Mittwoch, 6. Februar 2019

[Leserückschau] Januar - Mager und durchwachsen

Hallo, Blogger- und Büchermenschen :3

Der Januar ist vorbei - endlich! Selten hat sich ein Monat so lang für mich angefühlt wie der erste dieses neuen Jahres. Denn nicht nur war ich mehrere Wochen dauererkältet und habe jeden Tag vergebens darauf gehofft, endlich ohne Halsschmerzen aufzuwachen, auch Berufsschule und Arbeit haben mich sehr in Beschlag genommen.

Nur um ein paar Beispiele zu nennen:


  • Für acht Wochen müssen wir ein Projekt mit Menschen mit Behinderung in einer Einrichtung machen, mit allem, was dazugehört. Und dazu zählen Verlaufsplanungen, Protokolle, Reflexionen und einiges Anderes, das man in seiner Freizeit erledigen muss. Da wir vier Mitglieder in unserer Projektgruppe sind, können wir die Aufgaben natürlich verteilen, aber alleine die Tatsache, dass wir die Verlaufsplanung mittwochs abgeben müssen, obwohl wir am Wochenende, Montag und Dienstag arbeiten und insofern - außer in der Facebook-Gruppe - nicht über den Verlauf des nächsten Projekttages reden können, gestaltet sich eine langfristige Planung als sehr schwierig. Schließlich wohnen wir auch alle recht weit voneinander weg und finden besonders bei den häufigen Nachmittagsdiensten auf der Arbeit kaum Zeit, uns wirklich mit der Planung zu beschäftigen
  • Ich musste meinen Kurzbericht I zu Ende schreiben - an sich kein Problem. Allerdings habe ich ausgerechnet den Lehrer meiner Klasse als Mentor für meinen Praxisanteil und so auch den Kurzbericht bekommen, der organisatorisch sehr unsicher ist. Daher stand es, trotz Fragen anderer Leute, die ihn ebenfalls als Mentor gezogen haben, nicht fest, wann wir den Bericht überhaupt abgeben müssen. Uns dann schließlich die Aufgabe zu geben, sich selbst einen Termin rauszusuchen, und sich als Lehrkraft aus der Entscheidung zurückzuziehen, hat mich entsprechend sehr aufgeregt. Und noch mehr aufgeregt hat mich, dass ihm AM TAG DER ABGABE eingefallen ist, uns zu sagen, dass wir ein Berichtsheft für den praktischen Teil unserer Ausbildung brauchen. Danke, jetzt kann ich sechs Monate an praktischer Arbeit nachholen und muss mir auch noch von Ihnen anhören, dass die Klasse kollektiv faul sei und es unsere Schuld sei, dass Sie uns nicht auf das Berichtsheft hingewiesen haben. Thanks for nothing 😒
  • Auf der Arbeit sowie in meiner Klasse gab es einige Vorfälle, in der fehlende Professionalität diverse Konflikte ausgelöst hat. Klar, ich bin auch noch nicht voll ausgebildet, aber es wundert mich immer wieder, wie Menschen in ihren Mittzwanzigern (meine Klasse) oder gar meine Arbeitskollegen, die zwischen 30 und 60 Jahre alt sind, Kritik oder Hinterfragen zu hundert Prozent persönlich nehmen können. Die Persönlichkeit eines Menschen ist doch vollkommen egal, wenn es ausschließlich um das Verhalten und die Handlungen im Arbeitskontext geht. Das ist ein Thema gewesen, das sich im Januar durchgezogen hat wie ein roter Faden, und ich hoffe, dass das nie wieder in so einem Kollektiv auf mich zukommt.



Und daneben gab es auch einige Probleme und Komplikationen in meinem persönlichen Umfeld, aber genug gejammert: neuer Monat, neues Glück 😊 Ich bin endlich wieder gesund, die Sonne lässt sich ab und an blicken und ich habe nach einer 45-Wochen-Stunde endlich wieder Zeit zum Kraftsammeln. Und es war auch nicht alles mies: Der 18. Geburtstag meiner Kusine war ein voller Erfolg, ich habe viel Zeit mit meiner Mutter verbracht, und ich habe sowohl bei Testergebnissen als auch auf der Arbeit positive Resonanz bekommen.
Spaziergänge tun der Seele gut.
Mein Partyoutfit :3














Jedenfalls konnte ich deswegen nicht sonderlich viel lesen.
Insgesamt habe ich 3 Bücher zu Ende gelesen und eines nicht beenden können. Insgesamt waren das 1415 Seiten, was zum Durchschnittsergebnis von 45, 65 täglich gelesenen Seiten führt. Da es Tage gab, an denen ich gar nichts gelesen habe, und dann wieder Tage, wo ich über 100 Seiten gelesen habe, ist der Wert noch relativ großzügig.
Durchschnittlich habe ich 3, 0 Sterne vergeben, also war mein Lesemonat ähnlich durchwachsen wie mein Monat an sich auch 😁





Meinen Monatsflop stellte leider Jack von Riley und Brandt dar, ein deutsch-englisches Autorenduo, das sein Debüt ausgerechnet in dem komplexen Genre Science Fiction mit dem noch schwereren Thema Zeitreisen versucht.

Selbst für erfahrene Autoren wäre dieses Thema schwer umzusetzen gewesen, doch die Prämisse strahlte für mich über das Risiko hinaus. Es geht nämlich um einen Wissenschaftler, der nach Jahren der Forschung endlich eine Zeitmaschine entwickelt, die tatsächlich funktioniert. Leider ist er nach seiner kurzen Reise sehr angeschlagen und bekommt von einer Organisation der britischen Königsfamilie die Möglichkeit zur Heilung angeboten, sofern er seine Zeitmaschine in ihre Dienste stellt. Der Ruf der Königsfamilie steht nämlich mit einem Buch, das bald publiziert werden und ein Mitglied der Familie als Jack the Ripper darstellen soll, auf dem Spiel. Und so muss sich der Wissenschaftler ein Team zusammenstellen, mit dem er gemeinsam ins viktorianische England reist, um den mysteriösen Mörder zu finden ...
Wenn das mal nicht nach einem geilen Konzept klingt. Zeitreisen verbunden mit einer Mystery-Geschichte um einen der geheimnisvollsten Mörder der Geschichte.

Doch leider konnte das Buch seiner grandiosen Idee nicht gerecht werden. Die Figuren haben so viel Tiefe wie Pappaufsteller, u.a. für verschiedene Nationalitäten, auch  die Dialoge dienen oft nur dazu, die Charaktere als Poser darzustellen. Besonders der schwule britische Schauspieler ohne Erfolg, der sich gerne mit Strichern trifft und bei jeder Gelegenheit Alkohol trinkt, war an Klischee nicht zu übertreffen. Deswegen fühlt sich die Dynamik zwischen den Personen sehr unecht und gezwungen an, besonders die Liebesbeziehungen, die aufkommen.
Doch auch der Plot hat seine Schwächen. Es gibt zwar durchaus unerwartete Wendungen, die einem mit offenem Mund zurücklassen, insgesamt hat es sich aber nicht rund angefühlt. Dazu trägt bei, dass das düstere und dreckige London zwar beschrieben wurde, aber trotzdem nicht wirklich eine so dunkle Atmosphäre aufkam, wie es hätte sein können. Es gab sogar einige Dinge, mit denen die Autoren hätten was Tolles machen können, allerdings wurde das besonders durch die dürftige Auflösung des Rippers und dass Zeitparadoxa zwar angesprochen, aber nicht vermieden wurden, aber leider nicht genutzt.

Immerhin steht das Buch zu seinen Trash-Faktoren und nimmt sich manchmal auch selbst auf die Schippe, von Zeit zu Zeit macht es auch Spaß der Geschichte zu folgen. Aber insgesamt macht sie leider nicht genug Spaß, um Trash der guten Sorte zu sein.

♥♥

Kein Flop, aber ein anderes Sorgenkind im Januar war Seeherzen von Margo Lanagan, das eines der durchwachsensten Bücher ist, die ich je gelesen habe.


Es geht darin um eine abgelegene Insel, die auf dem Festland sehr skeptisch beäugt wird. Denn Gerüchte besagen, dass eine alte Hexe namens Miskaella die Fähigkeit hat, aus Robben Frauen hinauszuziehen, wofür sie von den Männern der Insel bezahlt wird, was auf den Selkie-Mythos zurückführt. Und so verfolgt man, zunächst aus Miskaellas Sichtweise, und später immer wieder aus verschiedenen Perspektiven der Inselbewohner durch unterschiedliche Generationen hinweg, wie sich dieses dunkle Geschäft auf das Leben auf der Insel auswirkt. 

So verworren, mystisch und zugleich trocken das klingt, so ist auch das Buch. Es lässt sich nicht mal wirklich einem Genre zuordnen und kann nur als ,,speziell'' betitelt werden, weswegen die Wertung von drei Sternen wirklich nur ein Richtwert ist.
Zum Positiven gehört definitiv der Schreibstil, denn der ist wunderbar atmosphärisch und kann einem die Stimmung dieser einsamen, in Traditionen gefangenen und irgendwo auch verfluchten Insel, verbunden mit Melancholie, sehr gut vermitteln. Sobald man beginnt zu lesen, kann man genauso gut in dem Roman abtauchen wie die Robben der Geschichte im Meer. Es ist vergleichbar mit der Epoche der Deutschen Romantik Ende des 19. Jahrhunderts: geprägt von Sehnsucht, Nostalgie und einer Ablehnung von Modernität, während die Nachteile nach hinten gerichteter Gesellschaften verklärt werden. Dabei funktionieren besonders die Selkies - so nennt man die aus den Robben entsprossenen Menschen - als Symbol der Erfüllung aller Träume wunderbar.

So sehr Lanagan einen mit ihren Worten verzaubert, so leer scheint aber die Geschichte zu sein. Der Ort des Geschehens ist sehr trist, weswegen man immer wieder aus den unterschiedlichen Blickwinkeln dasselbe erlebt: Männer suchen die Hexe auf, um ihre eigentlichen Ehefrauen mit den Selkies zu betrügen, was letztlich zu Familienkonflikten führt und für eine Verdrängung der echten Frauen von der Insel sorgt. Deswegen hat die Geschichte Schwierigkeiten, dem Leser einen roten Faden vorzugeben. Worauf soll er hoffen? Mit wem soll er mitfiebern? Etwa mit Miskaella, die, wenn auch anders, als sie es erwartet hat, endlich Anerkennung von Männern bekommt? Mit den Selkiefrauen, die an Land in Depressionen verfallen und hoffen, ihr Fell wiederzufinden, damit sie zurück ins Meer können? Egal, was die Antwort dazu sein mag, die Figuren bleiben einem zu wenig im Gedächtnis, um sich für den Ausgang der Situation zu interessieren. An nicht einen einzigen Namen kann man sich schon nur eine Woche nach dem Lesen erinnern.

Erst nach über 80 % des Buches bekommt die Handlung überhaupt eine Richtung, weswegen man sich für einen Großteil die ganze Zeit fragt, weshalb man ständig dieselben Konflikte in verschiedenen Generationen wieder und wieder erleben muss. Und je öfter man das erlebt, desto mehr muss man sein Bewusstsein des postmodernen Lesers abschalten. Denn die Geschichte mag zwar aus 2009 stammen, basiert aber aufgrund des jahrhundertealten Selkiemythos auf veralteten Rollenbildern. Männer werden als sexuell gesteuerte Idioten dargestellt und Frauen über ihre Schönheit und Streitsucht definiert. Das hat der Geschichte, die durchaus Ansätze von Tiefgründigkeit hat, besonders durch die Familienkonflikte und die tiefen Depressionen, in die die Selkiefrauen verfallen, ihre Möglichkeiten für die Berührung des Lesers genommen. Ein wenig Spannung kam durchaus auf, allerdings wird diese recht schnell abgehandelt und sich mit dem plotreichsten Teil der Geschichte wenig auseinandergesetzt.

Zusätzlich mit dem unbefriedigendem Ende und einer letztlich fehlenden Aussage ein sehr merkwürdiges Buch, das vielleicht für diejenigen was ist, die der Romantik nicht abgeneigt sind und mal eine andere Fantasy lesen wollen, statt Action, Intrigen und Kriegen von der melancholischen Magie einer anderen Welt lesen wollen, die mit der unseren vermischt wird. Wem auch ein wunderschöner Erzählstil wichtig ist und vielleicht auch Mythen über Meereswesen allgemein spannend findet, kann bestimmt Freude an diesem Roman haben. Für mich persönlich war die Handlungsdichte und Charaktertiefe leider nicht gut genug ausgebaut, woran man merkt, dass Seeherzen eben nur mal eine Kurzgeschichtensammlung war.



Mein letztes Buch in diesem Monat stellte Die Hauptstadt von Robert Menasse dar, der Gewinner des Deutschen Buchpreises aus dem Jahr 2017. Und es ist wirklich ein Buch, das seiner Preisverleihung würdig ist!


Der Roman ist eine krude Mischung aus Satire, Essay, Krimi und einfach nur Absurdem. Zum einen geht es um einige Kommissare der Europäischen Kommission, die in Brüssel ein Konzept entwickeln möchte, wie man ihr Organ mehr ins Zentrum der Öffentlichkeit rücken kann. Gleichzeitig wird ein schief gelaufener Auftragsmord vertuscht und ein Polizist versucht dem auf die Schliche zu kommen, und gleichzeitig läuft durch die Hauptstadt der EU ein Schwein, dessen Herkunft niemand entschlüsseln kann.

Es ist sehr abgedreht, aber zugleich wahnsinnig interessant und bietet eine große Palette aktueller Themen; die fehlende Bürgernähe der EU, das Blockieren von neuen Wendungen durch andere Organe, Fleischkonsum, Terrorismus und das ,,Wegsterben'' der letzten Überlebenden des Holocaust sind nur der Anfang. Deswegen ist die Geschichte zwar manchmal etwas vollgestopft, allerdings ist dies die Politik im realen Leben auch, weswegen Menasse die momentane Lage wunderbar widergespiegelt hat.

Ausladend, mit scharfer Zunge, aber auch mit gebührendem Respekt geht der Autor auf diese Problemfelder ein und verknüpft sie in seiner Handlung, die manchmal etwas träge ausfällt, damit aber auch die momentane Situation zeigt: obwohl viel geredet und diskutiert wird, kommt man entweder nur zu Zwischenergebnissen oder bewegt sich gar nicht vom Fleck.

Wenn ihr Genaueres dazu wissen wollt, schaut euch hier meine Rezension dazu an. Es ist auf jeden Fall ein Buch, das trotz all seiner Kritik eine Liebeserklärung an die ursprüngliche Idee der EU ist, und dem Leser ins Gedächtnis bringt oder vielleicht sogar davon überzeugt, warum es wichtiger ist, Europäer zu sein als ein Deutscher, Grieche, Pole oder eine andere Nationalität. Ich kann es trotz kleiner Abstriche sehr empfehlen 😊

♥♥♥♥


Das andere Buch, das ihr dort seht, ist ein geschichtliches Sachbuch zum Thema Die Deutschen in ihrem Jahrhundert: 1890 - 1990. Somit umfasst es alles von der Frankfurter Paulskirche als erster Versuch der Demokratisierung über den Ersten Weltkrieg und Hitlers Machtergreifung bis hin zur Aufpäppelung in der Nachkriegszeit, ganz besonders aber die gesellschaftliche Situation in den einzelnen Zeitabschnitten. Ich habe es im Januar nur bis zur Hälfte lesen können, allerdings muss man den Hut davor ziehen, dass der Autor all das unter dem Gesichtspunkt der deutschen Identität betrachtet, die aus meiner Sicht quasi nicht vorhanden ist. Zumindest habe ich das gedacht, allerdings kann der Autor einem die Komplexität dieses Themas wunderbar darlegen und mich eines Besseren belehren. Mehr dazu aber im Februar :3


Wie war euer Monat Januar? Könnt ihr mir was empfehlen? Konnte ich euch mit etwas anfixen oder gar ein Buch von eurer Wunschliste kicken?
Schreibt mir gerne einen Kommentar :3

CU
Sana

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