Sonntag, 10. Dezember 2017

:)Rezension:): Im Westen Nichts Neues

Grundwissen:




Titel: Im Westen Nichts Neues (englisch: All Quiet on the Western Front)
Autor/-in: Erich Maria Remarque
Erschienen: 2014 im KiWi-Verlag (Hardcover); original 1929 im
Seitenanzahl: 336 Seiten mit Anhang
Preis: 10, 77 € (Hardcover); 8, 99 € (Taschenbuch); 8, 99 € (Kindle Edition) [Quelle: amazon.de]
Genre: Anti-Kriegs-Roman; Historical Fiction; Klassiker; Adult




Quelle: © KiWi Verlag
Quelle: © Balantine Verlag























Inhalt:



Er hat recht. Wir sind keine Jugend mehr. Wir wollen die Welt nicht mehr stürmen. Wir sind Flüchtende. Wir flüchten vor uns. Vor unserem Leben. Wir waren achtzehn Jahre und begannen die Welt und das Dasein zu lieben; wir mussten darauf schießen. Die erste Granate, die einschlug, traf in unser Herz. Wir sind abgeschlossen vom Tätigsein, vom Streben, vom Fortschritt. Wir glauben nicht mehr daran; wir glauben an den Krieg. - Paul Bäumer (Kapitel 2)




Der neunzehnjährige Paul Bäumer ist gemeinsam mit seinen Klassenkameraden einer von vielen Jugendlichen, die sich im Ersten Weltkrieg für die Front gemeldet haben. Doch während er in der Schule etwas über Werte und die Liebe zur Heimat gelernt hat, muss er auf dem Schlachtfeld erkennen, dass diese immer mehr an Bedeutung verlieren. Immer klarer wird ihm und seinen Leidensgenossen, dass Krieg nichts Ehrenvolles an sich hat und seinen Teilnehmern nicht das Geringste gibt, sondern im Gegenteil alles nimmt, was Paul besitzt: seine Vergangenheit, seine Person und seine Zukunft.




Meine Meinung ...




zum Buch:




Erich Maria Remarque ist wohl einer der bekanntesten Autoren im Bereich der pazifistischen Anti-Kriegs-Literatur. Kein Wunder also, dass seine Werke früher verbrannt wurden mit der Begründung, sie seien ,,schändliches und unerwünschtes Schriftstellertum'', obwohl er nur das wollte, was im frühen 20. Jahrhundert so verpönt war: Die brutalen Seiten des Militarismus und Nationalismus aufzeigen. Seiten, die er selbst nach seinem Notexamen in der Schule kennenlernen musste, da er für den Ersten Weltkrieg eingezogen wurde.
Vielleicht ist es auch genau seine Nähe zu dem Geschehen, die Im Westen Nichts Neues so authentisch und eindringlich macht. Jeder aufgeklärte Mensch weiß um die grausamen Umstände eines Krieges und seine noch schrecklicheren Folgen, ebenso wie jeder den Frieden möchte. Jedoch rührt dieses theoretische Wissen von Bildern, Schulunterricht, Todeszahlen und -statistiken. Man selbst hat es nie am eigenen Leib erlebt und kann sich folglich nur vorstellen, wie es vor exakt hundert Jahren zugegangen sein muss. Während des Lesens merkt man jedoch deutlich, dass die erschaffenen Bilder nicht nur Remarques Vorstellungskraft zu verdanken sind. Dieses Buch liefert teilweise gewalttätigere Bilder als so mancher Slasher, ohne eine Spur der sensationsgeilen Effekthascherei, die im Normalfall hinter so viel Brutalität steckt. Und obwohl man mit solchen Geschehnissen konfrontiert wirkt und Remarque den Krieg schonungslos darstellt, lässt sich kein erhobener Zeigefinger finden. Keine moralischen Lektionen, keine anklagenden Schuldzuweisungen, dramatischen Reden oder trauerunterstützenden Regenfälle - all das braucht der Autor gar nicht, sondern schildert alles faktisch und zugleich in sehr geschickten Worten. Er schafft starke Kontraste zwischen den Szenen auf dem Schlachtfeld und Szenen, in denen Paul Bäumer gemeinsam mit seinen Kameraden Gespräche führt oder für kurze Zeit im Alltag zurechtkommt, beides verknüpft mit philosophischer Selbstreflexion. Das Grundgefühl, nämlich die Faszination und Bedrücktheit, bleibt gleich, egal was mit diesen sanften, fast schon zerbrechlichen Worten beschrieben wird. Auch wenn man also aufgrund der schweren Thematik nur langsam mit diesem Werk vorankommt, gefesselt bleibt man aber trotzdem.
Trotz der Kriegssituation herrscht eine große, atmosphärische Ruhe, die die Ereignisse im Laufe der episodenhaften Kapitel unterstreicht. In unregelmäßigen Abständen merkt Paul, wie seine Gruppe immer kleiner wird, Leute, mit denen er sich noch vor Stunden unterhalten hat, auf einmal keinen Kopf mehr am Körper haben, und wie er sich selbst immer mehr vergisst. Dieser Identitätsverlust fällt einem sehr aufs Gemüt, und das obwohl man Paul und seine Kameraden nicht allzu genau kennenlernt. Das passt natürlich wunderbar zu der Aussage, die Remarque damit trifft, nämlich dass der Krieg einem nichts gibt, sondern nur nimmt, nimmt und nimmt. Denn weder glaubt der Protagonist daran, dass er sich ein Leben in Frieden wird aufbauen können, noch kann er eine Verbindung zu seinem alten Ich aufbauen, das voller Freude aufs Leben war. So gesehen ist es sehr schwer, kein Mitgefühl für ihn und seine Mitmenschen zu entwickeln, auch wenn die Beziehungen zwischen ihnen genauer hätten beschrieben werden können. Damit ist nicht mal das Zwischenmenschliche allgemein gemeint, denn insbesondere das Ausnutzen von Autoritäten und die Hilfsbereitschaft der Soldaten untereinander wurden wunderbar aufgearbeitet. Die Freundschaften hingegen, vor allem die zwischen Paul und Katczynski, kamen etwas kurz, weswegen es manch einem auch schwer fallen wird, sich wirklich vollkommen von ihrem Leid ergreifen zu lassen.
Generell ist Im Westen Nichts Neues nichts für jedermann. Es ist keine traditionell aufgebaute Geschichte mit einer Einleitung, einem Hauptteil und einem spannenden Finale, sondern eine, die eher vor sich hin dümpelt und im Leser den Eindruck erweckt, als würde all das Erzählte auf Nichts hinauslaufen. Um zu erkennen, dass genau dies die Intention des Autors ist, da Krieg keinen Sinn hat, bedarf es einer gewissen Reflexionsfähigkeit, die vielleicht auch den Gedanken mit einschließt, warum man sich manchmal eine plötzliche Wendung im Geschehen wünscht. Ist man so verwöhnt von heutigen Darstellungen des Kampfes und Krieges, dass man sich deren Spannung herbeiwünscht? Oder hat man Schwierigkeiten, eine Beziehung zu dem Geschehen aufzubauen? Jedes Kapitel hat nämlich ein ganz eigenes Thema, weswegen es ab und an schwierig ist, in die anderen einzusteigen, sollte man das Buch nicht an einem Stück weglesen. Dabei zeigt der Autor eine große Bandbreite an Unterthemen, reichend von den grausamen, geschäftigen Umständen der medizinischen Behandlungen über posttraumatische Belastungsstörung bis hin zu der Frage, weshalb Krieg überhaupt geführt wird. Jedoch sind diese Themen in den meisten Fällen so abgeschlossen, dass man zum kommenden Kapitel nur schwer Anschluss findet. Das könnte für diejenigen, die mit seinem Vorgehen nicht umgehen können, eher langweilig und abgehandelt wirken, insbesondere da die ruhigeren Kapitel praktisch aus Monologen bestehen.
Genau diese Kapitel verleihen der Geschichte neben der Grausamkeit aber auch Herz. Zwar sind Paul und die anderen Soldaten in miserablem Zustand, allerdings gibt es doch die ein oder anderen Momente, in denen Menschlichkeit aufflammt und die Einsamkeit für kurze Zeit durchbrochen wird. Viele davon sind so banal und haben dem Buch von manch einem Kritiker den Vorwurf eingebracht, sie seien darauf ausgelegt, den Leser zu unterhalten, aber welcher Mensch würde sich nicht an Kleinigkeiten erfreuen, wenn er sonst nichts mehr hat? In diesen Kapiteln fühlt man sich den jungen Menschen wahnsinnig nahe, weil sie einfach wieder genau das sein und etwas Unsinn machen können. 
Folglich kann man auch mit keinem großen Finale rechnen, da es eigentlich keinen Spannungsbogen gibt, sofern man Pauls zunehmende Abstumpfung nicht als solche betrachtet. Man empfindet so viele dieser Tode und Schicksalsschläge als ungerecht, als sinnlos, und kann sich nicht entscheiden, ob man nun wütend ist oder erschüttert. Und genau das macht auch das Ende mit einem, das letztlich zeigt, dass man in etwas so Großem wie dem Krieg als Einzelner untergeht. 




Es ist durchaus berechtigt, wenn bei diesem Roman von einem der größten pazifistischsten Werke überhaupt gesprochen wird. Remarque schafft es in poetischen Worten grausame Zustände zu beschreiben, ohne dem Leser jedoch aufzwingen zu wollen, wie grausam sie sind, und unterbricht diese mit schönen, sehnsuchtsvollen Momenten, in denen all die im Krieg verdrängte Menschlichkeit wieder hochgespült wird. Aus diesem Grund ist man sehr gefesselt an das Buch und gerät schnell in eine melancholische Stimmung, da sowohl der Aufbau als auch das Geschehen zeigt, wie unsinnig Kriege sind. Wer erwartet, dass man vor Emotion triefende Dialoge, sehr ausgearbeitete Charaktere und actiongeladene Situationen vorfindet, der ist bei Im Westen Nichts Neues an der falschen Adresse. Wer allerdings wissen will, wie sich die Stille nach einer eingeschlagenen Granate anhört - für den ist dieser Anti-Kriegs-Roman genau das Richtige.




Ich gebe dem Buch:


♥♥♥.♥ Herzchen


Extra:


Das Buch wurde in den 1930ern verfilmt. Hier der Trailer dazu :3


CU
Sana

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