Donnerstag, 31. Dezember 2015

:)Rezension:): Anna Karenina

Grundwissen:


Titel: Anna Karenina (original: Анна Каренина)
Autor/-in: Leo Tolstoi
Erschienen: 28. 02. 2010 im Anaconda-Verlag; ursprünglich in 1878
Seitenanzahl: 992 Seiten
Preis: 9, 95 € (gebunden); 1, 67 € (Kindle Edition) [Quelle: Amazon.de]
Genre: Historical Fiction; Drama; Romance; Klassiker; Russischer Realismus





Inhalt:



Of course I don't care, but all the same, it's terribly silly and I feel ashamed. - Konstantin Dimitrijewitsch Ljewin



Anna Arkadjewna Karenina scheint das perfekte Leben zu haben: Ihr Mann Alexei Karenin besitzt eine wichtige und beliebte Stellung innerhalb des Staates, ihr Sohn Serjosha hat eine strahlende Zukunft vor sich, und ihr gemeinsames Leben ist geprägt vom Luxus der Oberschicht des Russischen Reiches. Doch obwohl ihr diese Ehe all diese Privilegien beschert hat, kann sie ihr eine Sache nicht geben: die Liebe, nach der sie sich sehnt. Doch kaum lernt Anna den mysteriösen und charmanten Wronskij auf einer Reise zu ihrem Bruder Stiva kennen, um dessen Frau zu überzeugen, sich trotz seines Ehebruchs nicht von ihm scheiden zu lassen, scheint sie in ihm ihre Sehnsucht stillen zu können. Doch wie kann diese Liebe sein, wenn sie doch gegen alle gesellschaftlichen Normen ist und aus Anna eine entwürdigte und verstoßene Frau machen könnte? Gegen alle Vernunft wird aus dieser Affäre ein Kind gezeugt - der entscheidende Dominostein, der Annas, Karenins und Wronskijs Leben ins Chaos stürzt ...






Meine Meinung ...





zum Cover:




Deutsches Cover: ♥♥♥
Russische Ausgabe: ♥♥♥
Englische Ausgabe: ♥♥♥



In nahezu jedem Fall lassen sich zu diesem Roman nur Aufmachungen mit der Protagonistin finden, doch ist kaum eine von diesen wirklich ansprechend. Zwar sieht Anna genauso aus wie im Buch beschrieben, jedoch wird diese angebliche Wärme, die von ihr ausstrahlt, überhaupt nicht getroffen, im Gegensatz zu ihrer Eleganz und ihrer Schönheit. Jedoch hat es nicht nur auf dieser Ebene einen Bezug zum Buch, sondern auch durch die gemäldeartige Form der beiden, da es eine Szene im Buch gibt, in der selbst der Reinste und Unschuldigste aller männlichen Figuren dazu verleitet wird, durch ein, ist Gemälde von Anna Karenina seine Frau nicht mehr als das schönste Wesen der Welt zu sehen. Das englische Cover ist noch das ausgefallenste wegen den kühlen Farben und der abstrakten Darstellung von Anna und Wronskij, hat sonst allerdings nichts, was einen Eyecatcher ausmacht.
Der Titel passt natürlich in jedem Fall, auch wenn Die Frau, die nicht weiß, was sie will auch sehr gut gepasst hätte.





zum Buch:




