Freitag, 8. Juni 2018

:)Rezension:): Wolfsblut

Grundwissen:



Titel: Wolfsblut (original: White Fang)
Autor/-in: Jack London
Erschienen: original 1906
Seitenanzahl: je nach Ausgabe 126-304 Seiten
Preis: 4, 95-8, 99 € (Hardcover und Taschenbuch) [Quelle: amazon.de]
Genre: Adventure; Coming of Age; Tiergeschichte; Klassiker




Quelle: © dtv Verlag
Quelle: © Aladdin Verlag























Inhalt:




Weil er schwach war und solche Angst hatte, forderte er die ganze Welt heraus. - S. 78



Im eiskalten Winter Kanadas überlebt ein grauer Wolf als einziges Junges seines Wurfs. Gemeinsam mit seiner Mutter streift er durch die Wildnis und lernt ihre Tücken und Gaben kennen. Doch als er in die Gefangenschaft von Menschen gerät, muss er lernen, dass es etwas Höheres gibt als die Gesetze der Natur: der Willen dieser zweibeinigen Götter. Sein Leben lang erfährt er Schmerz und Strafe - bis ein junger Goldgräber ihm zum ersten Mal Güte und Liebe zeigt.




Meine Meinung ...




zum Buch:





Manchmal packt einen die Lust, sich wieder wie ein Kind zu fühlen und seine liebsten Tiere bei einem Abenteuer zu begleiten. Durch die Verfilmung dieses Romans, der zugleich einige Plotelemente aus dem Buch Der Ruf der Wildnis desselben Autors mit einbindet, erwartet man eine rührende und niedliche Geschichte über die Freundschaft eines Wolfs und eines Menschen.
Dies erwartet einen in der Vorlage für den Film jedoch nicht. Im Gegenteil, Jack London scheut sich nicht zu zeigen, dass Wölfe nicht nur flauschiges Fell und einen starken Familiensinn haben. Sie sind nicht die süßen Tiere, die man zähmen und knuddeln möchte, sondern wilde Raubtiere, die von Natur aus töten. Genauso wie der Wolf hat die Natur auch ihre unschönen Seiten und Tücken, in denen streng selektiert wird, wer frisst oder gefressen wird. Doch so düster sich das anhört, so abenteuerlich ist zugleich Wolfsbluts Geschichte. Seine Sicht auf die Welt und wie er lernt zwischen ,,gut'' und ,,schlecht'' zu unterscheiden, vollkommen geleitet von seinen Instinkten und Impulsen wie Sättigung oder Schmerz, ist wahnsinnig realistisch und gibt einem das Gefühl, wirklich die Lernprozesse eines Tieres mitzuerleben. Er wird immer stärker und cleverer und weiß, wie er die Umwelt zu seinem Vorteil nutzen kann, obwohl er noch Tage zuvor überwältigt ist von der Reizüberflutung, die ihn erwartet, nachdem er zum ersten Mal seine Höhle verlässt. Wenn man sich allgemein für die Entwicklung von Lebewesen interessiert, wird man Wolfsbluts erste Wochen in der Wildnis als höchst spannend empfinden, obwohl nichts geschieht, was man sich nicht inmitten wilder Tiere erwarten würde.
Trotz allen Spaßes an der Begleitung des kleinen Wolfs ist Wolfsblut nichts für schwache Gemüter. Es wird nicht in übermäßiger Blutrünstigkeit beschrieben, wenn das junge Tier ein anderes umbringt, sein Gefallen daran wird jedoch sehr deutlich. Wer sich also eine niedliche Tiergeschichte erwartet, den wird Jack London schwer vor den Kopf stoßen mit seiner nüchternen Art, die Erlebnisse des Wolfs zu erzählen. Noch schwerer wird es jedoch mit Wolfsbluts Treffen auf die Menschen, die, wie man sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts erwarten würde, alles andere als liebevoll mit dem Tier umgehen. So lernt der Protagonist nicht nur die Wildnis in ihrer Macht und Allgegenwärtigkeit kennen, sondern auch den Menschen, der in seinen Gedanken die Stellung eines Gottes einnimmt. Ein höchst interessanter Vergleich, der nicht zu einem einzigen Zeitpunkt hinkt, da Wolfsblut von der ,,Gerechtigkeit'' der Götter abhängig ist und er sich ihnen fügen und Dienste verrichten muss, um zu überleben und geschützt zu werden. Dasselbe Verhalten legen Gläubige an den Tag. Diese Parallele macht es einem unheimlich leicht, sich in ihn hineinzuversetzen und nachzuvollziehen, warum er im Laufe seiner Jahre zu so einem unangenehmen und grimmigen Zeitgenossen wird. Trotz dieser Veranschaulichung macht der Autor immer wieder klar, dass es sich immer noch um ein Tier handelt und man seine Gedanken nicht mit denen eines Menschen vergleichen kann.

,,Hätte der Jungwolf wie ein Mensch gedacht, hätte er das Leben kurz als Gefräßigkeit und die Welt als Tummelplatz der Fresssüchtigen bezeichnet. Mannigfaltig waren die Gestalten, in denen sich die Begierde zeigte. [...] Das waren nicht die Überlegungen des Jungwolfs. So konnte er nicht denken, dazu fehlte ihm der Weitblick eines Menschen. Er kannte nur einen Lebenszweck, folgte immer nur einer Begierde. Außer dem Gesetz des Fleisches gab es eine Fülle anderer, geringerer Gebote, die er gleichfalls lernen und denen er gehorchen musste. [...]'' - S. 95f.

Dementsprechend bleibt der Autor differenziert in seiner Darstellung seines Protagonisten, obwohl es wesentlich einfacher gewesen wäre, ihn zu vermenschlichen. Dafür und für seinen sehr flüssigen Schreibstil, der zugleich ein wenig poetisch und gleichzeitig kurz angebunden ist, kann man Jack London also nur loben. Man liest seine Liebe und Faszination für diese Tierart wirklich auf jeder Seite heraus. Interessanterweise scheinen Textpassagen wie diese jedoch gleichzeitig seine sozialistische politische Einstellung zu reflektieren, was man jedoch erst merkt, wenn man sich näher mit der Person des Autors beschäftigt. Sehr clever eingefädelte Gesellschaftskritik, in der die Wildnis fast gleichbedeutend ist mit dem Ausbeutertum.
Dennoch besitzt die Geschichte bis auf die Charakterstudie Wolfsbluts nur wenige Figuren, die wirklich in den Fokus rücken. Man erfährt gerade so das Nötigste, um sich ein Bild von ihnen zu machen, ausschweifender wird London aber nie. Besonders schade ist das bei Scott, der ihm zum ersten Mal Liebe entgegenbringt, da es doch interessant gewesen wäre zu erfahren, warum er so ist. Außerdem wirkte Scott an manchen Stellen im Roman fast wie ausgewechselt, weil er seine Macht über Wolfsblut unnötig brutal ausnutzt. Das scheint so gar nicht in seine Persönlichkeit zu passen und lässt den Leser stutzen.
Allgemein kann man sich von Wolfsblut nur wenige explizite Szenen erwarten, da innerhalb dieser geringen Anzahl an Seiten mehrere Jahre beschrieben werden. Allerdings dauert es fast drei Viertel des Buches, bis Scott überhaupt auftaucht, weswegen die Zeit, in der Wolfsblut ihn kennen und lieben lernt, viel zu kurz beschrieben ist. Vielleicht ist das dem geschuldet, dass er eine so lange Zeit in schmerzhafter Disziplin verbringt, aber ein misshandeltes Tier dazu zu bringen, Menschen zu vertrauen, ist ein sehr schwieriges Unterfangen, was hier durch den Zeitraffer viel zu einfach wirkt. Auch in die Vorstellung von Scotts Familie und wie Wolfsblut sich in ihr einfindet hätte man wesentlich mehr Zeit investieren können. Immerhin ist das die Familie, die dem Wolf endlich ein schönes Leben ohne Angst vor Bestrafung ermöglicht. Hätte sie es da nicht verdient, mehr Zeit mit ihm zu bekommen?




Alles in allem ein zeitloser Klassiker, der von den Abenteuern eines mutigen Wolfs erzählt, der die Welt und ihre selbsternannten Götter - die Menschen - kennenlernt. Aus seiner Perspektive zu lesen ist ungeheuer interessant und auch seine Abrichtung setzt einem emotional teilweise sehr zu, weil Misshandlung und Gewalt ihm gegenüber sowohl seitens Menschen wie auch Tieren Alltag sind. Daher ist er als plastische Hauptfigur der größte Pluspunkt des Buches, dicht gefolgt von Jack Londons wunderbaren Beschreibungen, die seine Natur als Abenteurer zeigen. Wem egal ist, dass die Menschen sehr blass und der Teil, in dem Wolfsblut bei Scott ist, sehr kurz bleiben, der wird das Buch als Wolfsliebhaber sicherlich lieben. Ansonsten ist es auch noch ein gutes Buch mit kleineren erzählerischen Schwächen.



Ich gebe dem Buch:


♥♥.♥ Herzchen


Extra:



Hier könnt ihr den Trailer für die Verfilmung von 1991 sehen. Ich kann den Film nur empfehlen :3



CU
Sana

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