''Liebe, Liebe, Liebe. Wozu ist sie gut? Für absolut gar nichts.'' - Effy Stonem, SKINS
Diesem berühmten Zitat einer meiner Lieblingscharaktere aus dem Fernsehen stimme ich zu, allerdings mit einer kleinen Abänderung.
Liebe zwischen Familienmitgliedern ist wundervoll.
Sie lässt mich spüren, dass ich lebe. Ich liebe meine Mutter, meinen Vater, meine Kusine, meine Tanten, Onkel, so ziemlich jeden aus meiner Familie habe ich ins Herz geschlossen und kann ohne sie gar nicht mehr leben. Diese Liebe ist schön, weil es zumindest in meinem Fall eine Liebe ist, die niemals vergänglich ist, die unendlich reicht und die mir niemals wehtut. Sie erfüllt mich mit Wärme und Freude, ich wünsche mir, jeden Moment meines Daseins bei meiner Familie zu sein. Bei Kuba und Martyna, die ich, falls sie Schule haben, manchmal zur Bushaltestelle führe und sie um halb zwei zurückerwarte. Bei Ola, mit der ich immer Pepsi trinken gehe und die Einzige ist, mit der so ziemlich alles irgendwie heller, spannender und lustiger wird. Bei Onkel Darek, der manchmal viel zu sarkastisch ist, mit dem es mir aber Spaß macht, zu arbeiten. So ziemlich ständig ist mein Kopf voller Erinnerungen an sie und wartet darauf, noch mehr Erinnerungen hinzufügen zu können.
Es ist magisch und für mich die beste und stärkste Art von Liebe, weil dort alles - Mutterschaft, Schwesterliebe, Fürsorge - miteinander verwoben ist und meistens harmonisch funktioniert wie eine Maschine; kaum je gibt es ein Teil, was nicht passt und dadurch etwas nicht funktioniert.
Bei freundschaftlicher Liebe ist das schwieriger.
Man kann nie garantieren, dass alle Menschen in deinem Umkreis, die nicht zu deiner Familie gehören, dich auch mögen. Natürlich kann man das auch nicht bei der Familie wissen, aber zumindest in meinem Fall ist ein Fall des Hassens noch nie aufgetreten. Außerhalb der Familie allerdings schon. Ich teile meisten keine Erfahrungen mit diesen Menschen, finde nur schwer Gesprächsthemen außer Schule und gemeinsamen Bekannten oder Freunden, und öffnen tue ich mich auch niemals vollständig. Vielleicht weil ich etwas unsicher bin, vielleicht weil ich ein paar bestimmten Sorten von Menschen nicht traue und mir schlecht wird, wenn ich ihnen über den Weg laufe, und ich kenne fast nur Menschen dieser Sorte zu denen ich nicht mal fähig bin, überhaupt Sympathie zu empfinden, ebenso wie sie mir gegenüber.
Den Leute, die ich allerdings freundschaftlich liebe, öffne ich mich fast vollkommen. Ich genieße es mit ihnen Zeit zu verbringen, ich mag es mit ihnen zu lachen oder in der Schule Zettelchen zu schreiben, wenn wir gerade den Anschluss verloren haben. Wir haben Insider, wir helfen einander, es gibt kaum Streit, und wenn doch, dann ist dieser schnell wieder verziehen und vergessen.
Trotzdem ist da immer ein gewisses Risiko. Dass mir die Freundschaft zu viel bedeutet, dass ich zu viel hineininterpretiere, dass ich zu anhänglich werde - und dann heißt es over and out, jedenfalls bei einigen, die mir noch vor ein paar Tagen versichert haben, sie bräuchten mich, nur um mir bei meinen Fehlern zu sagen, wie dumm ich bin.
Und das verletzt mich natürlich - deswegen ist freundschaftliche Liebe etwa so wie barfuß auf der Straße zu laufen ... es kann ein ebener Weg sein, allerdings ist nicht gesagt, dass man nie auf Steine tritt. Der Fuß blutet, und verheilt je nach der Größe der Schnittwunde. Das kann dauern.
