Grundwissen:
♥Titel♥: Verblendung (original: Män som hatar kvinnor)
♥Autor/in♥: Stieg Larsson
♥Erschienen♥: 1. Mai 2007 im Heyne-Verlag (Taschenbuch)
♥Seitenanzahl♥: 687 Seiten
♥Preis♥: 9, 95 € (Taschenbuch); 8, 99 € (Kindle)
♥Genre♥: Mystery; Thriller; Suspense; Contemporary; Adult
Inhalt:
Eine Familiengeschichte, die einen nicht mehr loslässt
Was geschah mit Harriet Vanger? Während eines Familientreffens spurlos verschwunden, bleibt ihr Schicksal jahrzehntelang ungeklärt. Bis der Journalist Mikael Blomkvist und die Ermittlerin Lisbeth Salander recherchieren. Was sie zutage fördern, lässt alle Beteiligten wünschen, sie hätten sich nie mit diesem Fall beschäftigt.
An seinem 82. Geburtstag erhält der einflussreiche Industrielle Henrik Vanger per Post anonym ein Geschenk. Das Paket enthält eine gepresste Blüte hinter Glas, genau wie in den 43 Jahren zuvor. Vangers Lieblingsnichte Harriet hatte ihm 1958 zum ersten Mal dieses Geschenk gemacht, doch dann verschwand sie spurlos. Ihr Leichnam wurde nie gefunden.
In einer letzten Anstrengung beschließt Vanger herauszufinden, was dem geliebten Mädchen tatsächlich zustieß. Er engagiert den Journalisten Mikael Blomkvist, der, getarnt als Biograf, bald auf erste Spuren stößt. Unterstützt wird er von der jungen Ermittlerin Lisbeth Salander, einem virtuosen Computergenie mit messerscharfem Verstand. Je tiefer Blomkvist und Salander in der Vangerschen Familiengeschichte graben, desto grauenvoller sind ihre Enthüllungen.
*Quelle: amazon.de
*Quelle: amazon.de
Meine Meinung ...
zum Cover:
Deutsches Cover: ♥♥ |
Amerikanisches Cover: ♥♥ |
Schwedische Ausgabe: ♥♥ |
Leider gefallen mir diese Cover alle so ziemlich überhaupt nicht. Natürlich, es ist zehn Jahre her, seit dieses Buch zumindest in Schweden erschienen ist, aber dennoch hätte ich niemals zu einer dieser Ausgaben begriffen, weil sie sich weder durch etwas auszeichnen noch hübsch anzusehen sind.
Vor allem die schwedische Ausgabe wirkt sehr verstörend auf mich. Ist dieses Mädchen etwa aus Eis? Zerbricht sie? Wer ist sie eigentlich? Durch die dunklen und kalten Farben wird das Gefühl der Beklemmung sogar noch verstärkt. Klar, der Titel (zu deutsch: Männer, die Frauen hassen) passt rein theoretisch wie die Faust aufs Auge und ist streng genommen noch nicht mal ein Spoiler, da man selbst am Ende eines jeden Teils des Buches Statistiken vom Autor vorgesetzt bekommt, die sich auf schwedische Frauen und sexuelle oder generelle Belästigung von Männern auseinandersetzen. Trotzdem, ich würde ungern ein solches Buch bei mir im Regal stehen haben.
Ähnlich geht es mir mit dem deutschen Cover. Natürlich wird in dem Buch angesprochen, dass Religion - das verbinde ich nämlich mit dieser merkwürdigen Statue - eine Rolle in diesem Buch spielt, aber eine untergeordnete, wie ich finde. Von daher wirkt das Cover keinesfalls wie ein Thriller, sondern eher wie ein Sachbuch über die Mysterien des Universums und Altertums, zum Beispiel. Vielleicht wirkt es auf mich auch nur abschreckend, weil ich als Jugendliche dieses Zeitalters an ,,hübsche'' Aufmachungen gewöhnt bin, aber ich denke nicht, dass so viele dieses Cover in irgendeiner Weise anziehend finden. Außerdem frage ich mich, warum dieser Titel gewählt wurde; das könnte auch auf jedem anderen Thriller stehen.
