dass du mein Freund warst, ein damals noch toller Mensch.
Ich frage mich so oft, was passiert wäre, wenn ich bei Dir geblieben wäre, wenn ich darauf gepfiffen hätte, was die anderen über Dich sagten, wenn es mir egal gewesen wäre, dass ich eine höllische Angst hätte, wir könnten so enden wie mein Vater und meine Mama. Ich hatte mich gefürchtet, ich hatte mich manchmal beeinflussen lassen, aber Du dich anscheinend auch, also ist es nicht meine Schuld. Du hättest auch kämpfen können.
Wenn ich dort wohnen würde, hättest Du es getan?
Wo wären wir dann inzwischen?
Wären wir Freunde, mehr als das, oder würden wir uns auch ab und zu einfach nur über den Weg laufen und schnell wegsehen, wenn einer von uns anfängt, den anderen anzuschauen?
Ich weiß nicht, was ich getan habe, dass Du mich so meidest, und nur diese eine Frage hätte ich echt gern von Dir beantwortet, alles andere ist mir egal; nur diese eine Frage, dann können wir weitermachen wie bisher.
Was wäre geschehen, wenn wir uns öfter gesehen, öfter miteinander geschrieben, viel miteinander geredet hätten?
Würdest Du dann so sein, wie Du jetzt bist? Außer Kontrolle, selbstsüchtig, nur an Spaß interessiert, jemand, der den falschen Blick hat?
Und wo würde ich dann stehen? Wäre ich immer noch verletzlich, wäre ich selbstbewusster, wäre ich nicht in eine Sucht gerutscht, aus der man nur mit großer Selbstüberwindung fliehen kann?
Alle Gedanken, die mit Dir zusammenhängen, sind schwarz-grau-weiß, und die schwerste Zeit, wo Du mir einfach etwas Widerliches an den Kopf geschmissen und mich mit einer Lüge zurückgelassen hast ... die hat keine Farbe und gleichzeitig alle. Sie sind so abgehackt und schwer zu erkennen, wie sich Dubstep anhört, wie man die Welt sieht, wenn man auf Droge ist.
Diese Erinnerungen sind keine Asche, obwohl versuche, sie zu ihr zu machen. Genauso, wie ich alle unsere Bilder verbrannt oder weggeschmissen habe, wie ich mit fast sadistischer Freude zugesehen habe, wie dein Gesicht schwarz wurde vor Flammen, und wie wahnsinnig ich wegen Dir geworden bin.
Und Du hast wahrscheinlich nicht mal 'ne Ahnung von alledem.
Ich glaube, ich lasse diese Gedanken deshalb nicht los, weil sie mich zu dem gemach haben, was ich jetzt bin, und ich bin momentan glücklich mit mir selbst. Also habe ich Dir technisch gesehen sogar etwas zu verdanken, selbst wenn es noch so widersprüchlich ist.
Du hast mir nichts gegeben, sondern immer nur genommen, mein ganzes Ich.
Außer innerer Stärke und die Kraft, darüberzustehen. Ich war broken-hearted, aber es ist Vergangenheit, und obwohl Menschen so gerne in der Vergangenheit leben, denke ich nur an sie, wenn alles farblos ist, und selbst das tut mir nicht weh. Es ist sogar interessant mir dabei zuzusehen, wie ich immer stärker werde, obwohl ich von JETZT aus betrachtet, alles anders gemacht hätte. Ich hätte erst gar nicht mit Dir geredet, weil ich solche Typen wie Dich nicht mehr anziehend finde.
Irgendwann bin ich bereit.
Irgendwann werde ich keine Gedanken mehr an uns verschwenden, nicht an dich verschwenden, nur noch an mich, mich, mich, und alles Offene wird mir egal sein.
Und dann sind die Gedanken nur noch farbenfroh, voller schöner Erinnerungen an meine Familie, meine Freunde, Momente, die leuchten und intensiver sind als jede Anziehungskraft zu dir, die ich 3 Jahre lang hatte.
Denn seien wir mal ehrlich: Der, der du warst, ist längst tot. Es ist fast so wie bei diesen roten Jungvampyren aus House Of Night - du bist eine widerliche, auferstandene Version deiner Selbst, eine verzerrte, unmenschliche Version.
Und Untotes kann man wieder tot machen, ganz bestimmt.
Meine Good-Night-Songs, bei denen man gut nachdenken kann:
CU
Sana
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