Diese Arten von Liebe sind für mich nicht nutzlos, nein, sie sind für mich meistens sogar wunderschön und wunderbar angenehm. Ich fühle mich lebendig und als könnte ich über alles hinausfliegen, die Welt hinter mir lassen, einfach, weil ich von diesen zwei Arten der Liebe getragen werde, und sie mich nur selten - wenn ich meine Entscheidungen denn richtig treffe - fallen lassen. Klar, manchmal verletzt zu werden ist unvermeidlich, aber wenigstens geschieht dies nicht allzu oft; es ist noch in einem Maß, dass ich ertragen kann. Oder was heißt hier ,,ertragen'' - das klingt zu negativ um zu beschreiben wie sehr ich familiäre und freundschaftliche Liebe genieße.
Aber seit 11 Tagen ... seit genau 11 Tagen bin ich meinem alten Feind wieder begegnet, dem, der mir immer wehtut: Liebe. In seiner reinsten Form. Liebe zwischen den Geschlechtern, zwischen Mann und Frau, Mädchen und Junge, Junge und Junge, Mädchen und Mädchen. Obwohl, so sicher, dass es diese Art von Liebe ist, bin ich mir nicht. Es scheint alles zusammen und gleichzeitig nichts zu sein von den drei Arten, in die ich die Liebe strikt zu unterteilen versuche.
Und das verwirrt mich, es erschreckt mich schon beinahe, dass ich nicht entschlüsseln kann, was Du mir bedeutest. Ich weiß nur, dass Du mir etwas bedeutest. Ich weiß nicht wie viel, aber Du tust es.
11 Tage, und Du weißt schon fast alles über mich. Ist das nicht dämlich von mir? Dass ich jemandem vertraue, über den ich so gut wie nichts weiß, den ich nicht persönlich kenne, den ich noch nie gesehen habe, dessen Nachnamen ich noch nicht einmal weiß?
Ja, es ist dämlich. Es ist sogar verdammt dämlich. Ich könnte mich dafür selbst schlagen, um ehrlich zu sein. Warum erzähle ich jemand Wildfremden von all diesem Zeug, das ich durchlebt habe und das mich dazu veranlasst hat, in der dritten Form der Liebe - romantischer Liebe - einen Feind zu sehen, der mich leiden lassen will?
Vielleicht aus Verzweiflung. Vielleicht, weil ich will, dass sich wenigstens irgendjemand um mich sorgt. Das wäre erbärmlich, armselig, einfach jämmerlich.
Aber so fühlt es sich nicht an. Es fühlt sich nicht so an, als wolle ich mich immer ständig bei Dir ausheulen oder mich wichtig fühlen. Nicht so, als nutzte ich Dich nur dafür aus. Wenn ich so was tun wollte, könnte ich auch einfach zu unserer Schulpsychologin gehen, selbst wenn es eigentlich nichts bringt zu ihr zu gehen. Sie hört nur zu, schlägt nichts vor. Es ist sinnlos.
Aber bei Dir ist es irgendwie anders.
Du hast durchaus was Psychologen-Artiges an Dir, aber gleichzeitig auch nicht.
Die Schulpsychologin hat immer nur zugehört, genickt, sich Notizen gemacht, aber nahezu niemals etwas gesagt. Ich sah Mitleid in ihren Augen, und genau das habe ich gehasst. Mitleid brauche ich nicht. Ich brauche nur jemanden, der da ist, der mich versteht und vor allem jemanden, der mir hilft. Nur Zuhören bringt nicht viel - da fühle ich mich zumindest noch kleiner und zerbrechlicher, als käme jede Hilfe zu spät.
Bei Dir habe ich das Gefühl nicht, selbst wenn ich Dir nie gegenübersitze, nie sehe, ob Du wirklich so nett bist, wie Du scheinst, ob Du der Kerl bist, der all diese Dinge schreibt, diese Nachrichten, die mir Hoffnung geben, ob Du auch so wärst, wenn Du mich sehen würdest.