Ebenso wie Effie Briest aus dem gleichnamigen Roman ist Anna Karenina eine der berühmtesten Ehebrecherinnen innerhalb der Literatur. Logischerweise erfreuten sich diese beiden Protagonistinnen und auch nach ihnen benannten Bücher zu damaliger Zeit großer Kontroverse, da diese beiden Frauen für die gegebenen Verhältnisse unverzeihliche Dinge getan haben, wie auch heute der Betrug seines Partners noch immer als etwas Schlimmes erachtet wird. Somit sehen viele Menschen diesen dicken Wälzer noch heute als etwas Wertvolles und Tolstois bestes Werk an.
Doch wenn dies tatsächlich sein bestes Werk ist, dann müssen die beiden anderen verschwendete Bäume sein, die für seine Geschichten missbraucht und geschändet wurden. Denn obwohl Anna Karenina eine interessante Prämisse hat und man sich auf eine Menge Gesellschaftskritik und russische Kultur einstellt, ist das Potential durch all die Seiten, die Tolstoi braucht, um seine Geschichte zu erzählen, verlorengegangen.
Dies lässt sich dadurch erklären, dass das Leben Anna Kareninas nicht das einzige ist, dass der Autor einem näherbringt, sondern auch das der Familie Schtscherbazkij, Ljewin und Oblonskij. Somit hat man unglaublich viele Randfiguren, was dazu führt, dass man die einzelnen Familienverhältnisse nur verschwommen im Gedächtnis behält und sich nur an wenige Personen tatsächlich binden kann. Überblick gibt es somit also nur in geringem Maße, insbesondere da sich Tolstoi, wie die Seitenzahl schon voraussagt, in unendlich vielen und belanglosen Details verliert, die dem gesamten Geschehen die Farbe nehmen. Man kann ihm keinesfalls vorwerfen, dass er schlecht schreibt, denn insbesondere bei der Beschreibung von Emotionen und Gedankengängen ist er durch seine Wortwahl und seine poetischen Ausführungen ergreifend und stellt die Charaktere auch teilweise plastisch dar, wenn man jedoch bereits zum zehnten Mal ein Gedankenexperiment liest, das sich auch mit den vorherigen Themen beschäftigt und in vielen Fällen ein gesamtes Kapitel über andauert, dann verliert man die Lust daran, die Geschichte weiter zu verfolgen. Zwar ist einem Klassiker gewohnten Leser durchaus bewusst, dass Tolstoi in all diese Gedankengänge seine eigenen eingewoben hat und sich somit vor allem in der Figur des Konstantin Ljewin wiederfindet, dies einen jedoch nicht darüber hinwegtröstet, dass man sich praktisch - im besten Fall - durch zehn oder mehr Seiten quälen muss, um an den nächsten Meilenstein in der Handlung zu kommen. Wenn man schon dachte, Tolkien schreibe in seiner Herr-der-Ringe-Trilogie zu ausführlich, so definiert Tolstoi Ausführlichkeit und Detailverliebtheit vollkommen neu und katapultiert es so auf ein vollkommen neues Level. Wenn man also nur eine durchschnittliche Leseausdauer hat und zudem Handlung vor Herumphilosophieren bevorzugt, so wird Anna Karenina spätestens nach hundert Seiten zu einer Tortur, die einen irgendwann dazu zwingt, Sätze oder ganze Passagen zu überspringen.
In diesen Passagen finden nämlich, wenn es keine Gedankengänge sind, Gespräche statt, die sich um Gott und die Welt drehen und in denen die Adeligen dieser Geschichte zur Schau stellen müssen, wie klug sie sind, nicht nur durch die Ansätze, die sie von sich geben, sondern auch durch das Nutzen französischer oder englischer Sprache, das die Bildung dieser Persönlichkeiten betonen soll. In Kurzform: All diese Dialoge, die sogar genau die Gesellschaftskritik betreffen könnten, die Tolstoi anbringen möchte, dienen nur zur Selbstdarstellung. Natürlich ist dies bereits eine Gesellschaftskritik an sich, allerdings wird dies durch die ermüdende Länge dieser Szenen zunichte gemacht. Somit sind es nicht die Wahlen, die im Vordergrund stehen, nicht das zu verbessernde Wirtschaftssystem, nicht die verfälschte Moral des Adels, sondern insbesondere die Liebe bzw. deren Fehlen und die Heirat innerhalb der russischen Gesellschaft, das wohl auch wichtigste Thema in diesem Buch. Dennoch hätte Tolstoi sich auch nur auf dieses eine Thema beschränken können. Zwar ist Ljewins Perspektive als Großgrundbesitzer sehr interessant, insbesondere da er die Agrarwirtschaft revolutionieren will, allerdings ... Hand aufs Herz, wer möchte seitenweise über Agrarwirtschaft lesen und wird sich dabei nicht stellenweise langweilen? Insofern hätte eine Beschränkung der Themen sehr gut gepasst, insbesondere da es an sich an Anna oder Wronskij gewesen wäre, die Gesellschaft zu kritisieren und sie in ihrer Situation wachsen zu lassen, statt Konstantin über den Sinn des Lebens und seine Kritik, die er nahezu stetig nur von anderen Menschen aus der Literatur übernimmt, philosophieren zu lassen.
Doch wachsen die beiden an ihrer Situation? Ganz im Gegenteil. Natürlich ist nicht zu erwarten, dass die beiden ein Happy End bekommen, es ist nicht zu erwarten, dass alles sich ,,irgendwann von selbst regelt'', wie Annas Bruder Stiva immer sagt, und genau auf dieses Drama stellt man sich auch ein. Worauf man sich jedoch nicht einstellt, sind Annas Stimmungsschwankungen. Wie man sich auch nur im Entferntesten mit ihr identifizieren kann, müsste jedem ein Rätsel sein. Natürlich ist sie zunächst perfekt, jeder mag sie, jeder liebt sie, sie ist diejenige, von der man sich alles abschauen kann - doch irgendwann wird sie zu etwas, was nicht mal ,,Dramaqueen'' genannt werden sollte, weil dies eine Beleidigung an alle Dramaqueens der Welt wäre. Diese Frau ändert innerhalb von Sekunden ihre Meinung, ist nicht beständig, ist in ihrer Eifersucht schlimmer als Othello höchstpersönlich und eine erbärmlich abhängige Frau. Diese Gier nach Liebe scheint ihr den Verstand zu benebeln, denn wann auch immer sie sich entschieden hat, dass Wronskij sie liebt, muss nur ein falsches Wort von seiner Seite fallen, dass sie ihn praktisch aus dem Haus jagt. Und mit solch einer Frau soll man Mitleid haben und hoffen, dass alles gut wird? Wie soll dies funktionieren, wenn man doch selbst Karenin dafür gratuliert, dass er dieses Teufelsweib endlich losgeworden ist, und Wronskij auf jeder Seite in Gedanken zubrüllt, dass er seine sieben Sachen packen und vor ihr fliehen soll? Es ist unheimlich nervtötend, sie ständig aus einer Mücke einen Elefanten machen zu sehen, und da kann sie so sehr von der gesellschaftlichen Ablehnung getroffen sein, wie sie möchte, Mitleid erweckt das nicht. Eher verhält sie sich wie ein undankbares Miststück, das weder ihrem Exmann etwas Positives zuspricht - obwohl er ihr ihre Sünde vergibt, denn sie sieht diese Vergebung als unerträglich an - noch Wronskij seine Freiheiten lässt, da sie vermutet, er würde sie betrügen, sobald er auch nur einen Fuß vor die Tür setzt. Psychische Stabilität ist dieser Dame also vollkommen fremd, ebenso wie Sympathie ihr gegenüber seitens des Lesers. Es muss sich alles nur um sie drehen, und von Seite zu Seite wird dies armseliger. Wie sonst soll man es nennen, wenn eine Frau ihrem Mann ein Telegramm zukommen lässt, dass ihr gemeinsames Kind schrecklich krank ist, und dem Mann somit eine Lüge auftischt, bloß damit er seine Geschäftsreise abbricht und nach Hause kommt, weil die gute Dame sich langweilt?
Alle anderen Figuren sind nicht besser. Mit Wronskij kann man überhaupt kein Band aufbauen. Zu Anfang ist er noch der typische Schürzenjäger, der sich an keine Frau binden möchte, doch dann erblickt er Anna im Zug und möchte sie sofort erobern, wird vom Rabauken zum Schoßhündchen und lässt sich das oben beschriebene Verhalten immer gefallen, ,,So kann doch kein Mensch leben!'' hin oder her. Das Interessanteste an ihm ist ungelogen sein Pferd Froufrou, und das auch nur, weil der Name dieses Pferdes so unfassbar unterhaltsam ist. Ansonsten kann man kaum etwas mit ihm anfangen, außer dass man ihm wünscht, dass er die Kraft findet, diese Wahnsinnige namens Anna zu verlassen. 
Verstehen, warum er bei ihr bleibt, kann man nämlich nicht, denn wenn schon in heutiger Zeit Instant Love sehr beliebt unter Autoren ist, so ist Tolstoi in diesem Fall keinen Deut besser. Das tragische und verpönte Liebespaar erblickt sich im Zug, und sofort gibt es eine gewisse Anziehungskraft, und sobald die beiden auf einem Ball miteinander tanzen, scheint es besiegelt, dass die beiden einander entweder Erlösung oder Verderben schenken werden. Sie lieben einander, ohne ihre Charaktereigenschaften oder Vorlieben oder sonstige persönliche Details voneinander zu wissen, weswegen die Motivation für einen Ehebruch auch überhaupt nicht gegeben ist. Im weiteren Verlauf wird auch nicht deutlich, woher diese unendliche, unvernünftige Liebe herkommt, denn was die beiden hauptsächlich miteinander verbindet ist der Geschlechtsverkehr, der im Buch auch nur angedeutet wird. Wie soll man also den beiden glauben, dass sie tatsächlich aus Liebe zueinander handeln, wenn man von diesem Gefühl überhaupt nichts mitbekommt und es eher so wirkt, als könnten die Herrschaften nur ihren animalischen Trieben folgen und sich dabei den nächstbesten aussuchen?
Schmalzig und schnulzig ist Tolstoi jedoch nicht nur in dieser Liebesgeschichte, sondern auch in der zwischen Kitty Schschterbatskij und Konstantin Ljewin. Bereits die ersten Seiten wird man von Ljewins großer Liebe zugetextet und bemerkt, dass er sein Leben um dieses eine Mädchen zentriert hat, mit dem er kaum je ein Wort gewechselt hat. Es ist wirklich unsagbar nervtötend, diesem Geschwärme zu folgen, und mehr und mehr gewinnt man den Eindruck, als seien die Charaktere in Themengebieten wie Beziehungen oder Liebe ebenso ausgereift wie zwei Drittklässler, die das erste Mal ein zartes Flattern im Bauch spüren. Davon zeugt nicht nur das stundenlange Gerede von der unendlichen und engelsgleichen Schönheit der Charaktere, sondern auch deren Verhalten, denn Anna ist nicht die Einzige, die vollkommen überdramatisiert. Nein, ständig werden Figuren rot, haben Tränen in den Augen, fangen an zu weinen vor Trauer oder vor Glück oder sie sind bis auf den Tod unglücklich und denken an Selbstmord, weil in diesem Fall die Liebe des oder der Angebeteten natürlich wieder frisch zum Leben erblühen würde. In der Tat erscheint Serjosha, der auch nur ein Kind ist, als wesentlich reifere Persönlichkeit als all die sogenannten Erwachsenen in diesem Roman, weswegen der Bursche auch der einzige Sympathieträger im Laufe der Geschichte ist. Alle anderen Figuren handeln dämlich oder unüberlegt, sind entweder nur rational oder viel zu leidenschaftlich, klopfen sich mit französischen Sprichwörtern selbst auf die Schulter oder verlieren sich in ihren stetig um dasselbe kreisenden Gedanken. 
Insofern gibt es nur wenige Szenen, die einen tatsächlich auf ehrliche Weise berühren können und die einen auch mitreißen. Auch wenn verständlich ist, dass sich auch Personen im echten Leben in ihre Probleme reinsteigern und so einige unkluge Dinge zum Besten geben, Tolstoi inszeniert das Gesamtgeschehen viel zu dramatisch und geht an den falschen Stellen ins Detail. So gibt es nur eine einzige Szene im Roman, in dem Anna gewillt ist, auszugehen und der Welt zu zeigen, dass sie sich selbst nicht verbergen muss; als sie schließlich auf Abscheu trifft, ist sie natürlich zutiefst betroffen, und in diesem Moment ist dies auch sehr gut für den Leser nachzuvollziehen, man spürt das Gefühl der Demütigung und der Einsamkeit mit ihr, doch bei dieser Szene bleibt es leider. Zwar gibt es durchaus Passagen, in denen beispielsweise Karenin seine Frau daran erinnert, dass sie für die Öffentlichkeit eine reine Fassade vorspielen muss, in denen auf die Verpönung gedeutet wird, jedoch geschieht von diesem einen Ereignis nichts, was den Leser auf die Grausamkeit der Gesellschaft stößt. Auch die Verlagerung dessen auf die Belastung von freundschaftlichen oder familiären Beziehungen funktioniert nur mäßig, denn abgesehen von Annas qualvoller Sehnsucht nach ihrem Sohn, die auch erwidert ist, und auch Wronskijs Groll darüber, dass sein Kind den Namen Karenins tragen muss, wird höchstens in oberflächlichen Gedankengängen transportiert, wie man nun gegenseitig zueinander steht, und Gespräche, die in die Gefühlsebene greifen, werden sowieso vermieden. Nach dem fünften Mal ,,Lass uns nicht darüber sprechen'' habe ich aufgehört mitzuzählen, wie oft dieser Satz pro Teil innerhalb dieses Romans verwendet wird. Somit sind es also von vorneherein wirklich tiefe Freundschaften, wenn man nach so einer Lebensumstellung nicht mal mehr darüber sprechen kann, ob man einander wohlgesinnt ist oder nicht.
Inmitten all dieser Gespräche über den Agrarsektor, die Kirche, diverse der Popkultur angehörenden Bücher und Opern und all der nicht vorhandenen Gespräche über seine Gefühle lässt sich also nur schwer irgendeine Form der Spannung fassen. Man hätte gefühlte 70 Prozent dieses Romans wegkürzen können, da man die meisten Figuren und auch die meisten Aussagen sowieso nicht in Erinnerung behält. Die Handlung selbst ist somit also neben all den Theorien über das Leben und die Effektivität von der traditionellen Arbeit auf dem Acker sehr dünn, sodass der rote Faden mehrmals verloren geht. Der Leser gleitet mit seinem Blick über die Worte Tolstois ohne zu wissen, was dieser mit ihnen aussagen möchte oder welche Richtung er damit verfolgt. Überraschungen gibt es ebenso selten, sodass man keinen Anreiz hat, die Geschichte zu verfolgen, schon gar nicht mit der engelsgleichen Geduld, mit der dieser Schinken verfasst worden sein muss. Abgesehen von den erwähnten Stellen, die im Leser tatsächlich Mitgefühl oder Anteilnahme geweckt haben, gibt es nämlich nur wenig, was einen tatsächlich packen kann, was jedoch grundlegend an der Erzählstruktur liegt. Denn zeitweise finden riesige Sprünge innerhalb des Plots statt, sodass man das Gesamtbild aus den Augen verliert und vor allem Entwicklungen, die Beziehungen oder Emotionen betreffen, nicht nachvollzogen werden können. Der Einstieg in eine neue Szene oder zu einer neuen Person scheint oft vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen und einfach aneinandergereiht, was teilweise trotz der Detailverliebtheit liebslos wirkt.
Zum Ende hin gibt es zwar eine einzelne kleine Sache, die manch einen überraschen könnte, jedoch wird dies durch das endgültige Ende des Buches nahezu vollkommen ruiniert. In gewisser Weise ergibt es zwar Sinn, dass man sich mit dem vorherigen Ereignis überhaupt nicht mehr beschäftigt, da dies die Unzufriedenheit des Autors mit dem Russischen Reich unterstreicht, allerdings empfindet man es als Leser eher als eine Frechheit, so lange auf einen Punkt hinzuarbeiten, nur damit es letztlich untergeht.




Leider ist nicht nur Anna Karenina als Figur etwas, was dem Leser missfällt, sondern auch der nach ihr benannte Roman Anna Karenina. Man empfindet für kaum jemanden Empathie oder wünscht sich das Beste für jemanden, man muss sich spätestens nach 100 Seiten wirklich durch das Buch kämpfen, weil es so in die Länge gezogen ist und voller irrelevanter Gedankenschleifen und Dialoge ist, und es gibt nur wenige Ereignisse, die einem tatsächlich im Kopf bleiben. Zwar sind die Passagen, in denen es Tolstoi ausnahmsweise schafft, in seinem Leser Gefühle zu wecken, wirklich hervorragend, sodass man auch merkt, dass dieser Mann tatsächlich ein gewisses Talent fürs Schreiben hat, jedoch muss man wirklich nach der Nadel im Heuhaufen suchen, um diese guten und überzeugenden Stellen zu finden. Natürlich kann man davon ausgehen, dass Tolstoi gute Arbeit geleistet hat, wenn die von ihm verabscheute russische Oberschicht einem alles andere als sympathisch ist, jedoch hätte er alle sonstigen Ansichten seinerseits wesentlich kürzer und knackiger verpacken können. Fokus und Maß - dies ist es, was diesem Roman fehlt, und weswegen es teils eine Qual, teils zum Lachen ist, dieses Buch mit einem an sich ausgezeichneten Zeugnis der damaligen Gesellschaft und einer tragischen Geschichte, die jedoch schlecht verpackt wurde, zu lesen. Sehr schade!




Ich gebe dem Buch:


♥♥ Herzchen (2.08)





Extra:



Wie zu nahezu jedem großen und klassischen Werk der Literatur gibt es zahlreiche Verfilmungen dieses Romans. Der aktuellste ist hierbei die Version mit Keira Knightley aus 2012, die meiner Ansicht nach jedoch nicht gelungen ist. Wer sich trotzdem dafür interessiert, der klicke hier.

Wer sich für gesellschaftskritische Romane des 19. Jahrhunderts interessiert, kann außerdem hier klicken, um sich die Rezension zu einem Buch von Theodor Fontane anzusehen, das meiner Ansicht nach die Oberflächlichkeit des damaligen Adels sehr viel besser rüberbringt und auch teilweise humorvoll geschrieben ist.


CU
Sana

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen