Montag, 1. Juli 2019

Unten am Fluss | Ein Abenteuer mit Kaninchen

[Rezension]

Grundwissen:



Titel♥: Unten am Fluss (original: Watership Dawn)
Autor/-in♥: Richard Adams
Erschienen♥: original November 1972
Seitenanzahl♥: 628 Seiten
Preis♥: ab 7, 50 € (Hardcover); 14, 00 € (Taschenbuch) [Quelle: amazon.de]
Genre♥: Abenteuer; Animal-Fantasy; Klassiker



Quelle: Paul List Verlag
Quelle: Avon Books






















Inhalt:

When several creatures - men or animals - have worked together to overcome something offering resistance and have at last succeeded, there follows often a pause - as though they felt the popriety of paying respect to the adversary who has put up so good a fight. - p. 220


Hazel und Fiver fristen mit ihrer Gruppe von Kaninchen ein friedliches Dasein. Doch eines Tages wird der schwache, von allen belächelte Fiver von grauenvollen Visionen geplagt, die das Ende des Kaninchenbaus bedeuten. Hazel ist der einzige, der ihm Glauben schenkt und einige andere davon überzeugen kann, das Zuhause zu verlassen. Und so müssen Hazel, Fiver, Bigwig und die anderen ein Abenteuer nach dem anderen auf der Suche nach einem neuen Zuhause durchleben, die von rivalisierenden Kaninchen über Raubvögel bis hin zu den grausamen Erfindungen der Menschen reichen.



Meine Meinung ...



zum Buch:

Wann immer man Personen von der Verfilmung zu Unten am Fluss sprechen hört, sind Verstörung und traumatisierte Kindheit die Erfahrungen, die kollektiv geäußert werden. Wie viel kann dort dran sein, wenn es sich doch augenscheinlich um ein Abenteuer von Kaninchen handelt? Nach dem Lesen des Buches kann man sagen: Ziemlich viel, wenn auch auf andere Weise als erwartet.

Ein blutiges Abenteuer mit erwachsenen Inhalten

Das liegt zum Großteil an der hervorragenden Recherche des Autors, der das Innen- und Zusammenleben von Kaninchen in einem Wald sehr ausführlich und lebensecht beschreibt. Wo andere Autoren auf Verniedlichung setzen, um diese Art von Geschichten kindgerechter zu machen, setzt Richard Adams auf die Rolle der Beute der Kaninchen in der Natur und spinnt Legenden drumherum, die sich mit den Geschichten um Jesus aus dem Christentum vergleichen lassen. Eine davon behandelt die Entstehung des Kaninchens und seiner Rolle als Beutetier, die sich daraus entwickelt, dass der erste Anführer einer Kaninchengruppe, El-ah-rai-rah, ein Trickser war und für diese ständigen Hinterlistigkeiten bestraft wurde, und doch nie müde wurde, seine Intelligenz zum Vorteil seiner Familie zu benutzen. Eine sehr kreative Methode, den Leser näher an die Kultur der Kaninchen heranzuführen, die sich in ihrer Sprache und Hackordnung fortsetzt.
Mit diesen Geschichten behalten sich die Kaninchen von Unten am Fluss ihre Motivation und Hoffnung auf ein neues Zuhause bei, denn diese können sie nach ihren blutigen Abenteuern definitiv brauchen. Denn ihr eigentliches Zuhause wird von Menschen niedergerissen, die dort neue Siedlungen anbauen wollen, und als wäre das nicht genug, lauern auch überall Raubtiere in Form von Dachs, Fuchs oder auch den Fahrzeugen der Menschen, die auf den Asphaltstraßen rasen. Insofern hat die Geschichte einen sehr erwachsenen Anstrich, nicht nur weil der Autor nicht davor zurückschreckt, geliebte Figuren zu töten, sondern dies auch auf eine plötzliche und grausame Weise zu tun. Man kann anfangs gar nicht anders als mit offenem Mund auf die Seiten zu starren und mit den verbliebenen Tieren zu trauern. Allgemein ist ihr Leben als Flüchtlinge sehr belastend und lässt einen an Situationen aus der Realität denken, die ähnlich ablaufen und ähnliche Gefühle in einem erwecken müssen. Sein Zuhause zu verlieren, nicht zu wissen, wo man hinsoll und auch nicht verstehen zu können, warum das alte Zuhause nicht mehr existiert - all das beschreibt Adams sehr nahegehend und mit dem Ernst der Natur, in der Leben und Tod schrecklich, aber natürlich sind. Besonders das alles aus der Sicht eines Kaninchens zu lesen, das lange nicht die Möglichkeiten eines Menschen hat, die Dinge um sich herum zu verarbeiten, ist wirklich herzzerreißend und macht das Buch sehr tiefgründig.

Ein Kampf ums Überleben

Trotz dieser harten Inhalte hat Adams einen sehr poetischen Schreibstil, der einem das Gefühl gibt, einen epischen Fantasy-Roman zu lesen. Es sind keine schweren Worte, die der Autor wählt, Vieles aber so gekonnt formuliert, dass man den Subtext hinter der Geschichte noch mehr zu erkennen glaubt. Denn wie gesagt ist es kein einfaches Abenteuer, sondern die Geschichte einer Gruppe, die flüchten und um ihr Überleben kämpfen muss und mit vielen Problemen konfrontiert wird. 
Der Eindruck von Fantasy wird umso mehr erweckt durch die vielen anderen Kaninchengruppen, die sie treffen und die ihnen auf die ein oder andere Weise Weisheiten mit auf den Weg geben. Besonders schockierend ist ihr erster Stopp in einem Bau, in dem die Kaninchen sich gar nicht gemäß ihrer Natur verhalten und zugunsten des Futters, das sie von einem Menschen bekommen, keine einzige von Hazels Fragen beantworten. Somit müssen die Kaninchen eine Strategie entwickeln, wie sie sich ein neues Zuhause beschaffen, wo sie Verbündete finden und letztlich auch, wie sie sich im Territorium eines anderen behaupten und ihre Zukunft durch Fortpflanzung sichern, wenn sie keine Weibchen dabei haben. Sehr realistisch und doch so schön formuliert, dass man den langen Gesprächen und Überlegungen gerne folgt.

Der Mensch - der Feind?

Somit ist es klar, dass Adams ganz klare Botschaften in seiner Geschichte versteckt hat, die sich sehr gut auf die menschliche Welt übertragen lassen. Immerhin sind Flüchtlinge, das Erobern von neuen Regionen und auch die Angst, seine Gruppe an eine andere zu verlieren, Probleme, die die Menschheit von jeher betroffen haben.
Nichtsdestotrotz werden die Leser, die sich hiervon erwarten, den Menschen als Antagonisten gegenüberzustehen, wohl etwas enttäuscht sein. Denn die Rodung des Waldes ist zwar der Auslöser für die Flucht der Kaninchen, weicht später jedoch einem anderen Konflikt, in dem ein anderer Kaninchenbau mit klaren diktatorischen Zügen eine Rolle spielt. Insofern verzichtet der Autor eher auf die Botschaft, dass der Mensch das grausamste und gefährlichste Wesen der Natur ist und wir dieses Verhalten überdenken sollten, um einem Kampf zwischen zwei Gruppen Platz zu machen. Eine etwas langweiligere Variante, zumindest wenn man mich fragt. Denn natürlich zeigt auch das das typisch menschliche Verhalten, sich eher auf die Bekämpfung von Artgenossen zu fixieren als das eigentliche Problem anzugehen, allerdings hätte man aufgrund des Hypes um diese Geschichte eher den Menschen im Zentrum davon gesehen.

Nachteile der Fantasy

Und ob es nun an der bahnbrechenden Hitze liegen mag oder nicht, es ist trotz der Poetik des Autors doch schwer, ihm zu folgen. Denn so geprägt von Reisen, Zusammenhalt und dem Erwerben von Weisheit das Fantasy-Feeling, das hier aufkommt, geprägt ist, so ist es ebenso die Langgezogenheit, die sich im Erzählstil widerspiegelt. Die Kaninchen erleben zahlreiche Abenteuer, die jedoch nicht alle gleich spannend sind, ebenso wie sie ab und an Atempausen schöpfen, um Geschichten über ihren Helden El-ah-rai-rah zu hören. Zwar stellen sich diese am Ende immer als unterhaltsam heraus und tragen wie gesagt zum World-Building des Autors bei, anstrengend und langwierig sind sie trotzdem. So ist es schwer in das Buch hereinzukommen, nachdem man es einmal beiseite gelegt hat, besonders da die ersten Gefahren der Kaninchen sich recht kurzweilig anfühlen und der letzte finale Konflikt mit dem anderen Bau kein Ende zu nehmen scheint.


Watership Down ist definitiv eine Erfahrung für sich. Angesichts all der Gewalt und Zerstörung, die die Protagonisten durchleben müssen, wäre das Buch keinesfalls etwas für Kinder. Vielmehr hat die Geschichte einen sehr erwachsenen Unterton, der die Kultur und Denkweise der Kaninchen sehr realistisch beschreibt und mit Problemen eines jeden Flüchtigen konfrontiert. Die Abenteuer und Herausforderungen, die sie bestehen müssen, sind sehr spannend und schaffen es definitiv, den Leser emotional zu packen. Durch einige Längen und einen anderen finalen Konflikt, den man vielleicht erwartet hätte, ist das Buch zwar immer noch lesenswert, allerdings nicht so großartig, wie man annehmen könnte. Vielleicht nicht unbedingt etwas für die Sommerhitze, da viel Konzentration nötig ist, um in der Story voranzukommen.



Ich gebe dem Buch:


3,5/5 Punkte


CU
Sana

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