Ich habe es Dir erst heute gesagt: Du bist total weltfremd - aber in positiver Weise.
Und das meine ich wirklich ernst. So freundlich, fürsorglich, durch und durch gut, fast schon unschuldig. Man will Dir sofort vertrauen, einfach wegen Deiner Art, in allem irgendwas zu finden, was mich von etwas anderem überzeugt, einer besseren Aussicht auf die Dinge überzeugt. Auf alles hast Du eine Antwort, jede Frage kannst Du beantworten, alles kannst Du begründen, und man glaubt Dir nicht nur, weil man es will, sondern weil Du das kannst. Du könntest eine Menschenmenge bewegen, an der Spitze einer Revolution sein, ein Anführer, und mich würde es keineswegs wundern.
Und durch dieses Schreiben mit Dir fühle ich mich oft sehr viel besser.
Es ist nicht so schlimm wie vor zwei Jahren im Juli, wo das Desaster seinen Lauf nahm, ich bin nicht mehr abhängig von normalem Hunger, aber manchmal überkommt mich Melancholie. Ich liege irgendwo, Erinnerungen strömen in Lichtgeschwindigkeit an meinem Inneren Auge vorbei, meine Lippen beben und irgendwann halte ich es nicht mehr aus, ich muss die Augen schließen, doch trotzdem bahnen sich die Tränen einen Weg durch meine Wimpern; diese Tränen sind kalt.
Doch wenn ich abends oder manchmal auch zwischendurch mit Dir schreibe, brennen diese Tränen zwar in meinen Augen, aber sie bleiben dort, ja, manchmal lächle ich sogar, wenn ich lese, was in deinem Kopf vorgeht, wenn Du von mir liest. Du hilfst mir, das alles besser zu verstehen, mich besser zu verstehen, die Situation vor ein paar Jahren besser zu verstehen. Warum ich mich vor Jungs verschließe - wobei Du eine Ausnahme bist, weil ich Dir nicht leibhaftig gegenüberstehe, ansonsten hätte ich mich mit Sicherheit auch nicht getraut, ein Wort über die Lippen zu bringen -, warum es mir so schwer fällt zu glauben, dass mich nicht alle Menschen hassen, warum ich die Liebe fürchte.
Vom Letztgenannten versuchst Du mich mit größter Mühe wegzubewegen. Du willst mich davon überzeugen, dass die Liebe gut ist, dass man sie braucht, dass wahre Liebe einem nicht wehtut, und selbst wenn ich dickköpfig bei der Meinung bleibe, die ich zu Beginn beschrieben habe, versuchst Du es immer weiter
... obwohl Du das nicht tun musst. Obwohl Du mich nicht kennst. Obwohl ich nur die Freundin des Menschen bin, der Dir am meisten auf der Welt bedeutet. Obwohl ich Dich vermutlich auf die Gedanken bringe, die Du gerade erst losgeworden bist ... und das tut mir Leid. Es tut mir Leid, dass Du dich wahrscheinlich durch mich an all das erinnert fühlst, was Du mit solcher Mühe hinter Dir gelassen hast. Das habe ich nicht bedacht, als ich anfing, Dir das alles anzuvertrauen. Aber wer weiß, vielleicht bist Du auch deswegen so überzeugend? Wer kann einen eher von einem Weg, den es einzuschlagen gilt, überzeugen, als Jemand, der in so einer Situation war, die meiner relativ ähnlich ist? Du kanntest die Gefühle, die Sehnsüchte, das Schauspielern jeden Tag. Und jetzt stehst Du darüber und willst mich aus dem kalten See ziehen, in dem ich freiwillig schwebe. Du willst mir die Hand reichen und mich raus ziehen, an die frische, kühle Luft, damit ich atmen kann, und langsam greife ich danach, strecke meine Finger nach deinen aus - natürlich, ich zögere, aber immerhin habe ich sie bereits fast gepackt. Ich muss nur noch die Kraft haben, mich hochzuziehen, mich so leicht werden zu lassen, dass Du nicht ins Wasser fällst, denn damit hätten sowohl Du als auch Ich verloren.
