Freitag, 12. Oktober 2018

:)Rezension:): Das Böse kommt auf leisen Sohlen

Grundwissen:



Titel♥: Das Böse kommt auf leisen Sohlen (original: Something Wicked this way comes)
Autor/-in♥: Ray Bradbury
Erschienen♥: September 2017 im Aladin-Verlag (Hardcover); September 2013 im Diogenes-Verlag (Taschenbuch); original 1962
Seitenanzahl♥: 272 Seiten
Preis♥: 25, 00 € (Hardcover); 11, 00 € (Taschenbuch); 8, 99 € (Kindle Edition)
Genre♥: Mystery; Coming of Age




Quelle: © Diogenes Verlag
Quelle: © Avon Verlag
Quelle: © Aladin Verlag




Inhalt:


,,[...] Diese Kreaturen brauchen das Leuchtgas aus den Seelen, die nachts keinen Schlaf finden und am Tage wegen alter Sünden fiebern. Eine tote Seele lässt sich nicht entzünden. Aber eine lebende, zerquälte Seele, heiß von Selbstanklage - ja, das ist das Richtige für solche, wie die sind! [...]'' - Charles Halloway (S. 193)


Jim Nightshade und Bill Halloway sind seit Ewigkeiten die besten Freunde und werden beide in Kürze dreizehn Jahre alt. Doch kurz davor, inmitten des kalten Oktobermonats, kommt ein Jahrmarkt in die Stadt, der alle möglichen Monstrositäten mit sich bringt. Doch das Außergewöhnlichste ist das Karussell, das, sobald man darauf fährt, unweigerlich in das Leben der Person eingreift und es für immer verändert. Jim und Bill müssen etwas unternehmen, um die Machenschaften des Zirkus aufzuhalten, und das ohne seinen Versuchungen zu unterliegen.




Meine Meinung ...



zum Buch:




Ray Bradbury hat abseits seines Dystopie-Klassikers Fahrenheit 451 auch andere Werke häufig im Bereich des Schauerromans geschrieben, unter anderem dieses hier, das von vielen Kritikern als Geschichte übers Altern und Erwachsenwerden gelobt wird.
Diese Elemente sind definitiv große Teile der Geschichte und das, was die Handlung als Allegorie zu diesem Thema mit Abstand am interessantesten macht. Der gruselige Jahrmarkt voller merkwürdiger Gestalten und mysteriöser Attraktionen stehen sinnbildlich für all das verführerische Negative, das einem begegnen kann, wenn man erwachsen wird, wozu zumindest aus der Sicht der Erwachsenen auch das Altwerden dazugehört. Er lebt davon, wie sehr man sich davon beeinflussen lassen kann und alles wieder auf Null setzen möchte, nur um die Vergangenheit zu vergessen oder in eine bessere umzuwandeln. Dabei bezieht sich Bradbury nicht nur auf das bereits Erlebte, sondern auch die Lebensjahre, die einem im Normalfall eher die schlimmeren Dinge im Gedächtnis behalten lassen als positive. Das zeigt er zum einen an seinen beiden jugendlichen Hauptfiguren, die an der Schwelle zur Adoleszenz stehen, jedoch verschiedener kaum sein könnten. Während Will die Unschuld vom Lande ist und sich selten traut, in die Welt hinauszugehen und sie zu hinterfragen, stürzt sich Jim fast schon waghalsig mit großer Neugierde in alle möglichen Abenteuer - immer mit seinem besten Freund im Schlepptau, der ihm ständig hinterherprescht. Demzufolge stehen die beiden Jungs nicht nur für Unschuld und Verdorbenheit, sondern beide gleichermaßen für die Angst vor dem Erwachsenwerden. Zum anderen benutzt Bradbury auch Wills Vater als Sinnbild für ältere Menschen, die in ihrem Leben keine Ruhe finden, sich vor der Realität verstecken und nun aus seinem Herbst des Lebens hervorkriechen muss, um seinen Sohn zu retten. Während er also eine kleine Entwicklung durchmacht und dazu gezwungen ist zu entscheiden, ob er sich von seinem bisherigen Leben unterkriegen lässt oder kämpft, landen Jim und Will eigentlich genau an den Punkten, die man erwarten würde.
Und das ist auch das, was dem Buch leider seinen Kick nimmt und es so kompliziert macht, eine Rezension dazu zu schreiben. Denn all die Symbole des Älterwerdens, verknüpft mit mystischen, fantastischen Ereignissen, und Wills langes Gespräch mit seinem Vater verleihen dem Buch viel Tiefgang und bringen den Leser dazu, über sein eigenes Leben nachzudenken. Wie würde man selbst darauf reagieren, dass es auf dem Jahrmarkt die Möglichkeit des Verjüngens gibt? Würde man all die Mysterien drumherum als gegeben akzeptieren oder hinterfragen? Würde man sich selbst trauen, diesem Bösen entgegenzustehen? Insbesondere die Botschaft, dass dieses ,,Böse'' im Leben niemals vollständig verschwinden wird und man sich immer wieder wird entscheiden müssen, ob man ihm verfällt oder das Gute in sich aufrecht erhält, hebt die Thematik auf eine neue Ebene. Doch während der Autor in diesen Bereichen punktet, ist die Charakterisierung seiner Figuren zu schematisch, um sich wirklich um die Figuren zu sorgen. Allein das Äußere der beiden Jungs - Jim mit nachtschwarzem Haar und Will mit hellblondem - verrät einem schon alles, was man wissen muss, um ihre Dynamik und die Wendungen in ihren Geschichten vorhersehen zu können. Aus dem Grund erscheinen sie beide recht langweilig und können das Interesse des Lesers nicht wirklich packen, und das obwohl ihr Leben und auch ihre Seele auf dem Spiel steht.
Auch die Darstellung des Jahrmarkts selbst ist ziemlich plakativ. Man kann anführen, dass der Autor dies zugunsten der Mystery so darstellt und auch die beiden Jungen diese Personen gruseliger wahrnehmen, als sie es tatsächlich sind, allerdings werden ihnen nie mehr Facetten zugesprochen. Sie sind Monster, und sehen dazu noch wie Darsteller einer Freakshow mit übermäßig vielen Tattoos und entstellten Körpern, die den Jungs einfach an die Gurgel wollen. Es wird zwar vielfach erwähnt, dass es sich dabei mehr um Wesen als um Menschen handelt, aber trotzdem macht es ihre Motivationen sehr eintönig und die einzelnen Individuen nur durch ihre Erscheinung interessant. Allgemein scheint sich der Autor mit der Wahl eines solchen Jahrmarkts dafür zu entscheiden, ein Gut/Böse Schema ohne jegliche Grauschattierungen darin zu zeichnen. Entweder man verfällt dem Bösen oder man bleibt gut - wenn es im Leben wirklich so einfach wäre, dann gäbe es niemals einen Weg zurück, wenn man auch nur einen einzelnen Fehler gemacht hätte. Aus diesem Grund ist Bradbury in seiner Darstellung des Hauptthemas in sich widersprüchlich und lässt so auch den Leser verwirrt zurück.
Dennoch fällt es schwer, das Buch beiseite zu legen, denn der Schreibstil des Autors ist wunderbar herbstlich. Mit jeder düsteren, dunklen Beschreibung zieht er einen immer mehr in seine ruhige Handlung hinein und verzaubert einen mit seiner Atmosphäre genauso wie der Jahrmarkt die beiden Freunde. Fast schon hypnotisch führt er einen durch die Geschichte und lässt alles so lebendig vor dem inneren Auge aufblitzen, dass man sich am liebsten mit einem warmem Kakao und einer Decke ins Bett mümmeln möchte, weil man das kalte, nasse Oktoberwetter mit dem merkwürdigen Zirkus regelrecht spürt. Egal wie ruhig also die Story auch sein mag, wenn man sich in die magischen, melancholischen Worte Bradburys reinfallen lassen kann, dann wird einen Das Böse kommt auf leisen Sohlen sofort mitnehmen.


Ein waschechter Schauerroman, der perfekt geeignet ist für das derzeitige Herbstwetter. Mit der dunklen Magie seiner Worte zieht Ray Bradbury einen sofort in seine Geschichte hinein und schafft es, diese dichte Atmosphäre die ganze Zeit aufrecht zu erhalten. Wer Geschichten wie ES mag, wo das Böse archaisch statt menschlich ist, wo es einen Kampf zwischen der guten und schlechten Seite gibt, der wird eine schöne, einfache Story vorfinden, die einem die Angst vor dem Erwachsenwerden näher bringt. Anderen hingegen, denen das zu flach ist und die sich - wie ich - eher gewünscht hätten, dass das Thema tiefgehender und mit mehr Grauschattierungen behandelt wird, werden darin nur eine nette Gruselgeschichte für Zwischendurch vorfinden. Nichtsdestotrotz eine empfehlenswerte Lektüre für die kalten Monate!




Ich gebe dem Buch:


♥.



Extra:


Dieses Buch gehört scheinbar einer vierteiligen kleinen Serie an, die alle das Thema Green Town verbindet, höchstwahrscheinlich die Kleinstadt, in der Something Wicked this Way Comes spielt. Soweit ich rausgelesen habe, kann man diese jedoch unabhängig voneinander lesen.
Auf dieser Goodreads-Seite habt ihr eine Übersicht der vier Romane. Viel Spaß! :)

CU
Sana

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