Das amerikanische Cover finde ich schon etwas netter illustriert, vor allem wegen diesem wunderschönen Drachen, jedoch passt mir hier der Titel überhaupt nicht. Natürlich, Lisbeth Salander ist eine ziemlich hervorstechende Figur und besitzt auch ein Drachentattoo, das ist durchaus richtig, aber ich finde nicht, das Stieg Larsson den Fokus auf diese Figur gelegt hat. Sie treibt die Detektivarbeit etwas an, versetzt der Geschichte einen leichten Kick und ist interessant, aber die Geschichte dreht sich einfach nicht um sie. Ganz schlaue Menschen könnten sogar denken, Harriet sei diejenige mit dem Drachentattoo; immerhin geht es die ganze Zeit um ihren Fall.
Insgesamt also ein Buch, dessen Aufmachung die Qualität der Geschichte sehr dürftig erscheinen lässt.
zum Buch:
Ein hochgelobter Roman, der international Begeisterung hervorgerufen und sowohl schwedische als auch amerikanische Verfilmungen nach sich gezogen hat. Sowohl von Erwachsenen als auch Jugendlichen wurde dieser vergleichsweise alte Schinken trotz der hohen Seitenanzahl gelesen, und somit wurde Stieg Larsson zur Legende unter den Autoren.
Berechtigt ist das Lob für ihn von meiner Seite auf jeden Fall. Selten findet man Thriller mit vollkommen unerwarteten Wendungen und ohne eine Handlung, die nach dem Schema F verläuft. Larsson kriegt es jedoch hin, dass selbst ein Rätsel, das über Generationen hinweg nicht geklärt werden konnte, gelöst werden konnte, und zwar durch so viele verschiedene unwahrscheinliche Zufälle, dass es wieder genial und plausibel erscheint. Hierbei führt Larsson den Leser, ebenso wie Mikael und Lisbeth, an verschiedenen Anhaltspunkten entlang und weist auf, warum diese bei dem ungeklärten Verschwinden Harriets nicht helfen; zeitweise kommt man sogar zur gleichen Zeit auf dieselben Ideen wie die Hauptcharaktere und ist ebenso frustriert darüber, dass jede Version der Geschichte, die beim Mitdenken im Kopf des Lesers entsteht, systematisch von Larsson als falsch oder bereits in Erwägung gezogen bewiesen wird.
Aus diesem Grund wirkt die Handlung auch so realistisch: Man besitzt dieselben Überlegungen und Pläne, wie etwas hätte vonstatten gehen können, doch wie es bei ungeklärten Fällen so ist, führen diese einen nicht weiter. Dadurch beweist Larsson nur sein Genie und wie geschickt er seine Leser an der Nase herumführen kann, denn es dauert wirklich sehr lange, bis man die Lösung vollständig geschildert bekommt. Aus diesem Grund bleibt das Buch bezüglich dem Fall Harriet sehr spannend und wirft ständig neue Fragen und Vermutungen auf, sodass man nachvollziehen kann, warum Henrik Vanger und auch Mikael Blomkvist irgendwann wie besessen von dem Fall sind. Wahrhaftig eine sehr gute Leistung, die ich in dieser Form noch nicht erlebt habe. Jeder, der des Rätsels Lösung bereits zur Mitte des Buches oder diese generell erraten kann, sollte schnellstens auf eine Schule für Hochbegabte wechseln, denn es ist wunderbar verstrickt und nur durch kleinste Hinweise und genaueste Beobachtung auszumachen. Brillant.
Wofür man Stieg Larsson ebenfalls nur loben kann, sind seine bunt zusammengemischten und vielschichtigen Charaktere. Jeder von ihnen wirkt plastisch und verhält sich niemals out of character oder auch nur naiv, was einem bei Thrillern ja meistens auf die Nerven fällt.