Liebe.
Das Wort hat so viele Bedeutungen, so eine Macht, so eine Anziehung, und trotzdem versteht jeder etwas anderes darunter.
Und Du ... ich würde fast behaupten, Du bist die Liebe ... nein, die Güte selbst. Du hättest Erbarmen mit jedem, der um Hilfe bittet, und Du tust es nicht aus den Gründen, aus denen manch einer zu mir kommt, mit dem ich nichts zu tun habe, und anfängt mit mir zu reden, nur um mich eine Stunde später wieder alleine zu lassen. Du tust es nicht, weil Du Mitleid hast. Du tust es nicht, weil Du dir eine Fangemeinde bilden willst. Du tust es nicht, um Dich wie etwas Besseres zu fühlen, wie jemand, der den Armen hilft.
Du tust es einfach, weil Du helfen willst, und das bedeutet mir mehr als alles andere.
Aber gleichzeitig habe ich auch etwas Angst vor Dir. Du scheinst fast zu gut um wahr zu sein. Bestimmt kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem Du mich nicht mehr ertragen kannst, und dann gehst Du. Vielleicht sind diese Bedenken unnötig, aber diese Gedanke spukt mir dennoch im Kopf herum. 11 verdammte Tage, und ich muss jetzt schon fast weinen, wenn ich daran denke, dass Du mir irgendwann den Rücken zudrehst, wegen ... irgendetwas.
Liebe. Ich liebe deine Art, aber ... liebe ich Dich?
Nein. Nicht in dem Sinne, der mir so verhasst ist.
Ich glaube, es ist etwas zwischen allem. Something very in between.
Eine gewisse Brüderlichkeit, weil Du mal an demselben Punkt warst und weißt, was es heißt.
Freundschaftliche Gefühle, weil Du mir zuhörst, mich aufzumuntern versuchst (selbst wenn mich deine Witze selten zum Lachen bringen), und weil Du mich selbst und das, worüber wir reden, sogar vor IHR zu schützen versuchst, Dich mit ihr deswegen sogar streitest.
Deswegen fühle ich mich Dir nahe, selbst wenn ich weiß, dass dies einseitig ist.
Liebe. So viele Arten, so viele Unterschiede, so vieles, was man nicht definieren kann, denn sie ist alles.
Aber eins kann ich sagen: Ich bin dankbar dafür, Dich zu kennen, und wann immer Du mich brauchst oder sonst etwas, dann werde ich Dir garantiert auch helfen.
Liebe deinen nächsten wie Dich selbst, heißt es doch. Ja, werde ich.
Danke.
CU
Sana
Es ist magisch und für mich die beste und stärkste Art von Liebe, weil dort alles - Mutterschaft, Schwesterliebe, Fürsorge - miteinander verwoben ist und meistens harmonisch funktioniert wie eine Maschine; kaum je gibt es ein Teil, was nicht passt und dadurch etwas nicht funktioniert.
Bei freundschaftlicher Liebe ist das schwieriger.
Man kann nie garantieren, dass alle Menschen in deinem Umkreis, die nicht zu deiner Familie gehören, dich auch mögen. Natürlich kann man das auch nicht bei der Familie wissen, aber zumindest in meinem Fall ist ein Fall des Hassens noch nie aufgetreten. Außerhalb der Familie allerdings schon. Ich teile meisten keine Erfahrungen mit diesen Menschen, finde nur schwer Gesprächsthemen außer Schule und gemeinsamen Bekannten oder Freunden, und öffnen tue ich mich auch niemals vollständig. Vielleicht weil ich etwas unsicher bin, vielleicht weil ich ein paar bestimmten Sorten von Menschen nicht traue und mir schlecht wird, wenn ich ihnen über den Weg laufe, und ich kenne fast nur Menschen dieser Sorte zu denen ich nicht mal fähig bin, überhaupt Sympathie zu empfinden, ebenso wie sie mir gegenüber.
Den Leute, die ich allerdings freundschaftlich liebe, öffne ich mich fast vollkommen. Ich genieße es mit ihnen Zeit zu verbringen, ich mag es mit ihnen zu lachen oder in der Schule Zettelchen zu schreiben, wenn wir gerade den Anschluss verloren haben. Wir haben Insider, wir helfen einander, es gibt kaum Streit, und wenn doch, dann ist dieser schnell wieder verziehen und vergessen.
Trotzdem ist da immer ein gewisses Risiko. Dass mir die Freundschaft zu viel bedeutet, dass ich zu viel hineininterpretiere, dass ich zu anhänglich werde - und dann heißt es over and out, jedenfalls bei einigen, die mir noch vor ein paar Tagen versichert haben, sie bräuchten mich, nur um mir bei meinen Fehlern zu sagen, wie dumm ich bin.
Und das verletzt mich natürlich - deswegen ist freundschaftliche Liebe etwa so wie barfuß auf der Straße zu laufen ... es kann ein ebener Weg sein, allerdings ist nicht gesagt, dass man nie auf Steine tritt. Der Fuß blutet, und verheilt je nach der Größe der Schnittwunde. Das kann dauern.
Diese Arten von Liebe sind für mich nicht nutzlos, nein, sie sind für mich meistens sogar wunderschön und wunderbar angenehm. Ich fühle mich lebendig und als könnte ich über alles hinausfliegen, die Welt hinter mir lassen, einfach, weil ich von diesen zwei Arten der Liebe getragen werde, und sie mich nur selten - wenn ich meine Entscheidungen denn richtig treffe - fallen lassen. Klar, manchmal verletzt zu werden ist unvermeidlich, aber wenigstens geschieht dies nicht allzu oft; es ist noch in einem Maß, dass ich ertragen kann. Oder was heißt hier ,,ertragen'' - das klingt zu negativ um zu beschreiben wie sehr ich familiäre und freundschaftliche Liebe genieße.
Aber seit 11 Tagen ... seit genau 11 Tagen bin ich meinem alten Feind wieder begegnet, dem, der mir immer wehtut: Liebe. In seiner reinsten Form. Liebe zwischen den Geschlechtern, zwischen Mann und Frau, Mädchen und Junge, Junge und Junge, Mädchen und Mädchen. Obwohl, so sicher, dass es diese Art von Liebe ist, bin ich mir nicht. Es scheint alles zusammen und gleichzeitig nichts zu sein von den drei Arten, in die ich die Liebe strikt zu unterteilen versuche.
Und das verwirrt mich, es erschreckt mich schon beinahe, dass ich nicht entschlüsseln kann, was Du mir bedeutest. Ich weiß nur, dass Du mir etwas bedeutest. Ich weiß nicht wie viel, aber Du tust es.
11 Tage, und Du weißt schon fast alles über mich. Ist das nicht dämlich von mir? Dass ich jemandem vertraue, über den ich so gut wie nichts weiß, den ich nicht persönlich kenne, den ich noch nie gesehen habe, dessen Nachnamen ich noch nicht einmal weiß?
Ja, es ist dämlich. Es ist sogar verdammt dämlich. Ich könnte mich dafür selbst schlagen, um ehrlich zu sein. Warum erzähle ich jemand Wildfremden von all diesem Zeug, das ich durchlebt habe und das mich dazu veranlasst hat, in der dritten Form der Liebe - romantischer Liebe - einen Feind zu sehen, der mich leiden lassen will?
Vielleicht aus Verzweiflung. Vielleicht, weil ich will, dass sich wenigstens irgendjemand um mich sorgt. Das wäre erbärmlich, armselig, einfach jämmerlich.
Aber so fühlt es sich nicht an. Es fühlt sich nicht so an, als wolle ich mich immer ständig bei Dir ausheulen oder mich wichtig fühlen. Nicht so, als nutzte ich Dich nur dafür aus. Wenn ich so was tun wollte, könnte ich auch einfach zu unserer Schulpsychologin gehen, selbst wenn es eigentlich nichts bringt zu ihr zu gehen. Sie hört nur zu, schlägt nichts vor. Es ist sinnlos.
Aber bei Dir ist es irgendwie anders.
Du hast durchaus was Psychologen-Artiges an Dir, aber gleichzeitig auch nicht.
Die Schulpsychologin hat immer nur zugehört, genickt, sich Notizen gemacht, aber nahezu niemals etwas gesagt. Ich sah Mitleid in ihren Augen, und genau das habe ich gehasst. Mitleid brauche ich nicht. Ich brauche nur jemanden, der da ist, der mich versteht und vor allem jemanden, der mir hilft. Nur Zuhören bringt nicht viel - da fühle ich mich zumindest noch kleiner und zerbrechlicher, als käme jede Hilfe zu spät.
Bei Dir habe ich das Gefühl nicht, selbst wenn ich Dir nie gegenübersitze, nie sehe, ob Du wirklich so nett bist, wie Du scheinst, ob Du der Kerl bist, der all diese Dinge schreibt, diese Nachrichten, die mir Hoffnung geben, ob Du auch so wärst, wenn Du mich sehen würdest.
Ich habe es Dir erst heute gesagt: Du bist total weltfremd - aber in positiver Weise.
Und das meine ich wirklich ernst. So freundlich, fürsorglich, durch und durch gut, fast schon unschuldig. Man will Dir sofort vertrauen, einfach wegen Deiner Art, in allem irgendwas zu finden, was mich von etwas anderem überzeugt, einer besseren Aussicht auf die Dinge überzeugt. Auf alles hast Du eine Antwort, jede Frage kannst Du beantworten, alles kannst Du begründen, und man glaubt Dir nicht nur, weil man es will, sondern weil Du das kannst. Du könntest eine Menschenmenge bewegen, an der Spitze einer Revolution sein, ein Anführer, und mich würde es keineswegs wundern.
Und durch dieses Schreiben mit Dir fühle ich mich oft sehr viel besser.
Es ist nicht so schlimm wie vor zwei Jahren im Juli, wo das Desaster seinen Lauf nahm, ich bin nicht mehr abhängig von normalem Hunger, aber manchmal überkommt mich Melancholie. Ich liege irgendwo, Erinnerungen strömen in Lichtgeschwindigkeit an meinem Inneren Auge vorbei, meine Lippen beben und irgendwann halte ich es nicht mehr aus, ich muss die Augen schließen, doch trotzdem bahnen sich die Tränen einen Weg durch meine Wimpern; diese Tränen sind kalt.
Doch wenn ich abends oder manchmal auch zwischendurch mit Dir schreibe, brennen diese Tränen zwar in meinen Augen, aber sie bleiben dort, ja, manchmal lächle ich sogar, wenn ich lese, was in deinem Kopf vorgeht, wenn Du von mir liest. Du hilfst mir, das alles besser zu verstehen, mich besser zu verstehen, die Situation vor ein paar Jahren besser zu verstehen. Warum ich mich vor Jungs verschließe - wobei Du eine Ausnahme bist, weil ich Dir nicht leibhaftig gegenüberstehe, ansonsten hätte ich mich mit Sicherheit auch nicht getraut, ein Wort über die Lippen zu bringen -, warum es mir so schwer fällt zu glauben, dass mich nicht alle Menschen hassen, warum ich die Liebe fürchte.
Vom Letztgenannten versuchst Du mich mit größter Mühe wegzubewegen. Du willst mich davon überzeugen, dass die Liebe gut ist, dass man sie braucht, dass wahre Liebe einem nicht wehtut, und selbst wenn ich dickköpfig bei der Meinung bleibe, die ich zu Beginn beschrieben habe, versuchst Du es immer weiter
... obwohl Du das nicht tun musst. Obwohl Du mich nicht kennst. Obwohl ich nur die Freundin des Menschen bin, der Dir am meisten auf der Welt bedeutet. Obwohl ich Dich vermutlich auf die Gedanken bringe, die Du gerade erst losgeworden bist ... und das tut mir Leid. Es tut mir Leid, dass Du dich wahrscheinlich durch mich an all das erinnert fühlst, was Du mit solcher Mühe hinter Dir gelassen hast. Das habe ich nicht bedacht, als ich anfing, Dir das alles anzuvertrauen. Aber wer weiß, vielleicht bist Du auch deswegen so überzeugend? Wer kann einen eher von einem Weg, den es einzuschlagen gilt, überzeugen, als Jemand, der in so einer Situation war, die meiner relativ ähnlich ist? Du kanntest die Gefühle, die Sehnsüchte, das Schauspielern jeden Tag. Und jetzt stehst Du darüber und willst mich aus dem kalten See ziehen, in dem ich freiwillig schwebe. Du willst mir die Hand reichen und mich raus ziehen, an die frische, kühle Luft, damit ich atmen kann, und langsam greife ich danach, strecke meine Finger nach deinen aus - natürlich, ich zögere, aber immerhin habe ich sie bereits fast gepackt. Ich muss nur noch die Kraft haben, mich hochzuziehen, mich so leicht werden zu lassen, dass Du nicht ins Wasser fällst, denn damit hätten sowohl Du als auch Ich verloren.
Liebe.
Das Wort hat so viele Bedeutungen, so eine Macht, so eine Anziehung, und trotzdem versteht jeder etwas anderes darunter.
Und Du ... ich würde fast behaupten, Du bist die Liebe ... nein, die Güte selbst. Du hättest Erbarmen mit jedem, der um Hilfe bittet, und Du tust es nicht aus den Gründen, aus denen manch einer zu mir kommt, mit dem ich nichts zu tun habe, und anfängt mit mir zu reden, nur um mich eine Stunde später wieder alleine zu lassen. Du tust es nicht, weil Du Mitleid hast. Du tust es nicht, weil Du dir eine Fangemeinde bilden willst. Du tust es nicht, um Dich wie etwas Besseres zu fühlen, wie jemand, der den Armen hilft.
Du tust es einfach, weil Du helfen willst, und das bedeutet mir mehr als alles andere.
Aber gleichzeitig habe ich auch etwas Angst vor Dir. Du scheinst fast zu gut um wahr zu sein. Bestimmt kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem Du mich nicht mehr ertragen kannst, und dann gehst Du. Vielleicht sind diese Bedenken unnötig, aber diese Gedanke spukt mir dennoch im Kopf herum. 11 verdammte Tage, und ich muss jetzt schon fast weinen, wenn ich daran denke, dass Du mir irgendwann den Rücken zudrehst, wegen ... irgendetwas.
Liebe. Ich liebe deine Art, aber ... liebe ich Dich?
Nein. Nicht in dem Sinne, der mir so verhasst ist.
Ich glaube, es ist etwas zwischen allem. Something very in between.
Eine gewisse Brüderlichkeit, weil Du mal an demselben Punkt warst und weißt, was es heißt.
Freundschaftliche Gefühle, weil Du mir zuhörst, mich aufzumuntern versuchst (selbst wenn mich deine Witze selten zum Lachen bringen), und weil Du mich selbst und das, worüber wir reden, sogar vor IHR zu schützen versuchst, Dich mit ihr deswegen sogar streitest.
Deswegen fühle ich mich Dir nahe, selbst wenn ich weiß, dass dies einseitig ist.
Liebe. So viele Arten, so viele Unterschiede, so vieles, was man nicht definieren kann, denn sie ist alles.
Aber eins kann ich sagen: Ich bin dankbar dafür, Dich zu kennen, und wann immer Du mich brauchst oder sonst etwas, dann werde ich Dir garantiert auch helfen.
Liebe deinen nächsten wie Dich selbst, heißt es doch. Ja, werde ich.
Danke.
CU
Sana
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen