Sonntag, 27. Dezember 2015

►Film-Review◄: #Zeitgeist

Grundwissen:


Titel: #Zeitgeist - Von digitaler Nähe und analoger Entfremung (original: Men, Women and Children)
Regisseur: Jason Reitman
Produktionsfirma: Paramount Pictures
Erschienen: 2014
Dauer: 116 Minuten (1 Stunde, 56 Minuten)
Altersfreigabe: FSK 12
Genre: Drama; Dokumentation; Episodenfilm; Tragikomödie
Preis: 9, 99 € (DVD); 9, 90 € (Blu-Ray) [Quelle: Amazon.de]
















Inhalt:


Du musst 'ne blöde Taste drücken, mehr nicht. - Hannah Clint

Auch wenn man sich nicht kennt, so verbindet heutzutage alle Menschen eine große gemeinsame Leidenschaft - das Internet. Und nicht nur verbindet es die verschiedenen Schicksale miteinander, sondern wirkt sich auch unterschiedlich auf jene aus. So sind Don und Helen schon lange kein glückliches Ehepaar mehr und nutzen die Weiten der Flirtwebseiten dazu, geeigneten Ersatz füreinander zu finden. Währenddessen entdeckt ihr gemeinsamer Sohn Chris durch diverse Pornoseiten Sex in überspitzter Form und entwickelt aufgrund dessen Probleme, was sich herausstellt, als er Interesse an seiner Mitschülerin Hannah entwickelt, die nicht nur sexuell frühreif ist, sondern auch noch das Netz dazu nutzt, ihre Modelkarriere voranzutreiben. Dabei wird sie von ihrer Mutter unterstützt, insbesondere als diese die Möglichkeit findet, aus ihrer Tochter eine Schauspielerin zu machen. Doch während es mit Hannas Karriere bergauf geht, geht es mit Tims Footballkarriere immer mehr bergab, denn für ihn scheint nichts mehr einen Sinn zu haben außer Videospiele - und die von ihrer Mutter sowohl virtuell als auch real vollkommen überwachte Brandy. Nicht nur zwischen diesen beiden entwickeln sich Gefühle, sondern auch in Allison erwachen Gefühle für einen Jungen aus ihrer Schule. Vielleicht, so hofft sie, würde er mehr tun, als nur mit ihr zu schreiben, wenn sie nur etwas dünner wäre ... 






Meine Meinung ...




zum Film:




Selten gelingt es Filmen wirklich gut, parallele Handlungsstränge zusammenzuführen und ihnen eine Art Sinn zu verleihen, denn oftmals sind die Sprünge dazwischen sehr ermüdend, in den schlimmsten Fällen sogar verwirrend. Doch was beispielsweise bei Cloud Atlas ein sehr komplexes und doch durchdachtes Konstrukt ist, ist bei #Zeitgeist eine ganz leichte, und doch nötige Verbindung vorhanden. Es stört hierbei nicht, dass die Hauptcharaktere selten miteinander befreundet sind oder einander manchmal auch nicht mehr als flüchtig kennen, denn das unterstreicht nur noch mehr, wie weit ausgeprägt die Folgen der Social Media und des Internets generell sein können und vermittelt außerdem diese Isolierung der Menschen, die nur durch die virtuelle Verbindung zueinander überbrückt wird. 
Zwar interagieren sie miteinander, jedoch lernt man sie in den meisten Fällen alleine kennen, sodass sie trotz allem alleine wirken und deren Beziehungen auch eher grob ausgearbeitet scheinen. Dennoch ist es eine recht interessante Dynamik, die in dem Cast herrscht, da sie sich von ihrer Persönlichkeit her sehr voneinander unterscheiden. Während Tim eher der philosophische und stille Typ ist, giert Hannah wahnsinnig nach Aufmerksamkeit und will nicht nur als Schauspielerin, sondern auch als Cheerleader ihrer Schule ständig im Mittelpunkt stehen. Eine ihrer Freundinnen, Allison, ist ebenso aus auf Aufmerksamkeit, jedoch auf eine viel subtilere Weise, die zu der komplexen Thematik von Sozialen Netzwerken auch noch das ebenso schwere Thema Esstörungen mit reinbringt. Mit der unauffälligen, aber dennoch leicht kämpferischen Brandy und dem stillen, aber äußerst freizügigem Chris bietet dieser Film dem Zuschauer also eine durchaus abwechslungsreiche jugendliche Truppe, die mit dem Alter von 15 Jahren noch sehr jung für einen so ernsten Film sind, und mit dem Ehepaar können sich auch Erwachsene eventuell in diesem Streifen selbst wiederfinden. Auch wenn die Charakterisierung der Figuren auf oberflächlicher Ebene kaum über deren Einstellung zum World Wide Web hinausgeht, so äußert sich in dieser Einstellung auch eine Menge über ihre inneren Konflikte und ihr Unglück. Insofern lernt man sie vielleicht nicht im Detail kennen, allerdings kann man sich unter allen etwas vorstellen, kann mit jedem einzelnen von ihnen mitfühlen und auch viele von ihnen in ihrem Verhalten durchaus verstehen, auch wenn es in den geringsten Fällen gesund, moralisch oder verantwortungsvoll ist - aber eben menschlich.
Verpackt wird dies in kleinen, aber feinen Dialogen zwischen den einzelnen Figuren, die sehr subtil äußerst viel über deren Gedankenwelt aussagen und ihnen allen etwas Interessantes verleiht. Brandy ist hierbei eindeutig der Sympathieträger in der Geschichte, jedoch auch eine derjenigen, die das meiste Mitleid des Zuschauers auf sich zieht. Zudem wirkt jeder auf seine eigene Weise zerschunden und erweckt Mitleid im Zuschauer, weil es so schreckend realistisch ist, vor allem durch die vielen Themenbereiche, die sich im Internet ansiedeln lassen. Nicht nur die Gefahren des Internets werden angeschnitten, sondern auch inwiefern man es nutzen kann, um Menschen zu überwachen, auch die Spielsucht wird angeschnitten und dass man im Internet die Nähe aufbauen kann, die einem in der Realität fehlt, was sich nicht nur in dem Annehmen einer gewünschten Identität zeigt, sondern auch in Konversationen, die auf die sexuelle Ebene übergreifen. Deshalb kann man sich als Mensch, der das Internet nutzt, definitiv zumindest mit einer der Figuren identifizieren und wird aufgrund dessen auch zum Nachdenken angeregt, eventuell das eigene Verhalten zu ändern. Die Emotionen werden sehr greifbar vermittelt, von dem Gefühl einer Internetfanbase bis hin zu dem Gefühl der Nähe bei nächtlichem Texting, von der Diskretion bis hin zur Zuflucht, weswegen man von diesem ruhigen, aber sehr atmosphärischem Film ergriffen ist.
Trotz dieser Ruhe gibt es nämlich einen minimalen Spannungsbogen, da sich jeder einzelne Handlungsstrang zuspitzt und am Ende eine Eskalation aller Konflikte dem Ganzen Tragik und die Möglichkeit für eine positive Veränderung geben. Bis dahin kann man quasi mit gebundenen Händen zusehen, wie sich die anfangs noch nur mäßige Situation zunehmend verschlimmert, was jedoch aufgrund des versteckten Humors lange unbemerkt bleibt. Hierbei kommt es vor allem bei den schlüpfrigeren Szenen verhäuft wenigstens zum Schmunzeln, weil das Dokumentationsartige von #Zeitgeist durch die Nüchternheit der Kommentierung das Geschehen etwas ins Lächerliche zieht, obwohl es relativ traurig ist, dass die Darstellung von Sex und seinem Zusammenhang mit der Onlinewelt ziemlich gut getroffen ist. Natürlich ist es vorhersehbar, dass es irgendwelche Wenden in diesem Film geben muss, allerdings ist die Art und Weise der Wenden sehr dramatisch und kann manch einen sehr überraschen. 
Insofern klingt es wie ein wahnsinnig gutes und realistisches Drama, jedoch ist zu kritisieren, dass, obwohl die Macher dieses Streifens versucht haben, jeden möglichen Bereich abzudecken, die Anzahl an Problemen und der Variabilität von Problemen etwas überladen wirkt. Man verliert zwar nicht den Überblick, allerdings hat es doch sehr gequetscht gewirkt, insbesondere mit Allison, die wohl den kleinsten Handlungsstrang hat, die jedoch auch noch Essstörungen in die gesamte Affäre hineingezogen hat, was bis auf Pro-Ana-Seiten abgesehen nicht viel mit dem Internet zu tun hat. Entweder man hätte ihren Charakter ganz beiseite gelassen oder aber man hätte sie mehr in die Handlung mit einbeziehen sollen, denn obwohl sie von allen von die mit Abstand psychisch instabilste ist, bekommt sie die geringste Aufmerksamkeit. Schade eigentlich, da sie wirklich interessant ist. Insofern wirkt diese Vielfalt von Informationen und Charakteren manchmal erschlagend, sodass es besser gewesen wäre, sich nur auf ein paar Bereiche zu fokussieren, auch wenn man froh sein kann, dass Internetmobbing im Gegensatz wie in vielen anderen Filmen - z. B. Cyber Bully - nicht aufgegriffen wurde.
Außerdem versucht #Zeitgeist an einigen Stellen wirklich mit zu großer Mühe, philosophisch zu sein, was sich vor allem an dem Einstieg und dem Ende zeigt, da nur wenige verstehen könnten, was genau der Voyager nun mit diesem Film zu tun hat. Es ist zwar eine nette Idee, tatsächliche Fakten und auch ein existierendes Video in diesen Film mit einzubeziehen, allerdings besitzt dies dieselbe Wirkung auf Zuschauer wie ein Cupcake: Sehr schön anzusehen, allerdings überzuckert und dadurch mit einem bitteren Beigeschmack versetzt.



Alles in allem ist dieses Drama sehr gelungen, da es mit einer großen, manchmal zu großen, Vielfältigkeit auf die Entfremdung und gleichzeitige Annäherung durch das Internet aufmerksam macht und abwechslungsreich an verschiedenen Schicksalen zeigt, welche Auswirkungen dies haben kann. Ruhig und gespannt führt einen der Film durch die verschiedenen Geschichten, manchmal durchsetzt von Drama, manchmal von Humor. Insgesamt ein Streifen, der nicht durch spannende Ereignisse überzeugt, sondern durch ausgefallene Storylines, sehr unterschiedliche Charaktere und eine gute Portion Realismus. Ein wenig weniger Philosophie und ein größerer Fokus auf bestimmte Themengebiete, anstatt alles Mögliche noch in diesen Kochtopf hineinstecken zu wollen, hätte den Film sogar zu einem meiner Lieblinge gemacht. So ist er aber dennoch zu empfehlen und geht auf jeden Fall unter die Haut!






Ich gebe dem Film:


♥ Herzchen (4.00)





Extra:


Der wunderbare Trailer zum Film *klick*!


CU
Sana

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