Vor allem Mikael ist trotz jüngster Ereignisse und einiger unmoralischen Taten vom Fleck weg sympathisch und beweist seine Entschlossenheit und seinen gesunden Menschenverstand mehrere Male in diesem Band der unvollständigen Reihe. Er besitzt einfach dieses gewisse Charisma und eine Ausstrahlung, wie sie ein guter Journalist haben sollte: Der verständnisvolle, ehrenhafte beste Freund, dem man gerne von seinen Sorgen erzählt und der mithilfe seines scharfen Verstandes für alles eine Lösung findet. Insofern begleitet man ihn gerne bei seinen Abenteuern und muss dazu noch feststellen, dass Larsson durch diesen erschaffenen Charakter wohl keine größere Differenz zwischen zwei Partnern herstellen konnte, als es hier bei Lisbeth und Mikael der Fall ist. Lisbeth ist nämlich eher ein Fall und Mysterium für sich selbst, was sie nicht nur mit ihrem Aussehen, sondern auch mit ihrem Verhalten ausdrückt. Ob sie einem sympathisch ist, kann man nicht sofort entscheiden, da man nur wenig über sie und ihren Hintergrund in Erfahrung bringt und sie nicht nur auf ihre Mitmenschen, sondern auch auf Leser kühl und abweisend wirkt. Außerdem wird man wohl nicht immer mit ihren Entscheidungen und ihrer Lebenseinstellung zufrieden sein, denn insgesamt ist sie ein ziemlich kaputter Mensch, der niemandem zur Genüge vertraut, um sich Hilfe zu holen - genau der Grund, warum dieser Fall für sie so interessant ist. Die beiden bilden jedenfalls ein sehr kontrastreiches, aber auch charmantes Duo, welches man in dieser Form bloß in wenigen Büchern vorfinden wird. Daumen hoch dafür.
Auch die Nebencharaktere sind allesamt sehr facettenreich und wie bereits erwähnt interessant. Vor allem die Familie Vanger kann einen nicht nur wegen der inneren Zerrissenheit innerhalb der Familie, sondern auch wegen dem aufzuklärenden Fall immer wieder überraschen, insbesondere da der Verdacht auf mehrere Personen gleichzeitig gelenkt wird und Stieg Larsson es schafft, dass man anfangs Charakteren, die man niemals in Frage gestellt hätte, auf einmal doch misstraut. Außerdem beweisen die vielen Hintergrundgeschichten und die Liebe zum Detail, die der Autor in diesem Werk ausdrückt, eine wirkliche Leidenschaft für die Millenium-Reihe und dass er sich das gesamte Konstrukt genaustens überlegt hat, ähnlich wie Henrik Vanger alle möglichen Erklärungen für Harriets Verschwinden vierzig Jahre lang durchgespielt hat. Sie alle beweisen außerdem vielfach ihren Scharfsinn und zeigen, dass sie nicht umsonst ein so erfolgreiches Unternehmen so lange Zeit aufrechterhalten können. Lug, Betrug und Intrige werden da ganz groß geschrieben, was für einen Thriller natürlich nur gut sein kann.
Daraus besteht natürlich auch der größte Teil des Romans. Wie oben bereits erwähnt, halte ich die Idee hinter diesen ganzen Geschichte für äußerst clever und hätte niemals gedacht, dass man ein Buch, welches Wirtschaft und Journalismus - zwei für viele Menschen triste und trockene Themen - als seine tragenden Elemente bezeichnen kann, so interessant gestalten kann. Natürlich ist einem durchaus bewusst, dass in Politik und Ökonomie und generell im Staat vieles nicht so läuft, wie es laufen sollte, aber dass Larsson durch den aufzuklärenden Fall auch auf so viele Fehler des Systems aufmerksam macht, übertrifft zumindest meine Erwartungen. Nicht nur kritisiert Larsson den Umgang mit Andersartigen, vor allem durch die Einführung von Lisbeth, sondern auch Lücken in der Justiz und deutlich zu wenig Aufmerksamkeit in bestimmten Themenbereichen. Und, nicht zu vergessen, Vertuschungspolitik; davon gab es hier eine ganze Menge. Ab und an hat dieser Roman zwar seine Längen, und wenn man Mikaels und Lisbeths Tagesablauf zum x-ten Mal liest, wünscht man sich auch, dass endlich etwas Actionreicheres, wie eine Schießerei, geschehen würde, aber all das wird zum größten Teil wieder durch das Katz- und Mausspiel wettgemacht. Außerdem ist es relativ schön, dass Larsson, nicht wie viele andere Autoren, nach der Auflösung des Falls einen Schlussstrich mit knappem Epilog erzählt, sondern die Geschichte noch weiterspinnt, sodass sie relativ abgeschlossen endet.
Den Aspekt der Detailgenauigkeit kann man Larsson jedoch auch zum Vorwurf machen. Natürlich macht es das Buch realistisch, wenn zwei Erwachsene monatelang an einem ungeklärten Verschwinden arbeiten und dabei manchmal eben einkaufen gehen, Kaffee trinken, Frühstücken etc., aber manchmal lässt sich der Autor doch etwas zu viel Zeit. Auch wenn ich persönlich ein großer Fan von Jahreszahlen bin, diejenigen, die Larsson sich hier hat für bestimmte Ereignisse einfallen lassen, waren entweder nicht zu merken oder vollkommen irrelevant für den Leser. Zudem gibt es vor allem zu Anfang des Buches schrecklich viele Charaktereinführungen, sodass ich den Überblick über relativ viele Mitglieder der Familie Vanger verloren habe. Ob diese Orientierungslosigkeit als eine positive zu bezeichnen ist, ist also fragwürdig.
Dennoch ist Verblendung ein ziemlich guter Thriller/Mystery-Roman, der sowohl durch den Plot voller unerwarteter Wendungen mit bösen Überraschungen als auch durch die sympathischen und zum Greifen nahen Charaktere auf voller Länge überzeugen kann. Stückchenweise puzzelt man mit den Protagonisten die verschiedenen Teile des Rätsels um Harriet zusammen und wird definitiv von dem Autoren zum Mitdenken aufgefordert, sodass das Lesen richtig Spaß macht und der gewisse Suchtfaktor auftauchen kann. Ebenso prangert er Fehler des Staates und innerhalb der Gesellschaft an und hinterlässt den Leser somit sogar mit der Intention, mal die Augen für unterschwelligen und unbemerkten Terror aufzumachen. Störend sind jedoch der zu große Input und einige zähe und langgezogene Stellen an vielen Stellen des Romans, der einen auf eine spannungsreiche Auflösung warten lässt. Definitiv lesenswert!
Berechtigt ist das Lob für ihn von meiner Seite auf jeden Fall. Selten findet man Thriller mit vollkommen unerwarteten Wendungen und ohne eine Handlung, die nach dem Schema F verläuft. Larsson kriegt es jedoch hin, dass selbst ein Rätsel, das über Generationen hinweg nicht geklärt werden konnte, gelöst werden konnte, und zwar durch so viele verschiedene unwahrscheinliche Zufälle, dass es wieder genial und plausibel erscheint. Hierbei führt Larsson den Leser, ebenso wie Mikael und Lisbeth, an verschiedenen Anhaltspunkten entlang und weist auf, warum diese bei dem ungeklärten Verschwinden Harriets nicht helfen; zeitweise kommt man sogar zur gleichen Zeit auf dieselben Ideen wie die Hauptcharaktere und ist ebenso frustriert darüber, dass jede Version der Geschichte, die beim Mitdenken im Kopf des Lesers entsteht, systematisch von Larsson als falsch oder bereits in Erwägung gezogen bewiesen wird.
Aus diesem Grund wirkt die Handlung auch so realistisch: Man besitzt dieselben Überlegungen und Pläne, wie etwas hätte vonstatten gehen können, doch wie es bei ungeklärten Fällen so ist, führen diese einen nicht weiter. Dadurch beweist Larsson nur sein Genie und wie geschickt er seine Leser an der Nase herumführen kann, denn es dauert wirklich sehr lange, bis man die Lösung vollständig geschildert bekommt. Aus diesem Grund bleibt das Buch bezüglich dem Fall Harriet sehr spannend und wirft ständig neue Fragen und Vermutungen auf, sodass man nachvollziehen kann, warum Henrik Vanger und auch Mikael Blomkvist irgendwann wie besessen von dem Fall sind. Wahrhaftig eine sehr gute Leistung, die ich in dieser Form noch nicht erlebt habe. Jeder, der des Rätsels Lösung bereits zur Mitte des Buches oder diese generell erraten kann, sollte schnellstens auf eine Schule für Hochbegabte wechseln, denn es ist wunderbar verstrickt und nur durch kleinste Hinweise und genaueste Beobachtung auszumachen. Brillant.
Wofür man Stieg Larsson ebenfalls nur loben kann, sind seine bunt zusammengemischten und vielschichtigen Charaktere. Jeder von ihnen wirkt plastisch und verhält sich niemals out of character oder auch nur naiv, was einem bei Thrillern ja meistens auf die Nerven fällt.
Vor allem Mikael ist trotz jüngster Ereignisse und einiger unmoralischen Taten vom Fleck weg sympathisch und beweist seine Entschlossenheit und seinen gesunden Menschenverstand mehrere Male in diesem Band der unvollständigen Reihe. Er besitzt einfach dieses gewisse Charisma und eine Ausstrahlung, wie sie ein guter Journalist haben sollte: Der verständnisvolle, ehrenhafte beste Freund, dem man gerne von seinen Sorgen erzählt und der mithilfe seines scharfen Verstandes für alles eine Lösung findet. Insofern begleitet man ihn gerne bei seinen Abenteuern und muss dazu noch feststellen, dass Larsson durch diesen erschaffenen Charakter wohl keine größere Differenz zwischen zwei Partnern herstellen konnte, als es hier bei Lisbeth und Mikael der Fall ist. Lisbeth ist nämlich eher ein Fall und Mysterium für sich selbst, was sie nicht nur mit ihrem Aussehen, sondern auch mit ihrem Verhalten ausdrückt. Ob sie einem sympathisch ist, kann man nicht sofort entscheiden, da man nur wenig über sie und ihren Hintergrund in Erfahrung bringt und sie nicht nur auf ihre Mitmenschen, sondern auch auf Leser kühl und abweisend wirkt. Außerdem wird man wohl nicht immer mit ihren Entscheidungen und ihrer Lebenseinstellung zufrieden sein, denn insgesamt ist sie ein ziemlich kaputter Mensch, der niemandem zur Genüge vertraut, um sich Hilfe zu holen - genau der Grund, warum dieser Fall für sie so interessant ist. Die beiden bilden jedenfalls ein sehr kontrastreiches, aber auch charmantes Duo, welches man in dieser Form bloß in wenigen Büchern vorfinden wird. Daumen hoch dafür.
Auch die Nebencharaktere sind allesamt sehr facettenreich und wie bereits erwähnt interessant. Vor allem die Familie Vanger kann einen nicht nur wegen der inneren Zerrissenheit innerhalb der Familie, sondern auch wegen dem aufzuklärenden Fall immer wieder überraschen, insbesondere da der Verdacht auf mehrere Personen gleichzeitig gelenkt wird und Stieg Larsson es schafft, dass man anfangs Charakteren, die man niemals in Frage gestellt hätte, auf einmal doch misstraut. Außerdem beweisen die vielen Hintergrundgeschichten und die Liebe zum Detail, die der Autor in diesem Werk ausdrückt, eine wirkliche Leidenschaft für die Millenium-Reihe und dass er sich das gesamte Konstrukt genaustens überlegt hat, ähnlich wie Henrik Vanger alle möglichen Erklärungen für Harriets Verschwinden vierzig Jahre lang durchgespielt hat. Sie alle beweisen außerdem vielfach ihren Scharfsinn und zeigen, dass sie nicht umsonst ein so erfolgreiches Unternehmen so lange Zeit aufrechterhalten können. Lug, Betrug und Intrige werden da ganz groß geschrieben, was für einen Thriller natürlich nur gut sein kann.
Daraus besteht natürlich auch der größte Teil des Romans. Wie oben bereits erwähnt, halte ich die Idee hinter diesen ganzen Geschichte für äußerst clever und hätte niemals gedacht, dass man ein Buch, welches Wirtschaft und Journalismus - zwei für viele Menschen triste und trockene Themen - als seine tragenden Elemente bezeichnen kann, so interessant gestalten kann. Natürlich ist einem durchaus bewusst, dass in Politik und Ökonomie und generell im Staat vieles nicht so läuft, wie es laufen sollte, aber dass Larsson durch den aufzuklärenden Fall auch auf so viele Fehler des Systems aufmerksam macht, übertrifft zumindest meine Erwartungen. Nicht nur kritisiert Larsson den Umgang mit Andersartigen, vor allem durch die Einführung von Lisbeth, sondern auch Lücken in der Justiz und deutlich zu wenig Aufmerksamkeit in bestimmten Themenbereichen. Und, nicht zu vergessen, Vertuschungspolitik; davon gab es hier eine ganze Menge. Ab und an hat dieser Roman zwar seine Längen, und wenn man Mikaels und Lisbeths Tagesablauf zum x-ten Mal liest, wünscht man sich auch, dass endlich etwas Actionreicheres, wie eine Schießerei, geschehen würde, aber all das wird zum größten Teil wieder durch das Katz- und Mausspiel wettgemacht. Außerdem ist es relativ schön, dass Larsson, nicht wie viele andere Autoren, nach der Auflösung des Falls einen Schlussstrich mit knappem Epilog erzählt, sondern die Geschichte noch weiterspinnt, sodass sie relativ abgeschlossen endet.
Den Aspekt der Detailgenauigkeit kann man Larsson jedoch auch zum Vorwurf machen. Natürlich macht es das Buch realistisch, wenn zwei Erwachsene monatelang an einem ungeklärten Verschwinden arbeiten und dabei manchmal eben einkaufen gehen, Kaffee trinken, Frühstücken etc., aber manchmal lässt sich der Autor doch etwas zu viel Zeit. Auch wenn ich persönlich ein großer Fan von Jahreszahlen bin, diejenigen, die Larsson sich hier hat für bestimmte Ereignisse einfallen lassen, waren entweder nicht zu merken oder vollkommen irrelevant für den Leser. Zudem gibt es vor allem zu Anfang des Buches schrecklich viele Charaktereinführungen, sodass ich den Überblick über relativ viele Mitglieder der Familie Vanger verloren habe. Ob diese Orientierungslosigkeit als eine positive zu bezeichnen ist, ist also fragwürdig.
Dennoch ist Verblendung ein ziemlich guter Thriller/Mystery-Roman, der sowohl durch den Plot voller unerwarteter Wendungen mit bösen Überraschungen als auch durch die sympathischen und zum Greifen nahen Charaktere auf voller Länge überzeugen kann. Stückchenweise puzzelt man mit den Protagonisten die verschiedenen Teile des Rätsels um Harriet zusammen und wird definitiv von dem Autoren zum Mitdenken aufgefordert, sodass das Lesen richtig Spaß macht und der gewisse Suchtfaktor auftauchen kann. Ebenso prangert er Fehler des Staates und innerhalb der Gesellschaft an und hinterlässt den Leser somit sogar mit der Intention, mal die Augen für unterschwelligen und unbemerkten Terror aufzumachen. Störend sind jedoch der zu große Input und einige zähe und langgezogene Stellen an vielen Stellen des Romans, der einen auf eine spannungsreiche Auflösung warten lässt. Definitiv lesenswert!
Ich gebe dem Buch:
♥♥♥♥ Herzchen
Extra:
Wie bereits erwähnt, gibt es zwei Verfilmungen zu diesem Teil der Millenium-Trilogie:
Außerdem gibt es noch zwei weitere offizielle Teile der Millenium-Reihe, die wegen Stieg Larssons Tod leider niemals vervollständigt wurde. Die nächsten beiden Teile der drei fertig gestellten Teile tragen jedenfalls die Titel Verdammnis (The Girl Who Played With Fire) und Vergebung (The Girl Who Kicked The Hornet's Nest). Es soll außerdem am 1. September diesen Jahres (zumindest auf Englisch) ein vierter Teil der Reihe erscheinen, der laut Wikipedia nur zu 3/4 vollendet ist und somit wohl von einem anderen Autoren fertig gestellt wurde. Dieses Buch wird The Girl in the Spider's Web heißen. Durch das Klicken auf die Titel kommt ihr zur jeweiligen Beschreibung auf Goodreads.com.
CU
Sana
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